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Softwarepatente
- To: debate@fitug.de
- Subject: Softwarepatente
- From: "Axel H Horns" <horns@ipjur.com>
- Date: Fri, 28 Jul 2000 16:41:30 +0000
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- Reply-to: horns@ipjur.com
- Sender: owner-debate@fitug.de
Es wird immer wieder behauptet, die Patentaemter wuerden
"Softwarepatente" erteilen, also Patente auf Software. Stimmt das
eigentlich im strengen Sinne?
Also, ich habe in einem _erteilten_ Patent noch _nie_ einen
Patentanspruch gesehen, der etwa wie folgt aussieht:
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1. Computerprogramm, bestehend aus folgender Befehlsfoge:
public class JasminVisitor implements Visitor, Constants {
private JavaClass clazz;
private PrintWriter out;
private String class_name;
private ConstantPoolGen cp;
public JasminVisitor(JavaClass clazz, OutputStream out) {
this.clazz = clazz;
this.out = new PrintWriter(out);
class_name = clazz.getClassName();
cp = new ConstantPoolGen(clazz.getConstantPool());
}
/**
* Start traversal using DefaultVisitor pattern.
*/
public void disassemble() {
new DefaultVisitor(clazz, this).visit();
out.close();
}
[...]
}
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Selbst wenn irgendwo auf der Welt ein Patentamt sich finden wuerde,
einen derartigen Anspruch zu gewaehren, muesste der Anmelder (bzw.
dessen Vertreter) schon mit dem Klammebeutel gepudert sein, sich
darauf einzulassen, denn der Schutzbereich waere um eine bestimmte
linguistische Ausdrucksform herum zentriert und darum anfaellig fuer
Umgehungsloesungen.
Was es natuerlich en masse gibt, sind Patentansprueche, die
_Algorithmen_ beinhalten. Algorithmen sind im patentrechtlichen
Kontext eine Abstraktion ueber einer Klasse von bei der Ausfuehrung
in gleicher Weise wirkenden sprachlichen Ausdrucksformen und daher
schwerer zu umgehen.
Wenn man den Begriff des Algorithmus ganz weit auffasst und
insbesondere nicht auf die IT beschraenkt, gehoert auch ein
chemisches "Kochrezept" (Sprich: ein chemisches Verfahren zur
Synthese von XYZ) dazu: Man nehme ... und koche ... und ruehre ....
usw.usf. Kontrovers geworden sind insbesondere im Hinblick auf die
langfristigen Ueberlebensaussichten geGNUter Open Source Software
Patentansprueche mit solchen Algorithmen, die ueblichewerweise auf v.
Neumann'schen Universalrechnern auszufuehren sind, beispielsweise ein
Verfahren zum Komprimieren von Bilddaten usw. usf.
Die bisherige politische Softwarepatentdebatte zentriert sich -
soweit ich es erkennen kann - um die Frage, ob es den Patentaemtern
erlaubt sein soll, Patentansprueche zu _erteilen_, die solche
algorithmenartigen Merkmale enthalten, welche normalerweise auf die
Ausfuehrung mittels eines v. Neumann'schen Universalrechners zielen.
Von Patenten, die derartige Ansprueche beinhalten, sagt man im
neueren Sprachgebrauch, es seien "Softwarepatente". Eigentlich sind
es "informationstechnische Algorithmenpatente".
Soweit diese Debatte nicht nur polemisch, sondern auf akzeptablem
fachlichen Niveau gefuehrt worden ist, scheint deutlich geworden zu
sein, dass es bislang auch niemandem aus dem Lager der Kritiker der
bisherigen Patentpraxis gelungen ist, ein konhaerentes ueberzeugendes
Begriffsraster vorzuschlagen, mit dem in Patentanspruechen zwischen
markrooekonomisch mit positiven (zumindest ohne gravierende negative)
Folgen monopolisierbaren Algorithmen (hier wieder im weitesten Sinne
verstanden) wie chemischen Verfahren und makrooekonomisch nur mit
negativen Folgen monopolisierbaren Algorithmen (z.B. solche, die
normalerweise nur auf v. Neumann'schen Universalrechnern ausgefuehrt
werden) unterschieden werden kann. Die Ursache hierfuer liegt darin,
dass sowohl die proprietaere Kraftstoffeinspritzung in einem
Verbrennungsmotor als auch die Darstellung eines Grafik-Objektes auf
einem Bildschirm eines LINUX-PCs auf der gleichen Sorte von
Universalmaschine abgewickelt wird. Ich sehe keine Moeglichkeit einer
stringenten Unterscheidung im Erteilungsverfahren mehr.
Ich habe auch den Eindruck, dass wenig Bedenken dagegen bestehen,
dass Motorenhersteller sich gegenseitig Geld fuer Patentlizenzen
abknoepfen duerfen, wenn sie z.B. patentierte Algorithmen zur
Motorsteuerung einsetzen wollen.
Das eigentliche rechtspolitische sich ausformulierende und
markrooekonomisch begruendete Problem scheint mir doch eher in der
Verletzungsfrage zu liegen, naemlich dass es z.B. ohne weiteres
moeglich ist, mit einem unentgeltlich erstellten geGNUten Linux-
Kernel (mittelbare) Patentverletzungshandlungen zu begehen.
Sollte die politische Softwarepatentdiskussion daraus Konsequenzen
ziehen und wegkommen von der Frage, ob und welche Patentansprueche
mit algorithmischem Charakter die Patentaemter erteilen duerfen
sollen, zugunsten der Frage, wie die Patentverletzungstatbestaende
auszugestalten waeren, an die dann die Verletzungsgerichte gebunden
sind?
http://transpatent.com/gesetze/patg1.html#9
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§ 9 [Wirkung des Patentes]
Das Patent hat die Wirkung, daß allein der Patentinhaber befugt ist,
die patentierte Erfindung zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten,
ohne seine Zustimmung
1.ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen,
anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den
genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
2.ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder,
wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich
ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des
Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses
Gesetzes anzubieten;
3.das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist,
unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen
oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen
oder zu besitzen.
§ 10 [Verbotene Verwendung von Mitteln zur Benutzung der Erfindung]
(1) Das Patent hat ferner die Wirkung, daß es jedem Dritten verboten
ist, ohne Zustimmung des Patentinhabers im Geltungsbereich dieses
Gesetzes anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung
berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element
der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im
Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten oder zu liefern, wenn der
Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß
diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der
Erfindung verwendet zu werden.
(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich bei den Mitteln um
allgemein im Handel erhältliche Erzeugnisse handelt, es sei denn, daß
der Dritte den Belieferten bewußt veranlaßt, in einer nach § 9 Satz 2
verbotenen Weise zu handeln.
(3) Personen, die in § 11 Nr. 1 bis 3 genannten Handlungen vornehmen,
gelten im Sinne des Absatzes 1 nicht als Personen, die zur Benutzung
der Erfindung berechtigt sind.
§ 11 [Erlaubte Handlungen]
Die Wirkung des Patents erstreckt sich nicht auf
1.Handlungen, die im privaten Bereich zu nichtgewerblichen Zwecken
vorgenommen werden;
2.Handlungen zu Versuchszwecken, die sich auf den Gegenstand der
patentierten Erfindung beziehen;
3.die unmittelbare Einzelzubereitung von Arzneimitteln in Apotheken
auf Grund ärztlicher Verordnung sowie auf Handlungen, welche die auf
diese Weise zubereiteten Arzneimittel betreffen;
4.den an Bord von Schiffen eines anderen Mitgliedstaates der Pariser
Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums
stattfindenden Gebrauch des Gegenstands der patentierten Erfindung im
Schiffskörper, in den Maschinen, im Takelwerk, an den Geräten und
sonstigem Zubehör, wenn die Schiffe vorübergehend oder zufällig in
die Gewässer gelangen, auf die sich der Geltungsbereich dieses
Gesetzes erstreckt, vorausgesetzt, daß dieser Gegenstand dort
ausschließlich für die Bedürfnisse des Schiffes verwendet wird;
5.den Gebrauch des Gegenstandes der patentierten Erfindung in der
Bauausführung oder für den Betrieb der Luft- oder Landfahrzeuge eines
anderen Mitgliedstaates der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz
des gewerblichen Eigentums oder des Zubehörs solcher Fahrzeuge, wenn
diese vorübergehend oder zufällig in den Geltungsbereich dieses
Gesetzes gelangen;
6.die in Artikel 27 des Abkommens vom 7. Dezember 1944 über die
internationale Zivilluftfahrt (BGBl. 1956 II S. 411) vorgesehenen
Handlungen, wenn diese Handlungen ein Luftfahrzeug eines anderen
Staats betreffen, auf den dieser Artikel anzuwenden ist.
§ 12 [Beschränkung der Wirkung gegenüber Benutzer]
(1) Die Wirkung des Patents tritt gegen den nicht ein, der zur Zeit
der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen
oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Dieser
ist befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs
in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen. Die Befugnis kann
nur zusammen mit dem Betrieb vererbt oder veräußert werden. Hat der
Anmelder oder sein Rechtsvorgänger die Erfindung vor der Anmeldung
anderen mitgeteilt und sich dabei seine Rechte für den Fall der
Patenterteilung vorbehalten, so kann sich der, welcher die Erfindung
infolge der Mitteilung erfahren hat, nicht auf Maßnahmen nach Satz 1
berufen, die er innerhalb von sechs Monaten nach der Mitteilung
getroffen hat.
(2) Steht dem Patentinhaber ein Prioritätsrecht zu, so ist an Stelle
der in Absatz 1 bezeichneten Anmeldung die frühere Anmeldung
maßgebend. Dies gilt jedoch nicht für Angehörige eines ausländischen
Staates, der hierin keine Gegenseitigkeit verbürgt, soweit sie die
Priorität einer ausländischen Anmeldung in Anspruch nehmen.
§ 13 [Beschränkung der Wirkung für öffentliche Wohlfahrt und
Staatssicherheit]
(1) Die Wirkung des Patents tritt insoweit nicht ein, als die
Bundesregierung anordnet, daß die Erfindung im lnteresse der
öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden soll. Sie erstreckt sich ferner
nicht auf eine Benutzung der Erfindung, die im lnteresse der
Sicherheit des Bundes von der zuständigen obersten Bundesbehörde oder
in deren Auftrag von einer nachgeordneten Stelle angeordnet wird.
(2) Für die Anfechtung einer Anordnung nach Absatz 1 ist das
Bundesverwaltungsgericht zuständig, wenn sie von der Bundesregierung
oder der zuständigen obersten Bundesbehörde getroffen ist.
(3) Der Patentinhaber hat in den Fällen des Absatzes 1 gegen den Bund
Anspruch auf angemessene Vergütung. Wegen deren Höhe steht im
Streitfall der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen. Eine
Anordnung der Bundesregierung nach Absatz 1 Satz 1 ist dem in der
Rolle (§ 30 Abs. 1) als Patentinhaber Eingetragenen vor Benutzung der
Erfindung mitzuteilen. Erlangt die oberste Bundesbehörde, von der
eine Anordnung oder ein Auftrag nach Absatz 1 Satz 2 ausgeht,
Kenntnis von der Entstehung eines Vergütungsanspruchs nach Satz 1, so
hat sie dem als Patentinhaber Eingetragenen davon Mitteilung zu
machen.
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Waere der rechtspolitische Hebel zur Sicherung der markooekonomischen
Effekte der OSS nicht eher im Bereich der §§ 9-13 PatG statt §1 PatG
zu sehen? Die Konsequenz waere, den Blick von den fuer die
Patenterteilung zustaendigen Patentaemtern wegzulenken hin zu den
fuer Patentverletzungen zustaendigen Kammern der Landgerichte. Wie
muessten diese Bestimmungen ggfs. geaendert werden?
Fragt sich
--AHH