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Re: RIAA vs. Negativland on Copyright Issues



Kris:
>Die Recording Industry Association of America (gemeinhin "MP3 Stasi"
...
>Zum Beispiel hat nun eine CD-ROM Plant die Herstellung der Werke von
>Negativland auf Druck der RIAA verweigert. Es findet also eine Vorzensur
>auf Druck einer Herstellervereinigung statt.
...
>http://www.negativland.com/riaa/dowesue.html (dieser Artikel ist nun
>auch auf /. referenziert worden).

Guter Beitrag.

Anmerkungen.
Ein privatisierter Steuereintreiber in Deutschland heisst GEMA.

Klaus Maeck in Hamburg hatte einige Punkbands unter Vertrag,
die keinen Bock auf die obskure GEMAfia hatte. Die GEMA
versuchte (AFAIR um 1980), ihm dies zu verbieten.
Die GEMA verlor; sie ist kein Exklusivhueter von Soundbits.

Ich habe mich fuer ein Dritte-Welt-Cafe um Rechtsfragen
beim Abspielen von Musik im Cafe beschaeftigt. Ich habe keine
Moeglichkeit gesehen, den GEMA-Anspruch abzuwehren
(Anwesenheit von Cassettengeraet, CD-Player und Radio).

Da ueberwiegend aus Afrika und Lateinamerika stammende
Musik im Cafe gespielt wird, tritt der Effekt auf, dass das
vom Cafe bezahlte Geld genau _nicht_ an die Rechteinhaber
fliesst, sondern an die von der GEMAfia gebildeten Strukturen.

Auch hier wirkt der Ersatzsteuereintreiber GEMAfia als
Strukturverstaerker fuer musikalischen Mainstream und
nimmt den "kleinen" kreativen Gruppen das Geld weg.

1000 Jahre Erfahrung
Das "Dritte Reich" versuchte eine winzig kurze Zeitspanne,
sich mit den damals der RIAA entsprechenden Kraeften
der USA anzulegen, als es darum ging, die juedischen
Tonkuenstler copyrightmaessig zu enteignen.
Der Versuch wurde, soweit der die Rechte der Lobby betraf,
umgehend zurueckgezogen; die "Rechteinhaber" (also nicht
die Urheber) bekamen eine wohlwollende Darstellung in der
damaligen "Parteipresse".

Moderne Sklavenhaltung
In den 30er Jahren schufen Orchestermusiker bei einer
Auffuehrung kein eigenes Werk, weil die Rechte daran
bereits den Verwertungsgesellschaften gehoerten.
In den 90er Jahren hat ein bei Bertelsmann (um es
politisch neutral zu formulieren) beschaeftigter Autor
kein Recht, einen Artikel fuer die Datenschleuder zu
schreiben, weil jedes Wort, das er in eine Tastatur
haemmert, Konzerneigentum ist.

Die Meinungsfreiheit ist zur Gewerbefreiheit verkommen,
statt Urheberrechte geht es um Ausschlachten fremder Bits.

"Iran verklagt deutsche Firmen wegen Lieferung von
Chemiewaffen an den Irak" heisst es heute in der
Zeitung.

Wann werden die US-Labels von afrikanischen und
anderen Laendern verklagt, weil sie nicht nur Samples
von Musik illegal reproduzieren, sondern ein Teil des
afrikanischen Kulturgutes uebernommen haben?
Dann geht es aber um noch ganz andere Summen.

Insgesamt scheint mir fuer den konkreten Fall die einzige
Chance, selbst eine der RIAA entsprechende Verwertungs-
gesellschaft zu gruenden und den RIAA-Anspruechen
publizistisch entgegenzutreten.

Mich erinnert die RIAA an die Bundepost vor der
Privatisierung; die trat sogar an Hersteller heran,
die Stoffhemdchen fuer Telefone produzierte und
wollte Herstellung und Vertrieb untersagen.

Da muessen erst noch ein paar Dinge passieren,
damit die Institution RIAA lernt, sich an uebliche
demokratische Gepflogenheiten zu halten.
Es gilt, diese "Dinge" herbeizuphantasieren
und dann umzusetzen. Aber solche Phantasien
sind IMO eher fuer den Oralverkehr als fuer die
Schriftform geeignet.

wau