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Re: Hacker in China



On Sun, 17 Jan 1999 ralf.stephan@fitug.de wrote:

> > In der Druckpresse wird recht haeufig ueber die Abhaengigkeit Chinas vom
> > Gates-Imperium geklagt und gleichzeitig wird das Raubkopierwesen als eine
> > wesentliche Grundlage dieser Abhaengigkeit gebrandmarkt.
> 
> Ich dachte, der Synergie-Gedanke wäre gerade bei östlichen
> Philosophien heimisch.  Dieser Totalitarismus wird langsam
> langweilig.

In Computerzeitschriften und -buechern ist ja auch bei uns nicht allzuviel
bodenstaendige Kultur heimisch.  Obengenannte Klagen fand ich insbesondere
in einem derzeit viel verkauften Buch "Netzexkommunikationskrise"
(wang3ji2 wei1ji1), in dem ein chinesischer Softwareindustrie-Unternehmer
in Anlehnung an Deng Xiaopings Worte von der "Weltexkommunikation" (die
China drohe, wenn es nicht seinem Modernisierungskurs folge) fuer
Chinas IT-Industrie schwarz sieht.  

Tatsaechlich ist diese Industrie seit ca 1993-4 schwer ins Schleudern
gekommen, als Microsoft seine chinesischen Trittbrettfahrer abschuettelte
und ueberall seine monolithischen auf Chinas Beduerfnisse angepassten
Komplettloesungen auf den (Schwarz)Markt warf. Der Autor des bekanntesten
chinesischen Textverarbeitungsprogramm, des in Assembler geschriebenen
WPS, Qiu Bojun, klagte neulich in einem Interview, Chinas Computerhaendler
bekaemen von Microsoft besonders guenstige Konditionen unter der
Bedingung, dass sie WPS nicht anbieten. 

Langweilig ist das alles vielleicht.  Jedenfalls altbekannt.  Was meinst
du mit "Totalitarismus"?  Vielleicht die Krisen- und Gefechtsrhetorik? 
Immerhin ist die in China in diesem Zusammenhang neu.  Bis 1993-4
herrschte zwischen Microsoft und einigen chinesischen Softwareherstellern
eher so etwas wie Synergie.  Angeheizt wird die Krisenrhetorik ferner
durch Phrasen wie "Wissenswirtschaft ist die Wirtschaftsform des 21.
Jahrhunderts" und 100e von Buchtiteln zum Thema "Wissenswirtschaft",
wobei der Archetyp dieser Wirtschaftsform Microsoft ist.  Zwar steht in
diesen Buechern immer wieder etwas davon, dass im Zeitalter der
Wissenswirtschaft die Gefechtsrhetorik einer Synergierhethorik weichen
werde, aber wirklich vollzogen wird das nirgends.  Die Rhetorik dieser
Buecher bleibt militaerisch (ebenso wie die von Parteien und Konzernen).
Wie koennte das angesichts des angepriesenen Wirtschaftsmodells auch 
anders sein?

-- 
Hartmut Pilch
http://www.a2e.de/phm/