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[FYI] ICANN: Vox populi, vox Rindvieh



[Allein schon zur Ausloesung dieser Diskurse hat sich die Kandidatur
der derzeitigen Fvoriten gelohnt.   ;-)                     --AHH]

http://www.spiegel.de/druckversion/0,1588,92003,00.html

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SPIEGEL ONLINE - 06. September 2000, 08:41
URL: http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,92003,00.html

Icann-Vorwahlen

Revolte des Stimmviehs

Von Frank Patalong

Die Icann-Vorwahlen gehen ihrem Ende entgegen, das Ergebnis scheint
schon jetzt festzustehen: Klar vorn liegen Andy Müller-Maguhn und
Jeanette Hofmann. Das schmeckt der Icann nicht und wird von der
amerikanischen Industrie-Lobby misstrauisch beäugt: Läuft Icann
Gefahr, von "Hackern gehijacked" zu werden?

Am Freitag endet die Icann-Vorwahl, und noch immer liegen zwei
Deutsche vorn. Andy Müller-Maguhn vom Chaos-Computer-Club kam bis zum
Mittwochmorgen auf 2426 Stimmen, die Politikforscherin Jeanette
Hofmann auf 1052 Stimmen.

[...]

Auch auf Platz drei lag am Mittwochmorgen mit 803 Stimmen ein
Deutscher: Lutz Donnerhacke, Softwareentwickler für eine Firma in
Jena. [...]


Keine Chance für die Vertreter des "Kommerz"

Alle drei werden der "freien" Webszene zugeordnet, sind entweder dem
CCC oder der Fitug eng verbunden. Klar abgeschlagen sind die
Kandidaten, die von verschiedenen Industrielobby-Organisationen
gestützt werden. So scheint die Icann-Vorwahl zu einem Plebiszit über
die Frage zu geraten, wer in Zukunft die Schlüsselentscheidungen über
die Entwicklung der Netzinfrastrukturen lenken sollte. Den Vertretern
der "kommerziellen" Lobby erteilten die wahlberechtigten Surfer in
den letzten Wochen dabei eine klare Absage.

[...]

Vox populi, vox Rindvieh

Übersetzt heißt dies: Wenn es gelungen wäre, den Prozess unter
Ausschluss der Öffentlichkeit durchzubringen, dann wären die
"Wunschkandidaten" aus Industriekreisen reibungslos im Direktorium
gelandet. Was kein gutes Licht auf den angeblich "demokratischen"
Ansatz der At-Large-Wahlen wirft: Eine solche Perspektive ignoriert
die Tatsache, dass offensichtlich eine große Mehrheit der
registrierten europäischen Wähler Kandidaten wie Müller-Maguhn,
Hofmann und Donnerhacke den Lobbyvertretern vorzieht - und nicht nur
in Deutschland.

Bereits im Vorfeld der Wahl hatte Icann-Direktoriums-Mitglied Esther
Dyson klar gemacht, wovor man hier Angst hat: Durch freie Wahlen
könnten "objektiv dumme" Kandidaten ins Direktorium aufrücken. Es
scheint nun immer klarer, wie das zu verstehen ist: Weder Maguhn,
noch Hofmann oder Donnerhacke wird man vorwerfen können, ihnen fehle
die nötige Qualifikation. Sie stehen schlicht im falschen Lager.
"Dumm" ist hier eigntlich nur eines: Aus Perspektive der Icann ist
die Wahl bisher "dumm gelaufen".

Für die Icann ein Worst-Case-Szenario: Opposition innerhalb des
Direktoriums, und wenn sich diese auf eine wirklich kontroverse
Diskussion beschränkt, ist offensichtlich nicht gewünscht. Egal, wer
nun am nächsten Montag als Kandidat in die Endrunde der Wahlen
einzieht: Für Icann, das derzeitige Direktorium und die ihren
Positionen folgende Presse steht die Beurteilung der Wähler-
Entscheidung fest: Vox populi, vox Rindvieh. Ein Schuss, der nach
hinten losging: Eigentlich wollte man ja nur Stimmvieh.

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