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Re: [FYI] GI: Software-Engineering braucht Patente



Hallo!

Boeris Groendahl schrieb:
> Ebenso wenig naturnotwendig ist es, dass kleine und mittelständische Unternehmen gegen Patente sind. Die Software AG etwa - die ihr Schicksal seit neuestem auf den offenen Standard XML setzt - ist ganz stolz auf ihre vielen Patente, hat angeblich keine schlechten Erfahrungen mit Sperrpatenten anderer Leute gemacht, und benutzt angeblich ihre eigenen Patente auch nicht in diesem Sinne.

Softwarepatente richten in dem Moment Schaden an, wo sie zur Etablierung
künstlicher Marktzugangsbarrieren verwendet werden.

Wenn Softwarepatente zulässig sind, können auch die Algorithmen, die zur
Bedienung bestimmter Schnittstellen benötigt werden, entsprechend
geschützt werden. Genauso können Algorithmen zur Erzeugung bestimmter
(schnittstellenrelevanter) Dateiformate patenrechtlich geschützt werden.

Damit entstehen für Software-Dienstleistungen, die Schaffung von Interopera-
bilität zum Ziel haben, Marktbeschränkungen. Produktentwicklungen werden
hingegen durch Patentierbarkeit geschützt, weil Produkte geeignet sind,
(nicht offengelegte) de-facto-Marktstandards zu schaffen.

Im Zusammenhang mit immer komplexeren Softwarelandschaften auf der einen
Seite und der Wunsch nach (via Internet) vernetztem Arbeiten auf der anderen
Seite stellt eine drohende Beschränkung individueller Software-Entwicklung
speziell im Bereich der Schaffung von Interoperabilität ein zentrales
Problem für die Software von morgen dar. Das Patentrecht kennt im
Gegensatz zum Urheberrecht keinen Ausnahmeparagraphen (im UrhG der § 69 e),
womit eine Ausgewogenheit der (berechtigten) Interessen beider Seiten
sichergestellt würde.

Letztendlich ist Patentrecht ein Produktbildung förderndes Recht. Individual-
Dienstleistungen leiden immer darunter. Erschwerend kommt im Bereich
Computer und Internet hinzu, daß (marktseitig geforderte) Interoperabilität
die Einhaltung bestimmter de-facto-Standards fordert, die nun durch
rechtliche Veränderungen retrospektiv in den patentrechtlich schutzfähigen
Bereich hinüberdiffundieren.

Damit wird letztendlich für alle bereits heute vorhandenen interoperablen
Systeme im EDV-Bereich durch explizite Zulassung von Softwarepatenten eine
neue Rechtsunsicherheit aufgebaut, die primär Dienstleister und sekundär
Produktentwickler betrifft. Die erstere Gruppe sind häufig KMU, Produkte
hingegen kommen häufiger von Großunternehmen.

Daniel

-- 
Daniel Roedding                                       phone: +49 5252 9838 0
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