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Re: (Fwd) [FYI] Vierzehntes Hauptgutachten der Monopolkommission zu SWPAT



On 9 Jul 2002, at 11:16, PILCH Hartmut wrote:

> Wozu immer wieder diese vorangestellte Desinformation?
> 
> "current status of the EPC" steht doch offensichtlich fuer "current
> status of the EPO caselaw".

Und es ist einfach eine (von Eurolinux usw. verbreitete) Luege, dass 
das EPO case law insoweit keine legitime Auslegung des EPC sei.  

> Die Gesetze aller Laender sind Kopien des EPUe.  An was sollen die
> noch angeglichen werden?

Das stimmt so nicht. Es gibt derzeit keine EU-weite Harmonisierung 
des Patentrechtes. Die einzelnen Laender haben sich z.T. freiwillig 
nur dort an das EPC angelehnt, wo sie das fuer zweckmaessig hielten. 
In anderen Bereichen eben nicht.  

> Wenn das EPUe bereits Swpat vorsieht (man lese den Text und die
> Pruefungsrichtlinien von 1978 um sich zu ueberzeugen, dass es sie
> verbietet), wozu muss dann noch etwas harmonisiert werden?

Weil in den nicht harmonisierten Patentgesetzen der einzelnen Staaten 
insoweit Rechtsunsicherheit besteht.

Die Pruefungsrichtlinien sind keine Rechtsquellen, sondern 
verwaltungsinterne Richtlinien zur Sicherstellung einer 
gleichmaessigen Abwicklung einer Vielzahl von Einzelfaellen.   

> Der von Horns propagierte Begriff "computer-implementierte
> Erfindungen" wurde vom EPA erst vor ca 2 Jahren eingefuehrt.  Das EPUe
> stammt von 1973.

Ja und? 

Das ist ja das Problem - als das EPC gemacht wurde, haben die Leute, 
die damals dabei waren, das Problem nicht voll verstanden (konten sie 
auch nicht - es sei denn, sie haetten wahrsagerische Gaben gehabt) 
und ein in entscheidenden Passagen schwer auslegbares Gesetz 
geschaffen - u.a. mit Begriffsschrott wie "DV-Programme als solche".  

Es ist aber dem Wortlaut des EPC ueberhaupt nicht entnehmbar, dass 
Patente auf computer-implementierte Erfindungen untersagt sind.  

Wer jetzt - aus welchen guten oder schlechten Gruenden auch immer - 
Patente auf computerimplementierte Erfindungen nicht will, der muss 
die geltende Gesetzes- und Rechtslage aendern. Nicht derjenige, der 
den "Status Quo" konservieren will. 

Und der Eu-RiLi-Entwurf will erklaertermassen im wesentlichen nur den 
Stand im EPC konservieren und dessen Recht hinsichtlich computer-
implementierter Erfindungen fuer alle EU-Mitgliedsstaaten verbindlich 
machen - mit zwei Ausnahmen, in denen die Patentierbarkeit sogar eher 
noch zurueckgeschraubt wird: Keine nach EPC moegliche Ansprueche auf 
sog. "Computerprogrammprodukte" (derzeit nach EPC moeglich) und 
formale Klarstellung, dass keine Patente auf "Pure Business Methods 
Inventions" erteilt werden (De-facto Verbot solcher Ansprueche im 
wesentlichen auch heute schon nach EPC).   

Eins muss man dem ffii aber lassen: Seine Propaganda ist erschreckend 
effektiv.

Nicht nur grosse Teile der Tagespresse, sondern jetzt auch die 
Monopolkommission plappern dessen "Sprachregelung" nach und faseln 
etwas von einer RiLi, die "Softwarepatente einfuehren" solle oder so 
aehnlich ("Gegen eine Ausdehnung des Patentschutzes auf 
Computerprogramme haben sich die Hersteller von sog. Open-Source-
Software ausgesprochen.")  

"Softwarepatent" ist ein untauglicher Begriff, weil nichts anderes 
als Erfindungen patentiert werden duerfen und nur patentiert werden. 
Ich habe noch kein Patent gesehen, in dem "Software" patentiert wird. 
Was haeufig vorkommt, sind Patente auf Erfindungen, die laut Anspruch 
mit einem Computer zu implementieren sind - eben die sogenannten 
"computerimplementierten Erfindungen". Und: Einig sind wir uns wohl 
darin, dass der (kommerzielle oder quasi-kommerzielle) Umgang mit 
Software u.U. eine mittelbare Patentverletzung eines Anspruch auf 
eine computerimplementierte Erfindung darstellen kann. Dies kann 
bekanntermassen in bestimmten Konstellationen Probleme verursachen - 
siehe z.B. das Lutterbeck-Gutachten oder das FhG-Gutachten.    

> Es ist erschreckend, wie hartnaeckig unlogisch und rechtsverdreherisch
> auch Leute auf dieser Liste schwarz zu weiss umzunennen bereit sind,
> sobald es um ihr Lieblingskind oder ihren Brotberuf geht.

Ha, ha. Patentanwaelte kaempfen um ihre Pfruende und die Gegener der 
Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen streiten fuer 
das Gute, Wahre und Schoene?

Faktum ist: Etliche der Gegner von Patenten kaempfen z.B. als 
Kleinunternehmer um ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen, weil 
sie z.B. zu dem Ergebnis gekommen sind, dass das Patentsystem ihnen 
nicht nuetzt, sondern eher wirtschaftlich schadet. Um nicht 
missverstanden zu werden: Wenn diese Leute davon ueberzeugt sind, ist 
es ihr gutes Recht, sich entsprechend Gehoer zu verschaffen. Was mich 
nervt, ist dieses falsche moraline Getue des ffii, der so tut, als 
ginge es um einen manichaeischen Kampf gegen DAS BOESE (TM).

Grumpf!

Was im Moment abgeht, ist (vielleicht mit Ausnahme der OSS-
Problematik) eher ein Kampf der Repraesentanten verschiedener 
Geschaeftsmodelle von Wissensverwertung gegeneinander.

--AHH


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