Re: Schulen ans Netz, war Re: ruettgers im tv

[Holger Bruns <holger@deep.hb.provi.de>]

At 20:33 08.12.1996 +0100, Wolfgang Bartsch wrote:

>> Man sollte mal in drei Jahren
>> in den Schulen nachfragen: "Liebe Kinder, was heisst TCP/IP? - Kennt Ihr
>> denn schon Archie? - Hattet Ihr denn schon mal eine Telnet-Verbindung? - Was
>> hat es mit dem 7-Schichten-Modell nach OSI auf sich?" Wetten, dass das noch
>> nicht einmal die Lehrer wissen?
>
>Warum soll das fuer einen "Benutzenden" von Netzdiensten auch wichtig sein?
>Welcher Telefonbenutzer weiss denn, was CTITT (oder so) ist? Ich jedenfalls
>nicht (so genau), und ich kann trotzdem telefonieren. Oder noch viel einfacher:
>wozu muss ich wissen, was ISDN ist. Es funktioniert halt (meistens).
>Mehr muss ich nicht wissen.

Und das ist der von Dir erwuenschte Ausbildungsstand in der Schule! Zum
Glueck sehen das die Lehrer, die ich kenne, anders. Ich bin der Meinung,
dass es schoen ist, wenn man moeglichst viel kann und weiss. Ausserdem
bezweifele ich, dass jemand das Internet verstehen kann, wenn er ueber
keinerlei Hintergrundwissen verfuegt und verfuegen will. Wissensvermittlung
ist aber das Ziel des Schulunterrichts.

>In meiner ganz privaten Kampagne "Eltern ans Netz" war es mir auch nur
>wichtig, dass meine Eltern lernen, mit Emails und einigen Onlineservices
>umzugehen, u.a. damit wir Kontakt halten konnten, als ich laengere Zeit
>im Ausland war. Und ich habe meinen Eltern dafuer keinen Account auf
>meinem Rechner eingerichtet, sondern habe sie bei CompuServe angemeldet.
>Und das war voellig ausreichend, um sie ans Netz zu bringen. Inzwischen
>koennen sie mit Email und WWW umgehen, aber haben keine Ahnung von OSI
>oder tcpip. Ja und?

Ja und! Deine Eltern sind nicht die Kinder an den Schulen, die sowas wie
einen Bildungsanspruch haben. Darin liegt ein heftiger Unterschied. 

Ich weiss matuerlich, dass es eine Menge Leute gibt, die sich auch sagen:
"Wozu soll ich wissen, warum mein Auto faehrt. Es klappt ja auch, ohne dass
ich das weiss." Und das sind dann die Leute, denen keine Macht der Welt den
Zusammenhang zwischen Waldsterben und KFZ-Verkehr beibringen kann. 

Oder im Computersektor: Es gibt eine Menge Leute, die grade mit der Maus auf
dem Bildschirm herumklicken koennen, die aber voellig hilflos sind, wenn es
mal darueber hinausgeht - wenn sie vielleicht auch nur ihre DOSenware neu
konfigurieren muessen. Das geht dann soweit, wie ich es bei
Servicetechnikern einer in Bremen ansaessigen Computerfirma erleben durfte:
Die schmeissen ganze Pentiumrechner in den Muell, weil ein Jumper falsch
gesetzt ist, und weil sie - die Techniker!!! - damit schon nicht mehr
klarkommen. Also, um es polemisch auszudruecken: 99 Prozent aller
PC-Anwender sind doof. Aber das ist noch lange kein Grund, sich selber doof
zu machen und die Doofheit zum verbindlichen Lebensprinzip fuer alle zu erheben.

Viele Gruesse,
Holger Bruns