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Re: FYI: The END of the NET



> 
> On Fri, Nov 27, 1998 at 10:48:05AM +0100, Holger Veit zu:
> ...
> > > Das Internet wird wohl eher bald - wie das Telefonnetz - ein paar großen
> > > Anbietern gehören. Die Leitungen sind ja eh schon fast die selben.
> > 
> > Technik != Inhalt. Aber ich sehe durchaus Deinen Einwand, und er ist ernstzu-
> 
> ACK but da fehlt der dritte Parameter, der Preis.
> Gebuehrenmodelle sind fuer Contentverbreitung wichtiger als Technik.

Ebend. Das macht den Unterschied zwischen einer Frittenbude und einem 3-Sterne-
Restaurant aus. Die gleiche Art der MacDonaldisierung findet sich bei 
allen Medien wieder. Im Fernsehen wird der Hollywood-Happyend-Trivial-Film
zwischen den Werbepausen gesendet, im Internet klickt man sich erst durch
LinkExchange-versaute Title-Pages und Search-Engines durch, bis man ein
Info-Fragment ergattert. Alternative: Push-Technologien, ueber die sich die
Interessenprofile der werten Zielgruppe prima erschliessen lassen.

> 1984 war der Markt bei Bildschirmtext - im Rueckblick eine Art
> amtliches Minimal-WWW im postdeutschen Nationalpark - nicht nur
> technisch "proprietaer" (gegen .uk mit Prestel und gegen .fr mit
> Minitel) abgeschottet. Finanziell konnte sich Btx - abgesehen von
> der Einstiegshuerde Technikbeschaffung - nur leisten, wer als
> Informationsanbieter die Contentverhinderungsgebuehr von rund
> tausend Mark pro Monat aufbrachte.
> 
> Das Vorgehen, eine Zweiklassengesellschaft zu schaffen, hat Methode.

ACK. Studien zufolge existiert in USA schon lange keine "Mittelklasse"
mehr; keine Glockenkurve, sondern ein Busen mit zwei weit auseinanderliegenden
Peaks. Es gibt auch die These der 20/80-Gesellschaft.

> Die 0190er (0900er) Rufnummern verbreiten Content - und wenn es
> "nur" Erotik ist ("Sex" AFAIK unzulaessig). Die Gebuehrenmodelle
> von "nur achtzig Pfennig pro Minute" bis zu weit teureren Vorwahlen
> sind so gewaehlt, dass die T rund 50% des Preises abschoepft.
> Das ist deutlich mehr als im "normalen" Handel.

Die 50% fuer die T waeren auch bei 12 Pfennig Ortsgespraech drin, aber
da springt fuer den Shareholder-Value kaum was raus. Man kann jedes
Produkt zu jedem Preis verkaufen, vorausgesetzt, der Kunde glaubt, er
braeuchte das Produkt. Das irritiert mich bei den Erotiknummern so sehr
(nicht, weil ich am Produkt Sex nicht interessiert waere), nur, welche
Beduerfnisse befriedigt eine 10 Minuten Bandansage fuer 2,40DM/min, bis,
if at all, zu einem Sprecherinnenplatz durchgestellt wird, wo dann der
Cyberohrgasmus vorgestoehnt wird? Wird off-topic....

> Durch die Globalitaet des Internet greifen diese Verfahren dort
> nicht mehr so einfach; es aehnelt aber nur dem Telefon.
> 
> > nehmen: Die Telefongesellschaften nehmen keinen Einfluss darauf, was jemand am
> > Hoerer mit seinem Gegenueber austauschen darf. Genau das passiert aber im
> > Internet, wenn maechtige Provider (oder die staatliche "Fuersorge") sich 
> > anmassen zu entscheiden, welche Newsgruppen oder Webseiten ich ueber ihre
> > Portalsites erreichen kann.
> 
> Ausser Provider und Staat gibt es noch die Krake Arbeitgeber.
> Da sind dann Webseiten oder sonstige Dienste nicht erreichbar.
> So setzen derzeit Konzerne Filter fuer ihre Sklaven ein und sperren zB 
> (zumindest solange keiner sich beschwert) Seiten vom CCC (Begruendung:
> "criminal skills") oder die von Playboy (Soft-Terror als Webseiten-
> Ersatzdarstellung: "fragen Sie Ihren Manager, wenn Sie die Seite fuer
> Ihre Arbeit benoetigen").

Das halte ich aber durchaus fuer legitim. Wenn nicht die Aufgabe des 
Mitarbeiters konkret in Netzrecherchen liegt, etwa bei Journalisten,
Wissenschaftlern, Juristen (dort vielleicht sogar auf branchenspezifische
Datenbanken eingeschraenkt), dann gibt es eigentlich keine Begruendung
dafuer, warum waehrend der Arbeitszeit vom Firmen-PC aus ausserbetriebliche
Weiterbildung auf den Playboy-Seiten erlaubt sein sollte.

> Das wird runtergehen von der Konzernebene ueber KMU zu Haushalten
> mit den ganzen Filterprogrammen; da wird ein Markt bedient.

Wo ein Kunde glaubt, dass er einen Bedarf hat, ist ein Markt, und sind
Firmen, die diese Beduerfnisse (ob real, oder eingebildet oder eingeredet)
befriedigt.

> Ich bin mal anhand der Liste der jugendgefaehrdenden URLs aus
> BPS-Report 3/98 durchs Web gebraust und habe zweierlei bemerkt:
> 
> 1. Die rund drei Seiten mit indizierten URLs sind ueberwiegend
>    laecherlich. Ueberspitzt kurz  steht ein "naja" auf dem Index

Das ist ein Generationenproblem. Noch vor 30 Jahren grassierte in 
der buergerlichen Gesellschaft das Schreckgespenst der freien Liebe -
den bunten Hippies mit den nackten Busen (aber man ist in die
unerhoerten Filme Schulmaedchenreport 1 bis 99 reingerannt (Pssst,
nicht weitersagen!)), heute laesst das keinen Kumpel mehr jucken.
Die BPS lebt 30 Jahre in der Vergangenheit. Zu Zeiten, als es noch
drei Fernsehprogramme gab, gab es noch einen Ueberblick; mit dem
Kabel/Sat-Fernsehen ist es dann den Bach runtergegangen, und bei einem
Internet, in dem sich taeglich Millionen Seiten aendern, laeuft 
endgueltig aus dem Ruder.

> 2. Einige deutsche Anbieter halten sich an die Vorgaben zur
>    Alterspruefung von jugendschutz.net - FSK 16 "offen" im Netz,
>    FSK 18 nur mit Alterspruefung. Das hiesse: Kindernet statt
>    Internet sowie auch: Reife/Alterspruefung bei Telefonbenutzung
>    und Zugangssperren fuers Telefon wegen der Kinder im Haushalt.

Ist auch ein Markt. Aber gefaehrlich wird es erst dann, wenn dies fuer
alle Anbieter gilt und man keine Entscheidungsmoeglichkeit (ausser
Verweigerung) mehr besitzt.

-- 
         Dr.-Ing. Holger Veit             | INTERNET: Holger.Veit"at"gmd.de
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