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[FYI] RA Weinknecht zu RPS: "Damit wäre der Gedanke des Internet als weltweite Kommunikationsplattform zerstört."
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- Subject: [FYI] RA Weinknecht zu RPS: "Damit wäre der Gedanke des Internet als weltweite Kommunikationsplattform zerstört."
- From: "Axel H Horns" <horns@t-online.de>
- Date: Fri, 9 Jun 2000 14:24:27 +0200
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SPIEGEL ONLINE - 09. Juni 2000, 13:24
URL: http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,79731,00.html
Recht virtuell Elektronische Grenzen im Internet?
Von Jürgen Weinknecht
Die IFPI-Initiative und das Urteil gegen AOL brachten wieder einmal
"Grenzen für das Internet" ins Gespräch. Entgegen der ersten
Wahrnehmung, meint Rechtsanwalt Jürgen Weinknecht, ermögliche auch
die neue E-Commerce-Richtlinie der EU weiterhin eine Zensur ganzer
Web-Adressen. "Damit wäre der Gedanke des Internet als weltweite
Kommunikationsplattform zerstört."
[...]
Die deutsche Landesgruppe der Internationalen Vereinigung der
Tonträgerhersteller IFPI hat diese Entscheidung benutzt, um das von
ihr gewünschte Right Protection System (RPS) zum Schutz vor Internet-
Missbrauch und Urheberrechtsverletzungen zu propagieren. Diese
Software, die den gezielten Zugriff von Internetbenutzern auf
bestimmte URLs (Internet-Adressen) unterbinden kann, soll nach dem
Willen der IFPI auf allen Rechnern derjenigen rund 50 bis 70 Internet-
Provider installiert werden, die eine Auslandsverbindung herstellen
und damit quasi das deutsche mit dem weltweiten Internet verbinden.
Dadurch ließe sich der Zugriff auf solche Server unterbinden, auf
denen sich Raubkopien befinden. Die IFPI sieht die gesetzlichen
Grundlage für eine solche Maßnahme in Paragraf 5 Absatz 4
Teledienstegesetz (TDG) und den Paragrafen 97 (Unterlassungsanspruch)
und 111a (Grenzbeschlagnahme) Urhebergesetz (UrhG).
Die am 4. Mai 2000 vom Europäischen Parlament verabschiedete, so
genannte E-Commerce Richtlinie macht das Vorhaben der IFPI entgegen
der Ansicht vieler Kommentatoren nicht unmöglich. Zwar ist in Absatz
1 des Artikels 12 der Richtlinie vorgesehen, dass die
Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht
dafür sorgen müssen, dass Provider für die reine Durchleitung von
Daten nicht verantwortlich sind. Allerdings kann gemäß Absatz 3 des
Artikels 12 jedes Gericht und jede Verwaltungsbehörde in einem
Mitgliedsstaat nach dem nationalen Recht von jedem Provider
verlangen, eine Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern;
Entsprechendes gilt für das Caching nach Artikel 13 der Richtlinie.
Diese Regelungen entsprechen denen in den Absatz 3 und 4 des
deutschen Teledienstegesetzes. Die von der IFPI angesprochenen
Provider mit Auslandsverbindung vermitteln nur den Zugang zu fremden
Inhalten, sie halten sie nicht selbst bereit. Die grundsätzliche
Verantwortung als so genannter "Mit-Störer" nach den allgemeinen
Gesetzen bleibt daher auch nach der EU-Richtlinie erhalten.
[...]
Unzutreffend ist in einigen Beiträgen auch, dass die EU-Richtlinie in
Artikel 15 den Einsatz solcher Filtersysteme, wie zum Beispiel des
RPS, verbietet. Denn Artikel 15 verbietet lediglich, den Providern
eine allgemeine, anlasslose Überwachungs- und eine eigene, aktive
Ausforschungspflicht aufzuerlegen.
Das verlangt die IFPI aber auch gar nicht. Sie will den Providern
vielmehr eine aufgrund ihrer eigenen Nachforschungen entstandene
Negativliste mit URLs zur Verfügung stellen. Nach Artikel 12 Absatz 3
der EU-Richtlinie müsste die IFPI allerdings jede URL zuvor von einem
Gericht oder einer Verwaltungsbehörde absegnen lassen, sobald die
Richtlinie in nationales Recht umgesetzt ist.
Der IFPI-Vorschlag eines RPS könnte allerdings aus einem anderen
Grund scheitern: Paragraf 5 Absatz 4 TDG verpflichtet zur Sperrung
rechtswidriger Inhalte nach den allgemeinen Gesetzen. Nach Ansicht
der IFPI wäre ein solches Gesetz Paragraf 97 UrhG (Anspruch auf
Unterlassung bei Urheberrechtsverletzung). Der Anspruch könnte im
Wege einer "virtuellen" Grenzbeschlagnahme durchgeführt werden.
Allerdings sieht der dafür einschlägige Paragraf 111a UrhG vor, dass
diese durch die Zollbehörde durchgeführt werden muss, innerhalb der
EU allerdings nur, wenn tatsächlich Kontrollen durch Zollbehörden
stattfinden. Es würde sicher der weitgehenden Abschaffung solcher
Kontrollen und damit dem Grundgedanken des Schengener Abkommens
widersprechen, wenn elektronische Grenzkontrollen eingeführt würden.
Die Gefahr solcher virtuellen Grenzen wäre zudem, dass auch alle
anderen Inhaber immaterieller Rechte, wie zum Beispiel die Inhaber
von Marken- und Kennzeichenrechten (beispielsweise Firmennamen,
Buchtitel) ebensolche Grenzen verlangen würden. Dies könnte faktisch
dazu führen, dass nur noch ein Bruchteil der weltweiten Internet-
Adressen in Deutschland abrufbar wären. Damit wäre der Gedanke des
Internet als weltweiter Kommunikationsplattform zerstört.
Der Rechtsanwalt Jürgen Weinknecht ist Spezialist für Medien- und
Internetrecht. Für SPIEGEL ONLINE kommentiert er exklusiv aktuelle
Entwicklungen des Webs aus juristischer Perspektive.
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