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Re: Bremse des Fortschritts...
- To: debate@fitug.de
- Subject: Re: Bremse des Fortschritts...
- From: "Axel H Horns" <horns@t-online.de>
- Date: Sun, 14 Nov 1999 13:31:42 +0200
- CC: krypto@thur.de
- Comment: This message comes from the debate mailing list.
- In-reply-to: <Pine.BSF.4.05.9911140753080.342-100000@max.alleswirdgelber>
- Organization: PA Axel H Horns
- Reply-to: horns@t-online.de
- Sender: owner-debate@fitug.de
On 14 Nov 99, at 8:07, Heiko Recktenwald wrote:
> Verstehe ich es richtig, DVDs kann man, wenn es nach dem Willen des
> Erfinders geht, nicht kopieren ?
Audio-CDs kann, technisch gesehen, jeder kopieren. Das wollten die
Rechteverwerter bei DVDs schon auf der technischen Ebene verhindern,
indem sie die technischen Spezifikationen durch Druck auf die
Geraeteindustrie entsprechend ausgestalten liessen. Dies ist an sich
schon bedenklich (Stichwort: "Kulturelles Erbe", was ist, wenn die
zur Entschluesselung faehigen Geraete kaputt sind), aber nehmen wir
mal an, die gewaehlte Kyptotechnik waere gut konstruiert. Dann wuerde
der technische Kopierschutz funktionieren, und insoweit waere Ruhe im
Karton.
De Facto haben die Rechteverwerter aber niemals die Absicht gehabt,
eine technisch saubere Loesung implementieren zu lassen, denn sonst
haetten sie nicht seit Jahren auf die diversen Gesetzgeber
eingewirkt, Gesetze zu erlassen, die die Kopierschutzvorrichtungen
nochmals zu schuetzenswerten Rechtsguetern zu erklaeren. Im Grunde
genommen haben diese Kopierschutzmechanismen nur eine symbolische
Funktion; ihre technische Sperrwirkung begrenzt sich auf Dummies und
Laien. Wie mn bei CSS sieht, hat man sich offensichtlich noch
nichtmal die Muehe gemacht, etwas "state-of-the-art"-Gemaesses zu
schaffen. Der eigentlich intendierte Schutz soll dadurch
funktionieren, indem die Oeffentlichkeit von den spezifischen
Ressourcen abgeschnitten wird, die man benoetigt, um sich mit den
Schwachstellen der Kopierschutzmechanismen auseinandersetzen zu
koennen. Der rechtlich faktisch nicht durchsetzbare Schutz des
digitalen Werkes als solches soll ersetzt werden durch einen
rechtlichen Schutz der Kopierschutzeinrichtung, wobei man sich
erhofft, dass der letztere einfacher durchsetzbar sein wird als der
erstere.
Es gibt in der Rechtspolitik derzeit eine fatale Neigung, Zaeune zu
bauen: Das eigentliche zu schuetzende Rechtsgut ist das
Partizipationsinteresse des Urhebers. Darueber ist vor langer langer
Zeit mal Konsens erzielt worden. Nun sieht man dieses Rechtsgut durch
die digitale Kopierbarkeit gefaehrdet. Flugs zieht man einen Zaun in
Gestalt eines "Ruehr-die-Kopierschutzmechanismen-nicht-an"-Gesetzes
um das Partizipationsinteresse der Urheber herum und sperrt damit die
Oeffentlichkeit auch aus Arealen aus, die sie eigentlich
legitimerweise bertreten duerfen sollten. Wir werden es noch erleben,
dass jetzt die Integritaet der Kipierschutzmechanismen wiederum zu
einem schuetzenwerten primaeren Rechtsgut gemacht wird, und man wird
einen weiteren Zaun ziehen, rings um die Kopierschutzmechanismen.
Einen Anfag haben die im Zusammenhang mit dem CSS-Crack bekannt
gewordenen rechtlichen Schritte gemacht. Bald wird man sich ueber
bestimmte Aspekte von Verletzlichkeiten von Kryptosystemen nicht mehr
in der Oeffentlichkeit unterhalten koennten, wenn als Ausfluss der
Eroerterungen auch Kopierschutzmechanismen gefaehrdet sein koennten.
Usw. usf. Es wird eine Inflation von abstrakten
Gefaehrdungstatbestaenden geben. Ich halte diese Entwicklung fuer
gefaehrlich.
Axel