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Re: [FYI] Mit URL-Blocker gegen MP3-Server



On Sun, Sep 12, 1999 at 07:27:54PM +0200, Janko Roettgers wrote:
> Holger Veit schrieb:
> 
> > > Allerdings sollten wir uns nichts vormachen: In ein paar Jahren wird
> > > Musik hauptsaechlich uebers Netz verkauft werden. Das Ende der CD als
> > > Hauptverkaufstrager ist abzusehen und waer nur durch eine astronomische
> > > Erhoehung der Leermedienabgabe abzuwenden - 
> > 
> > Das bedingt erst mal eine weitverbreitete Infrastruktur, sei es durch
> > billige Downloadboxen und geringe Downloadkosten, oder Downloadshops, die
> > einem die Musik auf einen Datentraeger speichern (das als MP3 mit lausiger
> > Qualitaet in einen RIO zu laden, wo es nicht mehr rauskommt und beim
> > naechsten Download floeten ist, wird sich kaum durchsetzen; es wird
> > schnell festgestellt werden, dass das ein teurer Schmier ist).
> 
> Die geringen Downloadkosten fuer den Enduser werden wir wohl im 
> Laufe des naechsten Jahrzents sicher bekommen - ADSL & Co. 
> lassen gruessen.

Es bleibt teuer, sofern nicht etwa wie mit einer Internet-"Rundfunkgebuehr"
alle Kosten abgegolten sind. Insofern sehe ich dem Pay-per-Listen-Wahnvor-
stellungen gelassen entgegen. 

> > der sich raeumlich gelohnt hat fuer den Haendler und qualitaetsmaessig
> > fuer den Kunden, auf den neumodischen Internetzug aufspringen wird.
> 
> Fuer den Tontraegerhandel sollte sich das relativ schnell rechnen, 
> da ja die hohen Lagerkosten reduziert werden koennen. Zur 
> Qualitaet bzw. Auswahl: Die einer durchschnittlichen CD-Abteilung 
> bei Saturn etc. ist heute nicht gerade ueberragend. Aber um diesen 
> Bereich gehts, denn dort wird am meisten umgesetzt. Das 
> klassische Schallplattengeschaeft existiert ja kaum noch. Und der 
> Saturn-Kunde kann von so etwas natuerlich profitieren. Heute wars 
> fuer solche Laeden Wahnsinn, von jedem klassischen Konzert 
> zehn Einspielungen auf Lager zu haben. Mit Downloads sollte das 
> kein Problem mehr sein.

Der Saturnkunde muss erst mal investieren in ein Geraet (ob PC oder RIO-
Player), bei dem bereits beim Kauf absehbar ist, dass es nach ein/zwei 
Jahren nicht nur veraltet ist, sondern inkompatibel ist. Vergleiche dazu:
MD-Disk, DCC-Kassette, Laserdisk, DVD-Disk mit Countrycode, DSR-Radio, 
Digital-TV-Decoder. Bereits jetzt gibt es Unmut darueber, dass alle paar
Monate der teure neue PC mit eben noch modernsten Videokarten und MHz-CPU
quasi weggeworfen werden kann, weil es neue Spielesoftware gibt, die damit
nicht mehr laeuft, sondern nur mehr kriecht.
Irgendwann ist Feierabend mit Geldrauswerfen.

> Ausserdem werden sie unter Druck gesetzt werden von neuen 
> Anbietern. MCDonalds & Co. werden dazu gerne mit den 
> Plattenfirmen zusammenarbeiten.

Letztere sprechen vor allem die Kiddies an, nicht direkt diejenigen, die
das Geld haben. Die Verluste im Musikverkauf sind unter anderem darauf zurueck-
zufuehren, dass die Kiddies ihre Eltern nicht unbegrenzt anpumpen koennen,
sprich: entweder die neue Scheibe aus den Charts oder die neue Chevignon-
Jacke. Die Resource ist begrenzt.

> > > die nicht durchsetzbar ist. Und wenn die Hitparadentitel nur noch 
> > > im Netz erhaeltlich sind, werden sie dort auch gekauft (*) werden. Denn
> > > der Konsument an sich ist ja doch traege und hat keine Lust, stundenlang
> > > nach irgend welchen Raubkopien zu suchen. Schoenes Beispiel dafuer: Auch
> > > der beste Decoderhack fuehrt nicht dazu, dass Premiere weniger Abos
> > > verkauft.
> > 
> > Falsches Beispiel: Der Aufwand, sich den Decoderhack im Netz zusammenzu-
> > suchen, zu installieren und am Leben zu erhalten, ist immer noch
> > wesentlich hoeher fuer den typischen DAU als zum naechsten Fernsehfritzen
> > zu gehen und einen Decoder zu erwerben. 
> 
> Genau das meinte ich ja. Und ebenso wird der Aufwand sehr viel 
> groesser sein (ist er ja eigentlich auch jetzt schon), sich die 
> aktuellen Top 10 von irgendwelchen illegalen Sites zu ziehen (wozu 
> man vielleicht sogar noch nen ftp-client braucht ...), als die Titel 
> Online zu kaufen.

FTP-Client ist seit Browsern kein Thema mehr. Wer http:// schreiben kann,
kann auch ftp:// schreiben. Ich erwarte gerade, dass die Raubkopiererei
zunehmen wird. Es ist ein Unterschied, ob man sich den Decoderhack zusammen-
samplen muss, READMEs lesen muss, und ohne Installshield durch Eintippen von
merkwuerdigen Kommandos installieren muss, oder sich via bequemem Netscape-
Mouseklick die Top 10 runterziehen kann (ggf. via Plugin direkt in den Player
schieben laesst).

> > > *) Kleine Anmerkung: Ob dieses Verkaufen allerdings wirklich so 
> > > ablaufen wird wie sich die Musikindustrie das heute vorstellt, ist eine
> > > andere Frage.
> > 
> > Es geht darum, ob der Kunde gierig genug ist, die bereitgehaltenen Kroeten
> > zu schlucken. Dazu muss man ihm jegliche Alternative wegnehmen. Das wird
> > schwierig, solange er noch im Besitz von quasi freiprogrammierbaren
> > Geraeten wie dem PC ist. Der Gedanke von Thin-Clients fuer jeden und Fat-
> > Servers irgendwo in Rechenzentren ist da wegweisender, als es zunaechst
> > noch den Anschein hat. Trojan horses ahead.
> 
> Das halte ich fuer Schwarzweissmalerei nach dem Motto: Hier die 
> boesen Medienkonzerne, dort der arme Verbraucher, dem man 
> seine Freiheit rauben will. Die eigentlichen grossen 

Die Medienkonzerne sind an allem interessiert, nur nicht daran, Mutter Theresa
zu spielen. Der Glaube an das Gute im Menschen ist fehl am Platze. Wenn
es Profit verspricht, laesst man auch die Freiheit des Kunden hintenrueber-
kippen. Und es verspricht massig Profit.

> Umwaelzungen, die auf uns zukommen, werden wohl eher durch 
> unterschiedliche Konzepte innerhalb der Medienkonzernwelt 
> (Plattenfirmen vs. Content-Provider) angestossen werden. Da wird 
> es genug Alternativen geben. Kein Grund, jetzt mal wieder den 
> Monopol-Teufel aus dem Sack zu holen.

Weiter oben sprichst Du von der Allianz mit McDonalds und Co. In der Vergangen-
heit ist video2000 und Betamax vom minderwertigeren VHS zerdrueckt worden.
Die Hoffnung auf das unabhaengige Label, welches junge, experimentierfreudige
Kunestler via Internet foerdert, geht rasend schnell baden, wenn sich die
Grossen auf ein eigenes Format einigen. Dann passiert folgendes: es gibt nur
noch Geraete, welche das Format abspielen koennen; entweder die Unabhaengigen
werden mit den Woelfen heulen oder irgendwas Eigenes versuchen, was dann
allerdings nur noch auf PCs via Soundkarte abspielbar ist: letztere machen
sich als mobiler Walkman-Ersatz lausig schlecht. Die Masse entscheidet.

> Wenn Yahoo und Fireball jetzt MP3s verschenken, duerfte das die 
> Plattenfirmen wenig freuen, aber erst ein Anfang sein. Und wenn in 
> ein paar Jahren vielleicht AOL mit dem B-Boy-Komplettpaket fuer 
> einen Pauschalzugang inclusive der aktuellen HipHop-Chart-Titel 
> wirbt, geht das Spiel erst richtig los.

In dem Moment, wo Yahoo und ander Portals eigene Charts haben, gehoeren sie
ebenfalls zu den Grossen der Branche. Die Namen aendern sich, die Geschaefts-
praktiken werden damit noch lange nicht netter. Es wird kraeftig aufgekauft
werden und vielleicht werden denmaechst AOL-CDs verkauft statt verschenkt
(mit Musik drauf); irgendetwas wird danach als Konzern uebrigbleiben.
Und dies wird vollkommen den Charakter eines Monopols haben - ob da ein
paar Spielzeug-Websites irgendwelchen Musik-Freaks ein paar exotische
Werke bereithalten, kratzt den Mainstream kaum.

Gruesse
Holger

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