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Re: (Fwd) [FYI] Vierzehntes Hauptgutachten der Monopolkommission zu SWPAT
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- Subject: Re: (Fwd) [FYI] Vierzehntes Hauptgutachten der Monopolkommission zu SWPAT
- From: "Axel H Horns" <horns@ipjur.com>
- Date: Tue, 9 Jul 2002 22:43:51 +0200
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On 9 Jul 2002, at 21:56, PILCH Hartmut wrote:
> > > "current status of the EPC" steht doch offensichtlich fuer
> > > "current status of the EPO caselaw".
> >
> > Und es ist einfach eine (von Eurolinux usw. verbreitete) Luege,
dass
> > das EPO case law insoweit keine legitime Auslegung des EPC sei.
>
> Eine Auslegung ist eben nicht das gleiche wie das Gesetz selber.
> Du sprichst von "current status of the EPC" und meinst den aktuellen
> Status des Richterrechts einer bestimmten Behörde. Das ist eine
Lüge.
> Im übrigen ist Richterrecht nur insoweit legitim, wie es Lücken im
> Gesetz füllt. In Kraßers Patentrechtslehrbuch von 1986 findet man
> genau beschrieben, wo der Auslegungsspielraum im Falle von Art 52
EPÜ
> endet. Nämlich an der Grenze, die das EPA 1986 überschritt. Ähnlich
> urteilte der PatG-Kommentator Benkard 1988, der BGH 1990, der
> Schwedische Oberste Gerichtshof 1994 und zahlreiche Rechtsgelehrte
bis
> heute. Eine Aufstellung findet sich unter
>
> http://swpat.ffii.org/analyse/erfindung/
>
> (morgen läuft der Rechner hoffenlich wieder) Diese naheliegende
Sicht
> des Gesetzes als "Lüge" zu betiteln ist schon der Gipfel der
> Dreistheit, vor allem dann, wenn derjenige, der so redet, sich
> durchgehend weigert, die entsprechende Literatur zur Kenntnis zu
> nehmen oder auf sie zu verweisen.
Ich habe nicht behauptet, dass die gegenwaertige Auslegung die
_einzig moegliche_ Auslegung des Wortlautes des EPC ist. Der Wandel
in der Anschauung gewisser Fragen zeigt ja schon, dass da ein
gewisser Spielraum zu sein scheint. Genaugenommen finde ich das Case
Law zum EPC eher verbesserungsfaehig, weil es m.E. keine hinreichend
genaue Vorstellung vom Wesen der Software und vom Inhalt des
Technizitetsbegriffes hat. Man mogelt sich um diese Fragen immer ein
wenig herum, hab ich den Einduck. Aber ohne Zweifel _kann_ man das
EPC so lesen, wie das derzeitige Case Law es tut.
Ich wehre mich an dieser Stelle nur vehement gegen die von Eurolinux
pp. gebetsmuehlenartig wieder und wieder (sinngemaess) vorgetragene
Behauptung, es sei voellig ausgeschlossen, das EPC im Case Law
legitimerweise derart auszulegen, dass Patente auf
computerimplementierte Erfindungen zulaessig seien.
> > > Die Gesetze aller Laender sind Kopien des EPUe. An was sollen die
> > > noch angeglichen werden?
> >
> > Das stimmt so nicht. Es gibt derzeit keine EU-weite Harmonisierung
> > des Patentrechtes. Die einzelnen Laender haben sich z.T. freiwillig
> > nur dort an das EPC angelehnt, wo sie das fuer zweckmaessig hielten.
> > In anderen Bereichen eben nicht.
>
> In dem Bereich, um den es bei dem Richtlinienentwurf geht, nämlich der
> Frage der Voraussetzungen der Patentierbarkeit (Art 52ff EPÜ), sind
> die Gesetzte bereits 100% harmonisiert.
>
> Oder wo denn nicht?
Es waere eine nette Aufgabe fuer ein entsprechendes Institut im
akademischen Bereich, hier einmal eine rechtsvergleichende Studie
hinsichtlich aller EU Member States + Beitrittskandidaten anzustellen
...
Meistens reden wir ja nur von EPC + DE + UK; da sind die
Verhaeltnisse ziemlich uebersichtlich (aber selbst dort sind noch
Unterschiede aufweisbar, die aber derzeit durch eine Art von
"freiwilliger" Konvergenz zu schwinden scheinen); wie das aber im
portugiesischen, polnischen oder irischen Recht aussieht, entzieht
sich im Detail meiner Kenntnis ...
Man kann mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass sich
signifikante Rechtsunterschiede finden lassen werden, IMO.
Hinweise darauf gibt es in dem Vorspann zum EU RiLi-Entwurf.
> > > Der von Horns propagierte Begriff "computer-implementierte
> > > Erfindungen" wurde vom EPA erst vor ca 2 Jahren eingefuehrt. Das
> > > EPUe stammt von 1973.
> >
> > Ja und?
>
> Du behauptetest, dieser Begriff reflektiere den "gegenwärtigen Zustand
> des EPÜ". Im Denksystem des EPÜ kommt er jedoch gar nicht vor.
Eben, er kommt nicht darin vor. Auch nicht im Sinne eines Verbotes
von Patenten auf computer-implementierte Erfindungen.
Und diese "DV-Programme als solche"-Ausschlussklauseln lassen sich
nicht als Verbote fuer Patente auf computer-implementierte
Erfindungen lesen.
> > Das ist ja das Problem - als das EPC gemacht wurde, haben die Leute,
> > die damals dabei waren, das Problem nicht voll verstanden (konten
> > sie auch nicht - es sei denn, sie haetten wahrsagerische Gaben
> > gehabt) und ein in entscheidenden Passagen schwer auslegbares Gesetz
> > geschaffen - u.a. mit Begriffsschrott wie "DV-Programme als solche".
>
> Diesen Begriffsschrott haben die Richter des EPA geschaffen.
> Er kommt im EPÜ nicht vor.
Offenbar haben wir verschiedene Ausgaben des EPC.
> Zum EPA-Begriffsschrott gehört ferner das Wort
> "computer-implementierte Erfindung". Es kommt in der Sprache des
> EDV-Fachmannes nicht vor und bezeichnet im EPA-Jargon genau das, was
> zuvor mit "computer-implementierte Organisations- und Rechenregeln =
> Pläne und Regeln für gedankliche und geschäftliche Tätigkeit,
> Programme für Datenverarbeitungsanlagen" bezeichnet wurde und folglich
> eben gerade nicht zu den Erfindungen zählt.
>
> Dieses Wort ist also schlimmer als "Begriffsschrott". Es ist
> Neusprecht, der speziell der Irreführung dient.
Auch nach der im Case Law zum EPC kommenden Auffassung ist nicht jede
computerimplementierte Erfindung (verflixt, ich schreibe jetzt nur
noch "CIE") automatisch patentfaehig - ein "technischer Beitrag" wird
gefordert. Dadurch ist u.a. sichergestellt, dass Erfindungen reiner
Organisations- und Rechenregeln nicht patentfaehig sind.
> > Es ist aber dem Wortlaut des EPC ueberhaupt nicht entnehmbar, dass
> > Patente auf computer-implementierte Erfindungen untersagt sind.
>
> Sicherlich ist nicht entnehmbar, dass Patente auf Erfindungen
> untersagt sind. Ganz im Gegenteil. Wenn etwas eine Erfindung ist,
> dann ist es patentfähig. Aber Programme für Datenverarbeitungsanlagen
> sind ebenso wie andere Pläne und Regeln für geistige Tätigkeit,
> mathematische Methoden usw keine Erfindungen. Und sie werden auch
> nicht dadurch zu Erfindungen, dass man sie irgendwie anders sprachlich
> einkleidet.
Es geht nicht nur um sprachliche "Einkleidungen". Im
Verletzungsprozess zeigt sich, dass die "Einkleiung" mehr ist als nur
ein "Maentelchen". Alles, was man vor dem EPA in den Claim
reingeschrieben hat, um ein Patent durchzubekommen, muss sich im
Verletzungsprozess an der Verletzungsform demonstrieren lassen.
> > Wer jetzt - aus welchen guten oder schlechten Gruenden auch immer -
> > Patente auf computerimplementierte Erfindungen nicht will, der muss
> > die geltende Gesetzes- und Rechtslage aendern. Nicht derjenige, der
> > den "Status Quo" konservieren will.
>
> Das behaupten diejenigen, die unbedingt neue Gesetze wollen, um Swpat
> zu legalisieren. Eurolinux will keine neuen Gesetze und ist
> zuversichtlich, dass sich die geltenden auf Dauer gegen das EPA
> durchsetzen lassen werden.
"Softwarepatente" (was auch immer das sein soll) will keiner, Patente
auf CIE beduerfen keiner "Legalisierung" mehr.
> > Und der Eu-RiLi-Entwurf will erklaertermassen im wesentlichen nur
> > den Stand im EPC konservieren und dessen Recht hinsichtlich
> > computer- implementierter Erfindungen fuer alle EU-Mitgliedsstaaten
> > verbindlich machen - mit zwei Ausnahmen, in denen die
> > Patentierbarkeit sogar eher noch zurueckgeschraubt wird: Keine nach
> > EPC moegliche Ansprueche auf sog. "Computerprogrammprodukte"
> > (derzeit nach EPC moeglich) und formale Klarstellung, dass keine
> > Patente auf "Pure Business Methods Inventions" erteilt werden
> > (De-facto Verbot solcher Ansprueche im wesentlichen auch heute schon
> > nach EPC).
>
> Nicht "nach EPC" sondern nach EPA-Doktrin.
> Der EU-Rili-Entwurf will somit die EPA-Doktrin festschreiben und das
> EPÜ, welches im Gegensatz zu dieser Doktrin steht, aus dem Wege
> räumen.
Huch, "aus dem Weg raeumen"?? So wie der RiLi-Entwurf derzeit
gestrickt ist, muss das EPC eher an wenigen Stellen tendentiell etwas
"verschaerft" als aus dem Weg geraeumt werden.
> Die Perspektive der Anspruchssprache ist für das Verständnis dessen,
> was hier patentiert wurde, nicht maßgeblich. Vielleicht muss man
sich
> als Jurist mal öfter von juristischen Konstrukten lösen und die
Dinge
> aus einer anderen Perspektive anschauen.
Solange Rechtspolitik gemacht wird, muss man sich wohl oder uebel auf
die Rechtssprache mit ihren manchmal verschlungenen Begrifflichkeiten
einlassen.
Und der Anspruch ist nun mal der Kern des Patentes: Er definiert, was
man vor Gericht damit machen kann. Er verkörpert eine Verbalisierung
der durch das Patent monopolisierten Erfindung. Was will man mehr?
Irgendwo habe ich neulichs einen spassigen Vorschlag gelesen,
Patentansprueche abzuschaffen und durch Videoclips (!) zu ersetzen,
in denen die Erfindung DAU-kompatibel erklaert wird. Hat bloss den
Nachteil, dass dann nicht mehr sprachlich aufweisbar ist, welche
Handlungen von Patent erfasst sind und welche nicht. Naja, man
koennte den Clip vor Gericht einer "Jury" vorspielen, die dann
aufgrund ihrer daraus resultierenden emotionalen Affektiertheit
mehrheitlich darueber abstimmt, ob eine Patentverletzung vorliegt
oder nicht. Allerdings ist sowas nicht kompatibel mit meinen
Vorstellungen von rechtsstaatlicher Justiz ... die haengt bei mir
immer noch geradezu begriffsnotwendig an der Verbalisierung ...
--AHH
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