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taz Bremen: Rechtsradikale Propaganda im Internet
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- Subject: taz Bremen: Rechtsradikale Propaganda im Internet
- From: fit-debate@dream.hb.north.de (Martin Schroeder)
- Date: Tue, 30 Jun 98 18:53:26 +0200
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http://www.taz.de/~taz/980630.taz/ra_T980630.2.html
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Rechte Soße von Bremen aus abrufbar
Der Bremer Internet-Anbieter, die "Internationale Stadt", ließ
rechtsradikale Propaganda im Gästebuch seiner Internet-Seiten ohne Zensur
stehen / Bremer Staatsanwaltschaft ermittelt
"Man kann den Juden nicht positiv bekämpfen. Er ist ein Negati-vum,
und dieses Negativum muß ausradiert werden ... " So beginnt eine
unsägliche, antisemitische Hetztirade, die bis vor wenigen Wochen im
Internet zu lesen war - auf den Seiten des Bremer
Internet-Unternehmens "Internationale Stadt" (www.is-bremen.de). Die
Bremer Staatsanwaltschaft leitete gestern ein Ermittlungsverfahren
gegen Unbekannt ein. Nun wird gefahndet, wer sich hinter der
US-amerikanischen Internet-Adresse des Absenders verbirgt, der die
Hetze als "Leserbrief" geschickt hatte. Auch ob die "Internationale
Stadt" verantwortlich gemacht werden kann, wird nun geprüft.
Mehrere Wochen waren die antisemitischen Anwürfe auf den Seiten der
Internationalen Stadt unter der Rubrik "Gästebuch" zu lesen. In einem
kurzen Absatz hatte die Internationale Stadt darauf hingewiesen, daß
es sich im folgenden Beitrag um rechtsradikale Propaganda handele.
Eine Adresse einer seriösen Internet-Seite wurde angegeben, auf der
Materialien zum Thema Holocaust zu finden sind. Erst nach Wochen nahm
man den braunen Erguß aus dem Netz, der zwischen unproblematischen
Grüßen an die Bremer Internet-Gemeinde zu finden war.
Schon Mitte Mai hatte die SPD-Abgeordnete Cornelia Wiedemeyer den
Senat in einer kleinen Anfrage gebeten, zu der Hetzschrift Stellung zu
nehmen. Der Entwurf für die Antwort des Senats fiel in den Augen der
Abgeordneten so enttäuschend aus, daß sie ihre Frage schon im Vorfeld
zurückzog. Dabei ist die nie veröffentlichte Antwort nicht ohne
Brisanz: Die Eintragung, die sich im "Gästebuch" der Internationalen
Stadt gefunden hatte, war inzwischen gelöscht. So sah man in der
zuständigen Senatsabteilung auch keinen Grund zum Handeln. Allerdings
dürfe www.is-bremen.de die rechtsradikale Propaganda nicht einfach so
im Netz bereitstellen, sondern hätte sie zensieren müssen. Auch eine
Kommentierung, die der Tirade vorweggestellt werde, reiche nicht aus,
so der Senat.
Grundlage für die Antwort war §5 Absatz 2 des Teledienstegesetzes
(TDG) und §8 des Meldedienste-Staatsvertrages. Unmißverständlich heißt
es im TDG, das erst letztes Jahr verabschiedet wurde: "Dienstanbieter
sind für fremde Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, nur dann
verantwortlich, wenn sie von diesen Inhalten Kenntnis haben und es
ihnen technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu
verhindern." Im Staatsvertrag wird festgehalten, daß rassistische
Angebote unzulässig sind.
Ralf Röber von der Internationalen Stadt räumt ein, daß seine Firma
laut Gesetz verpflichtet gewesen wäre, den Inhalt des Gästebuches zu
zensieren und damit die Verantwortung trage. Allerdings habe man
schnell reagiert als dies klar wurde. Doch es widerspricht Röbers
Auffassung von Internet-Offenheit, eine Zensur im Netz vorzunehmen: Er
würde die Inhalte wieder veröffentlichen, wenn er dürfte. Allerdings
mit klarerem und ausführlicherem Kommentar. Jetzt will er die deutsche
Zensur umgehen: Der Provider der Internationalen Stadt soll ins
Ausland verlegt werden, wo es weniger strenge Auflagen gibt.
"Was hilft es Verbote auszusprechen?", so auch Rainer Krause von der
Internet-Firma Farm. Technisch könnten solche Verbote schnell umgangen
werden. "Bei der Globalisierung von Informationen im Internet ist das
Rauslöschen fast sinnlos", so Krause. Im Herbst ist in Bremen ein
großes Symposium zum Thema Zensur im Internet geplant.
Christoph Dowe
TAZ-BREMEN Nr. 5569 vom 30.06.1998 Seite 21 Bremen Aktuell 109 Zeilen
TAZ-Bericht Christoph Dowe
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http://www.taz.de/~taz/980630.taz/ra_T980630.5.html
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Kommentar
Virtuelle Demokratie
Rechtsradikale Propaganda im Internet
Ralf Röber von der Internet-Firma "Internationale Stadt" (IS) ist kein
Rechtsradikaler, weil er die Propaganda eines rechten Wirrkopfes gern
erneut veröffentlichen würde. Ralf Röber hat eine Vorstellung von
Demokratie, die absolut ist und zur Internet-Ideologie gehört: Nur die
absolute Meinungsfreiheit gewährleistet eine offene und letztendlich
radikal-demokratische Auseinandersetzung.
Damit vertritt er die provokativ-unbequeme, aber auch überholte
Position eines Mannes, der noch an Selbstregulation und produktive
Anarchie in dem weltweiten Computer-Netz glaubt. In Deutschland gibt
es inzwischen, im Gegensatz zu anderen Ländern, Regeln, was ins
Internet gehört und was nicht. Wenn es hier zu einem Rechtsstreit
kommen würde, wäre er ähnlich aufsehenerregend wie die Prozesse gegen
die PDSlerin Angela Marquardt oder das Internet-Unternehmen
CompuServe. Marquardt hatte einen Verweis auf die verbotene
linksradikale Zeitschrift Interim auf ihren Internet-Seiten,
CompuServe wurde angegriffen, weil es Pornobilder weitergeleitet
hatte. Die IS weicht aus Geldnot auf einen ausländischen Provider aus
und entzieht sich dem spannenden juristischen Streit. Genau da beißt
sich die Katze in den Schwanz: Zunehmend regiert das Kapital im
Internet. Kleine Firmen wie die IS haben gar nicht die Mittel, die
spannend-anarchische Meinungsfreiheit durchzusetzen. Die Demokratie
des Netzes ist schon längst virtuell.
Christoph Dowe
TAZ-BREMEN Nr. 5569 vom 30.06.1998 Seite 21 Bremen Aktuell 25 Zeilen
Kommentar Christoph Dowe
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Im Gästebuch bei isb findet sich der auslösende Text natürlich nicht mehr.
Interessant ist aber die Einleitung zum Gästebuch:
http://www.is-bremen.de/is-bremen/service/Gaestebuch/IS.html
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Gästebuch
Was ist ein Gästebuch in der Realität und darf man es im
digitalen Sinne ebenso benutzen ?
In der nicht digitalen Welt liegt das Buch für jeden
einsehbar irgendwo im Raum. Jeder kann, darf und soll sich
dort verewigen. Eine Zensur findet nicht statt bzw. erst,
wenn das Buch vollgeschrieben ist und es durch ein neues,
leeres ersetzt wird.
Diesem Gedanken folgend haben wir unser Buch aufgebaut. Jeder
soll es einsehen und sich unzensiert mit seiner Meinung
verewigen. Wir weisen an dieser Stelle ausdrücklich darauf
hin, daß die Meinungen ausschließlich die der Besucher sind
und wir darauf keinen Einfluß haben.
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Ich werde mal wg. dem Symposium nachfragen.
Gruß
Martin
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Martin Schr"oder -- MS@Dream.HB.North.DE