[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Dem Internet ist es egal, wie man es speichert



Holger:
>> (abschreck)
>
>Mein Head-Browser akzeptiert nur Tags in <>, also wieder durchs
>Filter in mich gefallen (veraltete Hardware) :-)

HACK.
Es galt das Gesetz "...fortan mit Absicht".
Seit ich weiss, dass spitze Technotags verduften bei
etlichen Readern und zwar samt Text zwischendrin,
verwende ich weichrunde Humotags.

>> (...)
>> >bezahlen. Ferner kann kein Anspruch auf ein bestimmtes Informationsmedium
>>
>> Wenn die historische Neuheit Universalmedium auftaucht, doch :-)
>
>Dieses "Wenn" ist ein "If", IMHO. Zwar werden wir in wenigen Jahren Speicher-
>kapazitaeten haben, um ein ganzes Leben eines Menschen komplett in
>MPEG aufzuzeichnen (A.C. Clarke spricht von 1E15 Bits in "3001"), aber

Fuller bekam den Ruszfuszball und Clarke den Satellitenguertel.
Das mit den E15 ist mir neu; danke fuer Maszeinheit und Quelle.

Ich gebe jedoch zu bedenken, dass das Leben, gelebt vor der
Kamera bei Betrachtung des Films, der so entsteht, oede ist.
Kurz: Zeit. Filter. Gewichtung.
Andy sagt, ich soll den Computer verlassen und mich in die
Sonne setzen. Ich sag, das macht mir hier Spass;  "es" lebt.

>andererseits sind schon jetzt Probleme sichtbar, dieses Datenaufkommen
>permanent zu bewahren. Reality check: Wir haben 3000 Jahre alte Keilschrift-
>Steintafeln aus Babylon, und 8"-Floppies, 128Byte hardsektoriert, nicht mal
>20 Jahre alt, die kaum noch jemand lesen kann. Ich kann meine alten C64-

Ich weiss.
Prof. Voelz hat Tonaufzeichnungen des Reichstags und kann sie nicht abspielen.
Das ist eine Schande.  Aber relativ gesehen nur eine kleine Schande.

Es geht um etwas anderes:
den Versuch, Kultur in Bitform zu definieren.
Erfassen, um zu erfassen.
Wir haben heute Faszreifen fuer Weltkulturen.

Definition ist Abgrenzung von der Beliebigkeit.
Liebe verbindet nicht nur, sie scheidet auch im
Unterschied zur Beliebigkeit.
Die Liebe zu Ideen - ich habe das "den" vor "Ideen"
gestrichen - und Wissen ist mehr als hilfreich.

Es geht dabei nicht um Federlesen.
Sondern um hinreichend grosse Bithaufen.
Bislang gelang die Beschreibung einer Kultur.
Die Enzyklopaedie von Diderot und dAlembert wurde
ausgeschrieben und Geld gesammelt.
Das Ding hat in der Erstellung mehr gekostet
als gedacht und laenger gebraucht als geplant.
Aber irgendwann war es fertig.
Und hat die Welt veraendert.
Bereits bei der Planung und durch die Planung.

Nun gelingt die Vorhaltung mehrerer Kulturstufen,
ueberspitzt formuliert mit "Restspeicherkapazitaet".

 Wenn ich vom Terabyte bei Aldi schreibe und
zum Petabyte beim CCC gebruetet wird,
dann steht dahinter eine glasklare und knallharte Einsicht:

das Wissen der Welt waechst weit langsamer als die
Speichertechnik. Das ist ein binaerer Wende-Punkt.

Der digitale Wendepunkt kommt IMHO erst spaeter.

"Kann ich mir das Internet auf den Schreibtisch stellen"
war eine normale Frage vor ca 2 Jahren an den CCC.
Wir lachten ueber diese Info-DAUs.
Genau dieses Lachen bleibt mir im Rueckblick im Hals
stecken, wenn http://www.alexa.com mal so ein
Backup des Netzes als Zustand vor ca 2 Jahren ans
Netz bringt. Exakt das ist der Bruch der Geschichte:

eine Art Nichtfilmrisz  ab jetzt.
Das Vernichtungswerk von Alexandria kann nur
wiederholt werden, indem man den Planeten sprengt.
Ansonsten bestehen grosse Chancen, dass der groesste
Teil an Speichermenge in Bitform bestehen bleibt.

Die Geschichte der Speicherung als historischer
event ist nichts, was sich an einem exakten Datum
festmachen laesst. Die binaeren Zeitrechnungen
kennen die Nullzeit bei Unix AFAIK zehn Jahre vor
der Billzeit. Aber der Beginn der Speicherzeit
laesst sich nur als weiche Einheit definieren.

Frank sagt dazu sinngemaess, wir haben einen Riss in
der Geschichte  etwa um das das Jahr 1995.
Ab da ist tendenziell "alles" im Netz.

(exit bei der Ueberarbeitung - muss Kurzmeldungen
machen fuer die Datenschleuder, die gebaut wird)

Ich habe die Angst der Menschen vor diesem
Riss, vor ihrer Speicherung im Netz verfolgt.
So ziemlich von Anfang an. Dejanews als "Vorstufe"
habe ich zuerst auch als ziemlich befremdlich erlebt.
Verknappt und falsch gefragt heisst die Angst:
"Wollt ihr die totale Speicherung? - Nein".

Etwas laenger:
Das CL der Bedenkentraeger ist eine Art Sumpf.
Einige begreifen Strukturaehnlichkeit von Wasseradern
und Bitfluessen nur soweit, dass sie Angst haben
vor bidirektionalem Wasseranschluss an die Welt.
Zu der Angst vor Trockenlegung des Feuchtbiotops
durch staatliche Stellen kommt die Angst vor
Ueberschwemmungen.

Seit ich als kleiner DOS-Wurm mit etwas Phantasie
Dejanews funktionell begriffen habe, ist mein Schimpfen
ueber diese Angst auch dort dokumentiert und zB mit
"Wau Huhn Herzinfarkt" nachlesbar (Powersearch).

Das fand ich wieder auf der Suche nach einer Geschichte,
die ich zum Thema "Sorgen um die Kinder" gerne und
langatmig (ca. 100 Worte) erzaehle. Bislang im Netz ist
AFAIK die Geschichte aber nur als eingedicktes Geschimpf:

Wie war das noch mit dem Huhn, das Enteneier ausbruetete und
dann gingen die Kleinen baden? Wenn das Huhn keinen Herzinfarkt
erlitt, haben zumindest die Enten ueberlebt ;-)



(...Holger, ich liebe Deine Betrachtungen, einfach anregend...)

>Dateien kaum noch was anfangen. Wer Daten konservieren will, wird nicht jetzt
>anfangen, alles nach HTML/XML/RTF/PDF etc. zu konvertieren, in der Hoffnung,
>dass eines dieser Formate in der naeheren Zukunft noch lesbar sein wird,
>sondern wird moeglichst unterschiedliche langlebige Medien weiterbenutzen.

Es geht nicht darum, Daten zu konservieren, sondern Inhalte.
Konservation und Konversation wachsen zusammen,
bleiben aber zwei Dinge.
Diese ML als Webarchiv ist ein Beispiel.

Ich kommuniziere Schriftzeichen in gestalteter Form.
Dass der Krempel hier irgendwann HTML wird,
ist ein historisch kleines Fenster.
Ich denke da in einem anderen Rahmen.

Der Teufel bei den Formaten steckt im Detail.
Aber Form und Inhalt koennen so betrachtet
werden, dass man sich "auf dem Bazaar der
Meinungen" einigen kann auf ein Format.

Ich habe in einem Halbsatz ein Beispiel  gegeben.
Ausformuliert lautet mein Gedankenwoelkchen
zum Thema Format fuer Kupferstiche IMHO:
modifiziere die Bezierkurvendarstellung in
Postscript so, dass sie fuer die Darstellung
skalierbarer Kupferstiche geeignet ist.

Es geht nicht um Scannen auf Teufel komm raus,
es geht sehr wohl um Formate. Man kann darueber
nachdenken und zu Ergebnissen kommen.

Es war Aerger, der mich zu dieser Ueberlegung
brachte: Aerger, dass ich ein paar Jahrhunderte
spaeter lebe als Diderot und dAlembert, aber nur
einen qualitativ schlechten Offsetdruck von den
Kupferstichen habe. Das ist ein gigantischer
Informationsverlust durch einen Fehler bei der
Formatkonvertierung.

>Selbst mit saeurehaltigem Papier wird dies noch fuer laengere Zeit die
>Existenzberechtigung fuer konventionelle Bibliotheken, Video- und Filmarchive
>sein.

Fundierte Ansage von Markus Kuhn in dcs:
wenn schneller Lesen dann Papier.
Btw: Hanfpapier ist langlebiger.

>> Die Existenz eines Universalmediums erzeugt den Universalanspruch
>> auf die Summe der bis dahin aufgelaufenen sozialen Erfindungen dazu
>> und darin mindestens.
>> Sowas passiert in einer Kulturgeschichte ziemlich genau einmal.
>> Und das ist merkwuerdigerweise ziemlich genau jetzt.
>
>Ca 100 Jahre zurueck in der Vergangenheit war man der Ansicht, die Physik sei
>abgeschlossen, und es fehlten nur noch ein paar kleine Details beim
>Verstaendnis der Bewegung von Koerpern mit einer Geschwindigkeit nahe c;
>und dann kam da so ein Patentamtsbeamter. Heute glauben wir - auf einer

Erwischt!
Die Praezision von Raum und Zeit einer Erfindung nicht auf dem Klo,
sondern auf dem Patentamt. Auf der Ebene der Qualitaetsmessung
ist IMHO das Patentamt die Behoerde mit der hoechsten Deut-Dichte,
wenn ich die Gravenreuthschen Warenzeichenregale weglasse.
Das Deut als Maszeinheit der Qualitaet im Unterschied zum Bit ist
nicht trivial definierbar. Das Buch "Zen oder die Kunst ein Motorrad
zu warten" faellt mir sofort ein.

(...)

>IOW: ich habe bislang nur Theorien/Utopien/Dystopien von SF-Autoren, wie das
>Informationszeitalter aussehen wird, aber ich bezweifle, dass es die
>Grand Unification aller Medien auf digitalem Niveau sein wird.

If "binaer" statt "digital" then ACK else NACK.
Zum Digitalzeitalter gehoert mehr als Neumann.
Sofort fallen mir Morse und Shannon ein.

Merksatz:
Wir leben in der Bitzeit, nicht in der Digitalzeit.

Nur wer den Satz akzeptiert, mit dem rede ich ueber Digitalzeit.
Achtung: PLONK-Ansage aufgrund Glaube an eine Teilwahrheit.
Wenn man von der Kugelgestalt der Erde ueberzeugt ist, hat
das ja auch Einfluss auf Gespraeche mit Hohlerdevertretern.

Derzeit ist "es", das Info-Age vom Datentyp binary.
binary ist eine Teilmenge von digital.
Dazu Musik aus der Punk-Zeit in Sueddeutschland.
Hart. Schnell. LAUT.
Gitarrentechnik "drei Akkorde reichen fuer die Ewigkeit".
Einfachster Text, leicht zu merken. Im Stakkato widerholt.
knapp 5 Minuten, bis kurz vor der Ertraeglichkeitsgrenze.
Die vier Worte lauten: "Ich, Es und Ueberich".

Wir kommen zum "es".

Die Quallitaet der Internet:  es ist das das erste Medium,
dem es egal ist, wo und wie man es speichert. Es gibt
sogar Firmen, die ziehen von Zeit zu Zeit ein Backup.

(...)
>Stephen Jay Gould zieht Evolution als Fortschrittsprozess in Zweifel.
>Evolution optimiert nicht auf das beste Individuum hin (womit der Mensch
>nicht die Krone der Schoepfung ist), sondern produziert zahllose Varianten
>des Themas Leben. Das ist das Bazaar-Modell. Dummerweise gibt es
>Umgebungsparameter, welche die Entwicklung einschraenken; weder ein

Gewiss.
Aber Du stimmst wohl auf folgendem zu:
Struktur hat Ursachen. Die Bauart "Rueckenmark mit Hirnkasterl"
kann evolutionaer Buecher ueber sich selbst schreiben. Insofern
ist es auch mit Vorstufen der Schriften (Reden, ML usw) moeglich,
klare Gedanken zu formulieren und unklare zu zerlegen.

Genau deshalb frage ich mich ja auch, warum sich die Evolution so
entwickelte, wie sie sich entwickelte und warum hier keine kleinen
glibbrigen gruenen allwissenden Puddingmonster durch die Gegend
wabbeln.
Btw lernte ich, dass man Pudding sehr wohl an die Wand nageln kann
und im Internet soll ein Bild davon sein; genug Staerke ist der Trick.

Meine Theorie ist wie bei mir ueblich aus dem Geschichten erzaehlen
gewachsen. Sie lungert mit Dateiname EVATHEO auf Platte herum und
harrt der Publikation. Sie ersetzt zumindest in meinen Gedankenwolken
die bisherige Evolutionstheologie durch eine EVAlutionstheorie. Da bin
ich aber noch am Feilen und lasse insbes. Frauen Korrektur lesen :-)
Patrick Illinger war ein muendliches Testopfer als Zuhoerer.
Er hat meine Geschichte mit einer Wuestenameise bereichert.
wau

--
...router crashed...seems to have found an interesting address to fail...
MAE-West uptime is 1 week, 3 days, 19 hours, 29 minutes // System
restarted by bus error at PC 0x209678, address 0xDEADBEEF at 16:08:49
GMT Thu Jun 11 1998 /// Something left by the IOS engineers perhaps?