[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Re: heise online: Buergerrechtler: Big Brother formiert sich



>
>
>  Wenn die amerikanische Gesellschaft der derzeitigen Entwicklung nicht
> Einhalt gebiete, so werde sich in Zukunft jeder bei jedem kleinen Schritt
> fragen müssen: "Lässt mich das verdächtig erscheinen?

Wenn man sich das bei wirklich  j e d e m  Schritt fragen muß, k a n n  es die
eigene Entscheidung, sich konform oder nichtkonform zu verhalten, gar nicht
beeinflussen. Dann ist einem die Entscheidung abgenommen. Einige empfindsame
Menschen werden das zynisch nennen, aber a) bin ich kein Zyniker und b) stellt
die Zeit an jeden die Anforderung, weniger betroffen-empfindsam zu sein und
mehr, viel mehr, rational. Die Frage ist dann: verdächtig w e s s e n? Nicht
die Daten über einen sind, sondern die Interpretation (die Daten betreffen
kann, aber ebenso nur bestimmte Daten oder fehlende Daten) ist
gesellschaftlich relevant.

> Mindert es meine
> beruflichen Chancen?

Bei den beruflichen Chancen liegt die Beweislast eigener Nützlichkeit für ein
Unternehmen ohnehin bei einem selbst. Schnüffeln, um an die intimsten Dinge in
lebenzeitlich lückenloser Auflistung zu gelangen, hat ein Personalchef gar
nicht nötig. Das kommt bei ihm frei Haus auf den Tisch.

> Erschwert es einen Versicherungsabschluss?"

Das kann nur Individuen betroffen machen ("chillen"), die
Versicherungsmathematik studiert haben. Genauso gut muß man sich am
Bahnschalter überlegen, wann man mit wem wohin fährt. Die Unternehmen passen
sich an den Kunden an und der Kunde an die Unternehmen. Diese Nähe ist ein
großes Problem und eine große Chance. Dieses Thema kann man nicht mit
Metaphern der Art diskutieren, daß man "Daten" wie Handelsgüter (2 kg
Apfelsinen) interpretieren zu können meint. Aber was rede ich.


> , fürchtet
> ACLU. Die Grundlage, dies zu verhindern, sei mit dem vierten
> Verfassungszusatz[6] zum Schutz der Bürger vor unberechtigten Zugriffen auf
> Person und Besitz eigentlich seit Jahrhunderten vorhanden.

An dieser Stelle wird klar, daß die ACLU eben nicht lediglich aus Betonköpfen
besteht. Das Fourth Amendment ist durchaus der richtige Ansatz, weil er nicht
an Daten jedweder Verarbeitungsart ansetzt, sondern an eine tatsächliche
Kommunikation zwischen Menschen. Einem Datenschutzfundamentalisten kann das
nicht gefallen, weil es die Dinge viel differenzierter aussehen läßt. James
Boyle, Professor an der Duke Law School und Aktivist der ACLU, spricht das
aus.

Spiros Simitis, der Vertreter der deutschen Datenschützer, sagt:"Kurzum: eine
demokratische Gesellschaft zeichnet sich auch und gerade durch die
Bereitschaft aus, weniger wissen zu wollen als sie wissen könnte."
Nicht nur der apodiktische Stil ("Kurzum."), sondern auch der Inhalt klingt
für mich so:"Unwissenheit ist Stärke." (Losung in "1984"). Aber ich bin
paranoid.



-- 
To unsubscribe, e-mail: debate-unsubscribe@lists.fitug.de
For additional commands, e-mail: debate-help@lists.fitug.de