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Vorschlag für EU-Richtlinie
- To: swpat@ffii.org
- Subject: Vorschlag für EU-Richtlinie
- From: PILCH Hartmut <phm@a2e.de>
- Date: Fri, 8 Dec 2000 15:51:52 +0100 (CET)
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- Sender: owner-debate@fitug.de
ENTWURF
Wir schlagen der EU-Kommission vor, beim Entwurf einer Richtlinie zur
Frage der Patentierbarkeit von Software auf dem folgenden Text
aufzubauen.
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Richtlinie über den Erfindungsbegriff im Europäischen Patentwesen und seine
Auslegung unter besonderer Berücksichtigung der Programme für
Datenverarbeitungsanlagen
Geleitet von der Erkenntnis, dass die Grenzziehung zwischen
patentierbaren und nicht patentierbaren Gegenständen das
Außenverhältnis des Patentwesens betrifft und daher besonders klare
und explizite Entscheidungen auf gesetzgeberischer Ebene erfordert
In Anbetracht der Erfahrung, dass gesetzgeberischen Anweisungen, wie
sie in Art 52 des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) knapp und
abstrakt formuliert wurde, in der Rechtsprechungspraxis Anlass zu
vielen Missverständnissen, Uneinheitlichkeiten und Unsicherheiten
gegeben haben
Getrieben von der Sorge, dass die von einigen Organen der
Patentrechtsprechung gesetzten neuen Regeln zu unerwünschten
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wirkungen führen könnten
stellen wir folgendes klar:
1. Unter einem "Programm für Datenverarbeitungsanlagen", kurz
"DV-Programm" genannt, ist das Programm in all seinen
Entwurfsstufen, vom gedanklichen Plan bis zum auf einem Prozessor
ausführbaren binären Anweisung zu verstehen. Ebenso wie ein Spiel
ist ein Programm eine Unterart der "Pläne und Anweisungen für
gedankliche Tätigkeit". Es ist Plan und Anweisung, Verfahren und
Erzeugnis zugleich.
2. Die Partikel "als solche" in Art 52 (3) EPÜ ist nur aus ihrer
syntaktischen Funktion heraus zu verstehen. Ein "DV-Programm mit
technischem Effekt" ist nichts anderes als ein DV-Programm als
solches. Hingegen ist eine durch ein DV-Programm beschriebene
technische Erfindung von dem DV-Programm als solchem zumindest
begrifflich unterscheidbar. Ebenso ist ein "Verfahren zur
Herstellung von Schachfiguren" von dem Schachspiel als solchem
unterscheidbar. Das Bindeglied "als solches" ergibt nur bei der
Gegenüberstellung mit andersartigen Gegenständen einen Sinn.
3. DV-Programme sind keine patentfähigen Erfindungen. Chemische
Verfahren, Reifenbremsverfahren oder andere technische Verfahren
können insoweit patentfähige Erfindungen sein, wie sie vom
Computerprogramm nicht nur begrifflich sondern auch praktisch (im
Hinblick auf die Rechtsausübung) trennbar sind. D.h. die Lösung
des Problems muss in einem technischen Bereich jenseits des
Programmierens liegen, und die daraus abzuleitenden
Ausschlussrechte müssen sich auf materielle Gegenstände außerhalb
des Programms wie z.B. chemische Erzeugnisse oder Autos
beschränken. Entsprechendes gilt für alle anderen
Ausschlussgegenstände in Art 52 (1) EPÜ.
4. Unter Technik ist der Einsatz von Naturkräften zur unmittelbaren
Verursachung einer Wandlung von Materie zu verstehen.
Patentanmeldungen, die sowohl technische als auch nicht-technische
Merkmale enthalten, sind nur dann patentfähig, wenn das als neu
und erfinderisch Beanspruchte, also der Kern der Erfindung, im
Technischen liegt. Eine von einem DV-Programm zu unterscheidende
technische Erfindung muss eine Lehre verkörpern, wie man
Naturkräfte unmittelbar zur Verursachung eines nach bisherigem
Wissensstand nicht rechnerisch vorhersehbaren Erfolges bei der
Herstellung materieller Güter nutzen kann.
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