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Re: Nachhaltigkeit im Urheberrecht



On Wed, Jul 14, 1999 at 01:14:29PM +0200, Johannes Ulbricht wrote:
> Es geht bei der Urheberrechtsproblematik (meiner Meinung nach) im Kern 
> darum, dem Interesse am freien Informationsfluss und dem langfristigen 
> Interesse des Schoepfers am Bekanntwerden ein staerkeres Gewicht gegenueber 
> dem kurzfristigen Interesse des Schoepfers (oder seines Verlegers) am 
> Geldverdienen zu geben - kuerzer gesagt: Die sinnvollen Grenzen des 
> Urheberrechts abzustecken.

Wo dies dem Interesse des Schoepfers entgegenlaeuft, naemlich bei handfesten,
finanziellen Vorteilen, egal ob kurz- oder langfristig, wird dies nicht
angenommen werden.

> GPL hat gezeigt, dass jede Gemeinschaft die Freiheit hat, ihre eigenen 
> Lizensierungsmodelle zu entwickeln, die den Schutzbereich des Urheberrechts 
> soweit begrenzen koennen, wie es die Mitglieder der Gemeinschaft wollen. 
> Wer vom begrenzten Schutzbereich des Urheberrechts profitieren will, indem 
> er auf fremdes Wissen zurueckgreift, muss diesen dann auch fuer seine 
> eigenen Werke akzeptieren.
> 
> GPL ist wohl nur ein erster Schritt in diese Richtung, ein Modell, auf dem 
> man aufbauen kann.

Auch trotz der aktuellen OpenSource-Modestroemung hat sich GPL nur insofern
durchgesetzt, als dass GPL jedem unendliche Moeglichkeiten verschafft,
Geld zu scheffeln, mit Ausnahme des Urhebers selbst. IBM hat den Apache nicht
deswegen adoptiert, weil die GPL-Idee so geil ist, sondern weil es eh schon
ein bekanntes, gutes Stueck Code ist, und sie da einfach und billig Support 
fuer teueres Geld an ihre Firmenkunden weiterverkaufen koennen. GPL entsteht
da, wo die Entwicklungskosten fuer den Gegenstand anderweitig verdient
werden, z.B. in Forschungsprojekten an Unis, oder bei Firmenangestellten,
die auf Firmenkosten ein Hobby pflegen koennen, und die dadurch nicht
darauf angewiesen sind, mit ihrer urheberrechtlich relevanten Taetigkeit
ihr Brot zu verdienen (wie etwa Schriftsteller oder Komponisten). 

> Es ist die Entdeckung, dass man sich das Urheberrecht aneignen kann und 
> fuer seine eigenen Zwecke ausgestalten kann, wie man will.

Eher eine ruehmliche Ausnahme. Der Stromfluss geht doch eher in die Richtung,
wie man das UrhR so "drehen" kann, dass man seinen Profit maximiert,
oder so aushoehlt, dass man auch noch fremdes geistiges Eigentum an sich
raffen kann (etwa bei der Uebertragung von Rechten zur exklusiven Verwertung
- wissenschaftl. Publikationsvertraege etwa).

> Wenn viele derartige Modelle nebeneinander existieren und miteinander 
> konkurrieren, bildet sich vielleicht nach und nach ein praktikables Modell 
> des geistigen Eigentums im Informationszeitalter heraus. Das waere dann 
> kein politischer Top-Down-Prozess, sondern ein marktwirtschaftlicher 
> Bottom-Up-Prozess, der bei so einem hyperkomplexen Thema auch irgendwie 
> aussichtsreicher erscheint.

Freilich immer grass roots. Andererseits kann es damit passieren, dass
es dass auch immer bleibt, bzw. man von der Lobby zwischen seinen Graswurzeln
zertreten wird. Umso mehr, als wie es in der Bottom-Up-Region noch verschiedene
konkurrierende Modelle gibt, welche um die noch knappe Resource "urheber-
rechtsfaehiges Objekt" streiten muessen. Derweil lachen sich Big Player 
anderswo ins Faeustchen.

> Man muss sich also gar nicht darum streiten, wie das Urheberrecht aussehen 
> soll, sondern einfach da mitmachen, wo man sich mit dem Modell 
> identifizieren kann, oder ein eigenes Modell entwickeln. 

Holger

-- 
Signature fault - code dumbed