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Re: Privatsender legen sich bei Talkshows Zügel an



On Wed, 1 Jul 1998 21:18:41 +0200, Melanie Angele wrote:

> > Nicht wirklich. Die Selbstzensur kommt ja - wie in fast allen derartigen
> > Fällen - nicht freiwillig zustande, sondern nur um einer tatsächlichen
> > staatlichen Zensur zu entgehen. Der Effekt ist somit der gleiche.
> 
> Nicht in allen Punkten - versuch mal jemanden zu verklagen, der 
> gegen eine Selbstbeschraenkung verstossen hat (die ist
> nicht rechtlich bindend oder ?).

Naja, jemand, der sich eine Selbstbeschränkung auferlegt hat, wird
weniger Grund haben, sich nicht daran zu halten, als jemand, dem von
anderer Seite eine Beschränkung auferlegt wurde, denn er hat der
Beschränkung ja vorher schon zugestimmt.

Im übrigen will ich ja niemanden verklagen, der sich nicht an eine
Beschränkung hält, sondern höchstens diejenigen, die Beschränkungen
vorschreiben. Und genau da haben wir einen weiteren Unterschied zwischen
Zensur und Selbstzensur: Gegen staatliche Zensur kann man evtl. mit
juristischen Mitteln vorgehen, gegen Selbstzensur nicht (schließlich ist
das ja alles "freiwillig").

Wenn eine Behörde also einen Fersehsender, eine Zeitung etc. zensiert,
besteht noch die Möglichkeit, dies vor Gericht zu Fall zu bringen. Wenn
die sich selbst zensieren, kann niemand mehr etwas dagegen machen.

Insofern ist Selbstzensur also fast noch schlimmer als Zensur: Die
reaktionären politischen Kräfte haben genau das erreicht, was sie wollen,
ohne selbst handeln und sich dafür verantworten zu müssen.

cu Gunnar

-- 
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and the desire to control the internet. The more you understand it,
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