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Re: [FYI] Microsoft kooperiert mit Fraunhofer-Institut Darmstadt



Gert:
> On Tue, Dec 08, 1998 at 10:57:39AM +0100, Holger Veit wrote:
> > Vorsicht mit dieser Denke. Das ist genau die Auffassung vom Staat als
> > Selbstbedienungsladen, die jetzt zu dem struktuellen, sozialen und 
> > finanziellen Problemen in diesem unserem Lande gefuehrt hat, naemlich:
> > ich bezahle doch Steuern, also will ich meinen privaten Return daraus 
> > haben. 
> 
> Versteh' mich da bitte nicht falsch.

No panic. Ich kann da durchaus schon differenzieren.
[...]

> Ich habe *kein* Problem mit Unis und Forschungsinstituten, die aus
> Steuergeldern finanziert werden.  Das WiN in seiner eigentlichen Aufgabe,
> als *Forschungsnetz*, halte ich fuer eine sinnvolle Idee.
> 
> Ich *habe* ein Problem damit, wenn aus Steuergeldern finanzierte Projekte
> in Konkurrenz zu "privatwirtschaftlichen" Projekten treten, wenn also der
> DFN normale Geschaeftskunden oder sogar Provider (regio.net) anbindet,
> oder wenn Ergebnisse aus staatlich finanzierter Forschung der
> Allgemeinheit nicht mehr zugaenglich sind, weil sie auf einmal nur noch
> gegen Lizenzgebuehren verwendbar sind oder so.

Ich denke, da werden bestimmte Dinge in einen Topf geworfen, die so nicht
zusammenpassen. Punkt 1: der "Staat" stand schon immer in Konkurrenz zur
Wirtschaft, indem er naemlich frueher bestimmte Monopole an sich gezogen hat.
Was sich jetzt aendert (etwa bei Bahn, Post und Telekom), und zieht damit
Begehrlichkeiten der Konkurrenz an sich, etwa: oeffentlich finanzierte
Strassen und Telefonnetze seien public domain. Aehnliche Strukturen findet
man bei F&E und auch mit dem DFN. Die GMD und die FhGs und die anderen GFEs 
sind, wie anderswo gesagt, normale GmbH-Unternehmen, welche vom Staat Geld 
bekommen, um ein Produkt namens "Wissen" herzustellen (wieweit sie den
Auftrag erfuellen, ist irrelevant). Der DFN wurde beauftragt, eine Netz-
infrastruktur zur Unterstuetzung der Herstellung besagten Produkts aufzubauen.
Aus dieser Foerderung zieht sich der Staat mittlerweile zurueck, hat aber,
sagen wir ruhig aus Fuersorge, diesen Auftragnehmern die Erlaubnis gegeben,
einen Teil der Ergebnisse zu verwerten. Dass dabei natuerlich vor allem die
Rosinen rausgepickt werden, ist verstaendlich. Das Problem liegt im 
fehlenden Verstaendnis (auch und gerade in der Politik), was eigentlich das 
Produkt "Wissen" ist und wem "Wissen" gehoert. Die Tatsache, dass es ueberhaupt
Urheberrecht und Patente gibt, demonstriert die Rechtsauffassung, dass Wissen
kein Allgemeingut ist, sondern dem Erzeuger oder auch dem Kaeufer ein
Nutzungsvorrecht zugeteilt ist. Das macht gesellschaftlich durchaus Sinn, nach
der Auffassung, dass ein Kuenstler (oder auch Forscher, oder generell ein
Produzent) sein Produkt nicht mit Ruhm und Ehre entwickeln kann.
Das ist im Falle des Staates, der eigentlich ja die Gesamtgemeinschaft aller
hier lebenden Menschen ist, natuerlich eine besonders pikante Angelegenheit.
Der einfache sozialistische Gedanke, dass alles dem Volke gehoere, klappt 
bekanntermassen nicht, und insbesondere nicht dann, wenn es sich um Wissen
handelt, da die Wirtschaft nach dem Prinzip arbeitet, sich von der Konkurrenz
zu unterscheiden. Public-Domain-Wissen fuer alle erhoeht nicht den kurzfristigen
Shareholder-Value. Microsoft war die Nummer 2 bei Java, deshalb ihr Gott sei
Dank in die Hose gegangener Versuch, es zu verwaessern. Wenn jeder MP3 nutzen
koennte, waere es unattraktiv, da sich Produkte nur marginal unterscheiden
wuerden (ein MP3-Player waere eine Sache des Gehaeuse-Designs, nicht mehr der
Technik). Es wird jetzt eher noch die Forschung angetrieben, etwas Alternatives
zu machen, was ueber einen Nachbau hinausgeht. Das wird der Witz an der
Sache sein. MP3 ist ein toter Standard, IMHO. Wie DAT-Player, Minidisc-Player,
Digitalkassetten, etc.

Einen aehnlichen Antriebsmechanismus findet man auch bei Services vom DFN.
DFN ist kein Big Player im ISP-Business, und wird irgendwann mal von der
Entwicklung ueberholt werden. Auch wenn's jetzt aergerlich ist fuer noch 
kleinere Fische.

> Ja - ich denke, dass die Dinge, die mit Steuern finanziert werden, im
> Endeffekt jedem Einzelnen zugute kommen sollten (was "Forschung" ueber
> kurz oder lang tut, und "Lehre" auch).

-- 
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