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Intellectual Property: Sweden vs. the USA




>From: Cornelius Krasel <krasel@wpxx02.toxi.uni-wuerzburg.de>
>Subject: Re: Microsoft findet Linux toll... und =?ISO-8859-1?Q?gef=E4hrlich?= & Microsoft versucht, Linux-Entwickler anzuwerben
>Newsgroups: de.comp.os.unix.discussion
>Date: Mon, 9 Nov 1998 20:08:07 +0100
>Message-ID: <nie727.kem.ln@wpxx02.toxi.uni-wuerzburg.de>

Cornelius Krasel <krasel@wpxx02.toxi.uni-wuerzburg.de> wrote:
> Wie mindestens ein derzeit aktuelles Beispiel zeigt, ist die USA u.U.
> bereit, nationales Recht zu ignorieren und auf ihrer Version von Recht
> zu bestehen, falls die Lobby gross genug ist.
> 
> (Das Beispiel ist USA vs. Schweden, die Lobby ist die Church of Scientology.
>  Mehr Information auf Anfrage.)

Nachdem mehrere Leute gefragt haben:

Das religioese System von Scientology basiert auf dem Durchlaufen
verschiedener "Erleuchtungsstufen". Waehrend die dazugehoerigen
Dokumente fuer die niedrigen Stufen relativ leicht zugaenglich sind,
sind sie fuer die hohen Stufen nicht oeffentlich zugaenglich; Scientology
selbst betrachtet sie als geheim. Eine Reihe dieser Dokumente wurde
jedoch mehrfach auf alt.religion.scientology gepostet, unter anderem
von einem Schweden namens Zenon Panoussis. Prompt verklagte Scientology
ihn wegen Copyrightverletzung. Als Beweis dafuer, dass das Copyright
verletzt sei, legte Scientology Dokumente vor, die allerdings zum
grossen Teil geschwaerzt waren (angeblich, um den Inhalt geheimzuhalten).
Zenon Panoussis reichte daraufhin Kopien der von ihm geposteten
Dokumente bei Gericht ein; weitere Kopien gingen ans schwedische
Parlament, das schwedische Justizministerium und das oberste schwedische
Gericht (?).

Ein schwedisches Verfassungsrecht, das "offentlighetsprincipen", besagt,
dass ein Dokument, das bei einer oeffentlichen Behoerde eingereicht wird,
automatisch oeffentlich einsehbar sein muss. Durch das Einreichen der
Dokumente bei Gericht wurden diese also unmittelbar oeffentlich zugaenglich
(und sind es derzeit immer noch).

Dies gefiel natuerlich Scientology ueberhaupt nicht. Waehrend Panoussis
den gegen ihn angestrengten Prozess verlor (er wurde der Verletzung des
Copyrights fuer schuldig befunden), war Scientology allerdings (bisher)
nicht in der Lage, die Offenlegung der Dokumente durch die schwedischen
Behoerden rueckgaengig zu machen. Das oberste Gericht Schwedens entschied,
die Befolgung des verfassungsmaessigen Rechts gehe ueber die Interessen
Scientologys.

Scientology schaltete darauf den amerikanischen Kongress ein, und die
USA begannen offenbar, Druck auf Schweden auszuueben. Jedenfalls zog das
schwedische Parlament seine Kopie aus der Oeffentlichkeit zurueck, wurde
aber vom obersten schwedischen Gericht dazu gezwungen, diesen Schritt
rueckgaengig zu machen. Das oberste Gericht sagte in seinem Urteil, es
sei wichtiger, die Prinzipien der schwedischen Verfassung zu wahren als
dem Druck einer anderen Nation nachzugeben.

Scientology versucht nun, auf mehrere Weisen gegen Schweden vorzugehen.
Zunaechst gibt es Hinweise darauf, dass der Druck aus den USA verstaerkt
werden soll; ausserdem moechte Scientology Schweden vor dem Europaeischen
Gerichtshof verklagen. Die USA sind der Auffassung, dass in Schweden die
Rechte eines amerikanischen "corporate body" verletzt werden.

Einige URLs:

Ueberblick ueber den Beginn der ganzen Affaere:
http://www.tiac.net/users/modemac/nots/nots7.html

Brief des amerikanischen Kongressabgeordneten Moorhead an die Sprecherin
des schwedischen Reichstags:
http://www.dtek.chalmers.se/~d1dd/cos/pan35.html

Antwort der Sprecherin:
http://www.dtek.chalmers.se/~d1dd/cos/pan36.html

Bestellhinweise:
http://www.dtek.chalmers.se/~d1dd/cos/pan27.html

--Cornelius.

-- 
/* Cornelius Krasel, U Wuerzburg, Dept. of Pharmacology, Versbacher Str. 9 */
/* D-97078 Wuerzburg, Germany   email: phak004@rzbox.uni-wuerzburg.de  SP4 */
/* "Science is the game we play with God to find out what His rules are."  */