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Re: Dem Internet ist es egal, wie man es speichert



Wau:
> Roland Dieterich zu Holger Veit:
> (...)
> >Zu jeder professionellen Archivierung gehoeren Redundanz (Stichwort:
> >Alexandria) und regelmaessiges, moeglichst rauschfreies Umkopieren auf
> >neue Medien (Stichwort: Bibel). Die Techniken dafuer haben sich in den
> >letzten Jahrzehnten rasant verbessert.
> 
> Eines der ersten CD-Projekte war eine Ansammlung vieler
> Bibel-Versionen auf einer CD. Die wussten schon, warum.

Bemerkenswerterweise ist in der c't vom Montag ein Artikel ueber die
Kirchen im Internet... Du sprichst hier ueber christliche Sekten, die den
Zeitgeist schneller gerafft haben als die Dinos.

> >Aus genau diesen Gruenden ist das auch nix fuer irgendeinen
> >Freiwilligenverein (Stichwort: Projekt Gutenberg), sondern etwas fuer
> >eine gesellschaftlich finanzierte, professionell ausgestattete
> >Institution mit definiertem Auftrag (Stichwort: Die Deutsche
> >Bibliothek).
> 
> Genau das muss in die Koepfe der Entscheidungstraeger rein.
> Das Land, das mit der Bereitstellung der Wissensbasis in
> seiner Landessprache schneller fertig ist, hat den Vorteil Zeit.

Huebsche Vorstellung: mit HTML-Bibeln das Pornternet austrocknen.
Allerdings: wenn man sich ueberlegt, was der Schmier kostet: Das sollte man
doch besser fuer Strassen- und Museumsbau ausgeben oder an Arbeitsamt,
Krankenkassen oder Terrine des Hommes ueberweisen.

Weitere Assoziationen: Untertanen, die lesen koennen, sind gefaehrlich.
Schliesst Leihbibliotheken, reduziert den Uni-Bibliotheks-Bestand an
Schriften und Periodika. "Wieder so ein verdammt dickes Buch, nich', Mister 
Gibbon? Kritzeln, kritzeln, immer kritzeln, nich' Mister Gibbon?" [*]. Der
Libero, von liber,libri, lat. das Buch, d.h. der Spieler auf dem Platz,
der lesen und schreiben kann. Wir sind eine optische Gesellschaft, weswegen
TV so beliebt ist. Webseiten, bei denen mehr Worte als Bilder zu sehen
sind, sind unattraktiv. Moechte hier jemand Marcel Proust auf die Suche
nach der verlorenen Downloadzeit folgen, als PDF-File von ca. 587MB, via
28,8K Modem?

Wer klickt, um das aktuelle Schrifttum zu ergruenden, macht sich des
Plattmachens des Buchhandels-, Verleger- und Schriftstellerlobby und
entsprechenden Industrien mitschuldig.

Und: Ich lese am liebsten in der Badewanne. Das geht mit Buechern und
ggf. Textmarker am besten. Mit Notebook und PCMCIA-Modem macht sowas
verdammt wenig Spass, da ich dann kein Wasser einlassen kann. Vom wenig
augenfreundlichen Starren auf ein "N" in der rechten oberen Ecke eines
Bildschirms abgesehen.

Immerhin: ich wuerde meinen Hintern nicht mehr erheben muessen, um in den
Nebenraum zu meinem Regal zu gehen, wenn ich ein Zitat suche, da es nur
noch ein paar Rattenklicks entfernt ist.

P.S.: Dieser Text ist smileyfreie Zone. Fuer Missverstaendnisse und
Fehlinterpretationen ist der Leser alleinverantwortlich.

[*] Herzog von Gloucester zu Edward Gibbon bei der Veroeffentlichung des
Buches "Decline and Fall of the Roman Empire", 18. Jahrhundert,

-- 
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