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Copyrighttransformation (was:Re: International Lyrics Server wegen Copyright-Verletzung geschlossen)



Hi Martin,

> Martin Schulze created on 23.01.1999 at 14:21:56 following message:

---[...]---

>Mit dem Copyright ist das so eine Sache, darf ich das Skript einer
>Radiosendung so ohne weiteres ins Web legen?  Oder waere das auch
>bereits eine Copyright verletzung?  Genauso wie der Text eines Liedes,
>das ich gut finde und weiter publik machen moechte.

Ich moechte anknuepfen an meine vorherige Mail.
Wenn wir die Weiterentwicklung der Wissenschaften und Kultur
(die wiederum auch einen Wissenschaftszweig im Bereich der
Kunst/Aesthetik bildet) zurueckverfolgen, so koennen wir sehen,
dass sie sich staendig weiterentwickelt hat, indem Forscher/Wissenschaftler
an das vorgefundene Wissen angeknuepft haben. Gerade meine
Auseinandersetzung mit der Philosophie, ausgehend von meinem
Lieblingsphilosophen Hegel hat mir gezeigt, dass es "geistiges Eigentum"
eigentlich gar nicht gibt. Viele scheinbar neue Ideen wiederholen nur
das, was Menschen schon lange Zeit vorher gedacht haben.
In der Musikwissenschaft ist es nicht viel anders... - und heute
vervielfaeltigt sich das Wissen, die Verknuepfungen koennen noch schneller
hergestellt werden, so dass das Copyright unter der Betrachtung der
gesellschaftlichen Gesamtarbeit immer absurder wird.

Es ist allein ihr Verwertungscharakter, der auf der einen Seite den
schaffenden Produzenten von seinem Produkt enteignet - auf der anderen
Seite damit das "Copyright" aber auch aushoehlt. Die Wertbesitzenden
der enteigneten Erfinder/Forscher/Kuenstler/Autoren sind das eigentlich
Absurde
und Anstoessige, fuer die sich auch noch Legislative, Judiktive und
Exekutive in Bewegung setzen ... - um "die offene Gesellschaft" (Popper)
moeglichst zu
kontrollieren und einem Ver- und Entschluesselungskrieg mit permanenter
Einbruchsgefahr zu huldigen. Aber davon "leben" sie, wie die Versicherungen
von der Angst und sie sind so eingebunden in die Verteidigung des
Privateigentums, dass sie gar nicht bemerken, dass es sich vor ihren Augen
bereits in gesellschaftliches verwandelt hat.

Oder nehmen wir zum Vergleich die materielle Produktion im weiteren
Sinn von "hardware": muessten nicht die Namen aller Arbeitenden, die das
jeweilige Produkt hergestellt haben, auf der Verpackung der Ware stehen,
so dass die Kaeufer denjenigen danken koennen, die zu den wirklichen
Produzenten gehoeren?

Das Netz vergesellschaftet Wissen, die globalisierte Oekonomie auf
Microelektronikbasis transnationalisiert die Produktion.
Wert- und Eigentumscharakter sowie Nationalstaaten sind anachronistisch
geworden. Aber die anachronistische Verwertungskaste geht gegen diese
Wahrheit ebenso so extrem vor, wie die dunklen Kraefte der
feudalistischen Inquisition gegen Kepler's Mutter, Galileo und viele
weitere "Antichristen" vorgingen.

Doch nun moechte ich auf die eigentliche, oben gestellte Frage
zurueckkommen:
Wie koennen wir uns unangreifbarer gegen Strafverfolgung machen?

Ich denke, dass wir das koennen, wenn wir wissenschaftlich-kreativ an
Vorgefundenes anknuepfen. Das koennte so aussehen, dass Du zwar das
Skript der Radiosendung ins Web stellst, nachdem Du Dich mit den
Autoren darueber verstaendigt hast und "die Quelle" voller Dank nennst,
aber Du gleichzeitig eine Rezension darueber schreibst und dazu aufrufst,
an dem Thema weiterzuarbeiten.

Aehnlich verhaelt sich das mit dem Text eines Liedes, das Dir gefaellt.
Warum solltest Du nicht weitere Strophen hinzudichten und dazu aufrufen,
dass das andere ebenfalls tun moechten? Warum nicht Komponist/innen bitten,
musikalisch damit zu experimentieren?
Und dies kannst Du ja auch in die dafuer geeigneten
Newsgroups/Mailinglisten/Foren posten... (und diejenigen, die angefangen
haben, sich darueber Gedanken zu machen, dazu einlaedst...)

Z.B. wird ja auch linux staendig kollektiv weiterentwickelt.
Warum sollte das nicht mit vielem anderen qualitaetsvollem auch so gemacht
werden:-)?
Das waere die Weiterentwicklung gesellschaftlich-produktiver Taetigkeit hin
zur kollektiven, kreativen Arbeit auf Basis des open source ... und die
wirklich "offene Gesellschaft" wissenschaftlicher Vernetzung und
interdisziplinaeren Zusammenarbeit.

Was steht dem im Wege wenn nicht wir selbst und unsere Angst, oder?

angelika
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