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Re: Telekommunikationsfreiheit



In schulung.lists.fitug-debate you write:
>Er meint, wenn jemand einen Service anbietet, dann kann das
>IFPI oder FvG den Service abrufen, wenn er sich an die
>Allgemeinheit richtet.

Das ist aber genau nicht notwendig der Fall. Der Schmutzscanner
von Jugendschutz.NET funktioniert nun einmal nur genau so lange,
wie deren IP-Nummernraum nicht allgemein bekannt ist. Sonst
bekaemen die naemlich nur Bluemchensex zu sehen, wo der Rest der
Kundschaft nackte Tatsachen sieht. Und das ist noch ein
trivialer Fall.

>Das ist wohl eher gegen den von Sierk geforderten
>Gesetzesvorbehalt gerichtet, den wir im Datenschutz ja haben.
>Irgendwie wäre es komisch, dann mit zweierlei Mass zu messen.
>Du kannst das IFPI auch nicht zur Blindheit zwingen.

Ich kann denjenigen Leuten, die ich identifizieren kann (gleich
wie und gleich wie sicher) massgeschneiderte Inhalte liefern,
die ihren Erwartungen entsprechen. Das Web ist kein
Massenmedium, sondern es besteht aus massenhaften individuellen
Abrufen, die ich nach meinen Beduerfnissen und denen der Abrufer
individualisieren kann - je nachdem, wieviel Aufwand ich in
diese Individualisierung hineinstecken moechte. Das Internet ist
nun einmal ein System, das auf technischer Ebene fundamental auf
Individualkommunikation basiert und nur fuer einige unbedarfte
Juristen wegen schlampiger Individualisierung durch einige
Anbieter voruebergehend den optischen Eindruck eines
Massenmediums erweckt.

Aber in seinem Wesenskern ist es eben immer und ueberall
staendig Individualkommunikation und daher kann ich die
"Oeffentlichkeit" jederzeit zusammenbrechen lassen, wenn es mir
opportun scheint. Sei es, indem ich Webmailinterfaces aufsetze
(privater gehts nimmer), sei es, indem ich Slashdot-Threads
anzettele, die zwar "oeffentlich" sein, aber faktisch ausserhalb
dieser Liste wahrscheinlich nie von jemandem gefunden werden,
sei es, indem ich bei gleichbleibender URL nach Belieben
wechselnde Inhalte liefere. 

Wer von Euch glaubt denn wirklich, dass
http://www.koehntopp.de/php nicht die Startseite eines
Pornoservers ist, sondern technischen Support fuer PHP liefert?
Was gibt Euch Grund zu der Annahme, dass dem wirklich so ist?
Ihr verwendet nur den falschen User-Agent und die falsche
Nationalsprach-Einstellung (Ich bin schon auf die Auswertung des
Mai-Logs gespannt :-).

>Wenn Konzepte (wie Hertas neuer Plan) sich am Empfänger
>orientieren, dann offenbaren sie lediglich Planlosigkeit im
>technischen wie im juristischen Sinne.

Dem Ganzen liegt doch ein Plan zugrunde. 

Er lautet: Wir kriegen hier niemanden richtig zu fassen, weil
niemand unserer gewohnten Ansprechpartner mehr da ist (->
mittlerfreie Kommunikation). Also konstruieren wir
Mittlerverantwortung wo keine mehr ist und greifen uns einfach
irgendjemanden, egal wen, in der Hoffnung, etwas zu bewirken:
Napster ist ploetzlich verantwortlich fuer die Eintraege, die
Dritte in deren Suchmaschine machen. Provider sind ploetzlich
fuer dieses und jenes haftbar, was sie nicht zu verantworten
haben. Der deutsche Provider, der einen Nameserver betreibt fuer
eine auslaendische Site, die im Ausland Glueckspiel betreibt ist
ploetzlich gezwungen, diesen Nameserver-Eintrag zu loeschen.

Nur mit unserer Rechtsordnung hat das nix mehr zu tun. Weil
mittlerfreie Kommunikation eben ein Novum ist und mit unserer
bisherigen Rechtsordnung fundamental inkompatibel ist: Bisher
gab es immer einen Dritten, der das ganze beaufsichtigt hat. Und
nun ist mit einem Mal alles "privat", also individuell zwischen
zwei Parteien.

Kristian