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[FYI] Heisenews: Smudo vs. Napster | Smudos Stellungnahme



Folgende Zeilen moechte ich der Liste nicht
vorenthalten. Leider hatten wir am Dienstag ein paar
technische Probleme, daher kann ich die Mail auch erst
jetzt weiterreichen. Bei Replies bitte auch CC an
Smudo, ihm ist anscheinend sehr an der Diskussion
gelegen.


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Subject: Re: [FYI] Martin Schaefer: "Im Moment bahnt
sich die große Wende an."

Date: Thu, 17 Aug 2000 01:04:50 +0200    
From: "Michael B. Schmidt" <smudo@compuserve.com>  

[...]

Hi,

danke fuer die mail - äh - ich habe sie zwar nicht verstanden - was den
heise artikel angeht....

----schnipp-----
Hi alle,

Wie einige von euch wissen, engagiere ich mich bei
der sehr populaeren Diskussion um MP3 und Napster usw
fuer die Belange der Kuenstler. In diesem Zusammen-
hang werden gerade in letzter Zeit sehr viele Meldungen
im Umlauf gebracht wo Smudo hier und Smudo dort was
dazu zu sagen hat. In den meisten Faellen kann man
die Komplexitaet dieser Situation kaum in wenigen
Saetzen zusammenfassen. Bedauerlicherweise laesst es
die Statement-Lastige-Infoindustrie kaum zu, dass man
sich detailliert und umfassend zu etwas aeussern kann.
Ein Umstand den die Medienguerilla bereits anprangerte
und der sich selbstverstaendlich nicht geaendert hat 8-!
Ich moechte mit diesem Newsletter gerne den Anfeindungen
die mich in letzter Zeit eMailmaessig erreichen
entgegentreten und ein klares Statement zu den Dingen
geben. Gerade der Heise-Newsticker mit der Headline
"Smudo vs. Napster: Da kommt mir die Galle hoch!" hat
zu einer Menge Beleidigungsmails gefuehrt.
http://www.heise.de/newsticker/data/chr-15.08.00-000/

Selbstverstaendlich kommt mir weder bei dem Programm
Napster, noch bei dem Reizwort Napster und allem was
dazu gehoert (ja, auch ich kenne iMesh, Gnutella und
vieles vieles mehr) die Galle hoch, sondern bei der Art
und Weise wie darueber diskutiert wird. Mir persoenlich
liegt sehr viel daran, dass man grundsaetzlich
versteht, dass es auf kuenstlerischer Seite weniger um
Geld,  als um die Degradierung seiner Kunst geht, wenn
man das Gefuehl hat, man ist nur ein Sammelbildchen,
eine Gratisdatei die mal auf die Schnelle getauscht
wird. Man braucht nicht viel Weitsicht um zu begreifen,
dass es weder mir, noch Metallica, noch Madonna und
anderen Kritikern der Diskussion um Geld geht, sondern
eben um diese Degradierung, da ersteres zur Genuege
vorhanden ist. Ebenfalls missfaellt mir, dass bei
dieser Diskussion immer wieder gerne gegen die
Industrie geschimpft wird, ohne dabei auf den
tatsaechlich Betroffenen, den Kuenstler einzugehen.

Im Heise-Newsticker wird der Eindruck erweckt, mir
ginge es um Geld und dass ich ein grenzenloser Freund
der Musikindustrie bin. Stimmt natuerlich beides nicht.
Ich versuche ein sachlicher Beobachter zu sein und dort
fuer Kuenstler/Urheber einzutreten wo ich es fuer
sinnvoll halte.

Ich habe nichts gegen das Format Mp3. Ich biete selbst
ueber 100 Mp3-Files zum gratis-Download auf meiner
Homepage an und betreibe das MfG-Remixforum auf
MP3-Basis.

Ich kriminalisiere nicht pauschal den Napster- oder
sonstwie MP3-Downloader, sondern bin der Ansicht, dass
die meisten solche Dienste nutzen weil sie in erster
Linie bequem und einfach zu erreichen sind.

Ich bin der Ansicht, dass es ein Image-Ding ist, Musik
wertiger zu machen um den Kauf des Originals attraktiv
zu halten. Das ist Aufgabe der Musikindustrie UND der
Kuenstler.

Es ist mit Sicherheit naechtelange Philosophiererei
wert, ob Tauschdienste wie Napster den Musikverkauf
ankurbeln, weil man so auf mehr Musik aufmerksam wird
die man dann evtl. kauft oder ob es langfristig
schadet. Darueber gibt es bis jetzt keine Erhebungen.
Trotzdem bin ich der Ansicht, dass gerade langfristig
Techniken hermuessen, die es unbequem machen muessen
Musik gratis aus dem Netz zu beziehen. Der Online-
Freak wird immmer Wege finden, wenn es aber langfristig
so ist, dass nahezu jeder Musik gratis beziehen kann,
dann sehe ich darin eine grosse Gefahr fuer den
Kuenstler.

Eine kleine Detailinfo dazu am Rande: Die IFPI
(Phonohersteller- und Urheberrechtsverband) Deutschland
hatte als Experiment eine gefakte Mp3-Seite mit
populaeren, aber leeren, MP3-Songs geuppt und nur in
zwei Suchmaschinen annonciert. Innerhalb von vier
Wochen wurden ueber 17.000 (!) Plazebo-Mp3s gesaugt.
Eine der wenigen erhobenen Zahlen fuer das
Online-Potenzial. In jeder Hinsicht ;-)

Ich halte mich in diesen Diskussion nicht an so
institutionellen Schnickschnack wie Plattenfirmen,
Napsterbetreiber und "Courtney hat gesagt" und "Chuck D
hat gesagt" und "Metallica hat gesagt" und "Smudo hat
gesagt" und "ach, wenn CDs billiger werden" u.ae. auf,
auch wenn der HeiseNewsticker das anders darlegt. Mir
geht es um eine sachliche philosophische Diskussion.

Ich gebe zu Bedenken, dass es gefaehrlich ist
anzunehmen, dass Netz sei frei und anarchistisch, denn
das Gegenteil ist der Fall. Im Netz ist man weder
anonym noch un-hack-bar. Das Netz gehoert den
Infoanbietern und Telekomunnikationsfirmen. Wenn
niemand fuer die Wahrung der Urheberrechte eintritt,
spielt man die Macht den Infoanbietern zu. Es ist also
in jedermanns Interesse in JEDER HINSICHT skeptisch zu
sein und nicht nur die populaeren anti-establishment
Statements zu beklatschen, sondern auch zu untersuchen,
wer sich mit solchen Statements aus welchen Gruenden
schmueckt. Man ueberlege sich bitte auch warum ein
Heisenewsticker so kraeftige Headlines schreibt ?
Genau, denn auch er moechte gelesen werden und
"erfolgreich" sein. Die aktuelle Situation ist schlicht
so: Napster wie auch illegalen MP3-Angeboten wie
page4all u.ae. fliesst Aufmerksamkeit, Geld und Macht
zu, dank einer Ware (Musik) fuer die sie sich weder
ideel, noch finanziell, noch personell, eingesetzt
haben. Die Musik die ihr Angebot ueberhaupt erst
nutzenswert macht wurde von ihnen erst am Ende der
Enstehungskette abgegriffen. Das ist in jeder Hinsicht
ein Missverhaeltnis zwischen Urheber und Verwerter.

Ganz klar ist auch, dass auf der anderen Seite  eine
Menge Plattenfirmen stehen die in altmodischer 100%-
Loesungsansatz-Denke Schwierigkeiten haben, sich in
kleinen Schritten der neuen Entwicklung zu naehern. Auf
der anderen Seite ist mir niemand in der Musikindustrie
bekannt der *keine* Chancen online sieht.

Ausserdem ist "die Musikindustrie" kein boeser Mann
der am grossen Rad dreht, sondern eine Ansammlung von
vielen verschiendenen Zellen, die verschiedene
Interessen. Die Musikindustrie einfach so als Buhmann
hinzustellen ist zu einfach. Es wuerdigt auch nicht die
Arbeit vieler kleiner Labels die sehr viel Idealismus
und Kraft aufbringen kleine neue Talente zu entdecken,
bei denen Leute arbeiten die sehr viel mehr von Musik
verstehen als all die Musik- Tauschsoftware-Entwickler
zusammen.

Gerade weil diese Diskussion an vielen, auch populaeren
Stellen so schwarz-weiss diskutiert wird, liegt mir an
einer transparenten Diskussion im Sinne der Kuenstler
und der Musikliebhaber. Zur friedlichen informativen
Diskussion ist jeder eingeladen. Und nehmt nicht immer
alles woertlich was in der Zeitung oder sonst- wo
steht. Transparenz ist der Hauptgrund, warum ich eine
oeffentliche eMail-Adresse habe.

MfG
-Smudo
www.smudo.com
----schnipp----

Gruss
-Smudo
www.smudo.com
www.fourmusic.com

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MfG
Olaf

-- 
Best regards,
 Joerg-Olaf                          mailto:js@fx3.de