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Re: [Debate]Schäuble: Unschuldsvermutung aufheben



Thomas Stadler schrieb:

>> Viele entnehmen deswegen Herrn Schäubles Äußerung die Aussage, daß mit
>> der Unschuldsvermutung auch wirklich die Unschuldsvermutung im
>> Strafrecht gemeint sei.
>
> Er kann keine andere gemeint haben, weil es keine andere gibt.

Das wissen wir. Das weiß auch Herr Schäuble. Das ist sonst aber
weitgehend unbekannt, schon weil es dem Durchschnittsbürger bereits
große Schwierigkeiten bereitet, Straf- von Zivilrecht zu trennen,
geschweige denn Straf- von Polizeirecht.

So schreibt auch Heise [1]:
|  Andererseits läutet der Vorstoß mit der Vorratsdatenspeicherung eine
|  Umkehr bestehender Datenschutzbestimmungen und die Aufgabe der
|  Unschuldsvermutung ein.

Das ist natürlich schon deshalb Unsinn, weil eine Datenspeicherung
*vor* der Tat nicht strafprozessual bzw. repressiv, sondern nur
präventiv sein kann, und daher mit der strafrechtlichen
Unschuldsvermutung gar nichts zu tun hat.

Das ist nur eines von vielen Beispielen, in denen außerhalb des
Strafrechts von einer angeblich bestehenden Unschuldsvermutung
gesprochen wird. Daß es eine solche nicht gibt, und warum das so ist,
zu erläutern, ist also offensichtlich erforderlich.

> Herr Schaeuble kann jetzt auch sagen, er haette nur die Einschraenkung 
> der Unschuldsvermutung in einem Bereich gefordert, in dem sie ohnehin 
> nicht gilt.

Wo steht denn überhaupt, daß Schäuble das gefordert habe?

Ich zitiere noch einmal:

| Bei der Terrorbekämpfung kann der Grundsatz der Unschuldsvermutung nach
| Ansicht von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht gelten.

Der Grundsatz kann da nicht gelten. Nicht "muß eingeschränkt werden".
Nicht "soll abgeschafft werden". Sondern genau, was auch Du schreibst:
"gilt dort nicht, kann dort nicht gelten".

>> Zum anderen spricht er von der Gefahrenabwehr und der dortigen
>> Notwendigkeit der Aufweichung von rechtsstaatlichen Grundsätzen. Viele
>> entnehmen deswegen Herrn Schäubles Äußerung die Aussage, daß der
>> begründete Anfangsverdacht als Grundlage der Ermittlungsarbeit entfallen
>
> Auch das ist leider schief. 

Ja, eben. :)

> Anfangsverdacht und Ermittlungsverfahren sind ebenfalls Rechtsbegriffe, 
> die ausschließlich dem repressiven Bereich der Strafverfolgung 
> entstammen und nicht der praeventiv-polizeilichen Gefahrenabwehr.

Ja, eben.

> Wenn die konkrete Gefahr einer Rechtsverletzung besteht, dann sind zur 
> Abendung der Gefahr sogar Maßnahmen gegen Unbeteiligte denkbar. 

Ja. Eben.

Was für ein Glück, daß Du nicht Bundesinnenminister bist, und das hier
kein Interview. ;)

Grüße,
-thh
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