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ICANN und Otten...




Erst selber kandidieren, dann das Verfahren und vorab
den seiner Meinung nach wahrscheinlichen Sieger Schüller
blöd finden, und schließlich den Wahlsieger angreifen. 
ICANN und Otten, eine Recherche im "Welt"-Archiv...

Kristian


http://www.welt.de/daten/2000/08/03/0803au183409.htx

Kandidatenliste für die
Internet-Wahl liegt vor 

ICANN hat 18 Kandidaten nominiert 

...

In Deutschland gibt es neben Schüller weitere
Interessenten, darunter den Osnabrücker Soziologen und
Internet-Pionier Dieter Otten.



http://www.welt.de/daten/2000/09/27/0927ng193082.htx

Icann-Wahlkarneval abblasen!

Kolumne 

Von Dieter Otten

...


Als ich dann sogar gefragt wurde, ob ich
nicht Lust hätte, für einen dieser Posten
zu kandidieren, fand ich diese Idee
mehr als reizvoll: die Icann als Plattform
für den notwendigen Kampf um die
bitter benötigte Demokratie im Internet
zu nutzen. Denn Demokratie ist in
diesem neuen, virtuellen Raum
gesellschaftlicher Öffentlichkeit ein
bedrohtes Gut. In seinen Frühzeiten war das Netz ein Raum mit
schier unbegrenzten freiheitlich-anarchischen Strukturen. Die
Einbeziehung des Internet in Kommerz und Politik aber wird zu
Veränderungen führen, die gerade diese urdemokratische Architektur
auslöschen könnten. Es wird in der Zukunft also darum gehen, die
Architektur der Freiheit und der Selbstorganisation so mit den neuen
Anforderungen zu verknüpfen, dass das Internet unsere Chance auf
mehr Demokratie erhöht.

Die Icann hätte ein lohnendes Forum für diesen Kampf sein können.
Aber schon der erste Kontakt belehrte mich: So war es überhaupt
nicht gemeint. Die Organisation beabsichtigt mitnichten, ihr
Leitungsgremium wirklich wählen zu lassen. Zur Wahl stehen
vielmehr fünf Hobbydirektoren, denen nach südamerikanischer
Diktatorenart eine handverlesene Übermacht von ernannten und
bestellten Profidirektoren gegenübersteht. "Demokratur" sagen
meine Studenten dazu.

...


Klugerweise sollte Andrew McLaughlin den Icann-Wahlkarneval
abblasen - wird er aber wohl kaum tun. Deshalb sollten
diejenigen, für die Internet-Demokratie kein Mummenschanz ist, 
an einen alten Sinnspruch erinnert werden: "Stell dir vor, es 
ist Icann-Wahl, und keiner geht hin!" Für die Demokratie im 
Netz werden wir an anderer Stelle kämpfen müssen.



http://www.welt.de/daten/2000/10/25/1025ng198334.htx


Icann-Mandat zurückgeben!

Zur "Regierungserklärung" von Müller-Maguhn -
Kolumne

Von Dieter Otten

Andy Müller-Maguhn, für ganz Europa
ins Icann-Direktorium gewählter
Repräsentant des deutschen Chaos
Computer Clubs, hat sich
ausgerechnet in der "FAZ" mit einer
"Regierungserklärung" zu Wort
gemeldet. Auch wenn dieser Text
flapsig und vielleicht satirisch gemeint
sein sollte, müssen wir uns doch
kritisch damit auseinander setzen.
Denn dieser junge Mann wird in den
kommenden Jahren von den Medien
faktenwidrig hochgejubelt werden
("FAZ": "Einer der mächtigsten Männer
des Internet"), und es ist nicht
auszuschließen, dass Müller-Maguhn
gar zum Berater von Regierungen
aufsteigt. 

...

Ein Wort zur Eigentumsfreiheit: Es ist pubertärer
Quatsch, das Internet zu einer Art "Sherwood Forrest"
des Informationszeitalters zu stilisieren, wie Müller 
Maguhn das tut. Softwarepiraterie ist kein romantisches 
Abenteuer, bei dem sich informationelle "Robin Hoods" 
am geistigen Eigentum reicher Konzerne vergehen müssen,
um es den armen Internet-Nutzern zu höherem Frommen zugänglich
zu machen. Das mangelnde Unrechtsbewusstsein von Software und
Musik klauenden Studenten darf nicht zum Credo unserer
Internet-Politik werden. Wer die Eigentumsrechte in der
Informationsgesellschaft infrage stellt, verkennt die 
Bedingungen der Möglichkeit einer informationellen Ökonomie. 

Sie beruht nicht nur auf dem sicheren Austausch von Informationen,
sondern ebenso darauf, dass die damit verbundenen ökonomischen
Transfers gesichert sind. Mit beidem werden die dringend benötigten
Arbeitsplätze der Zukunft aufgebaut. Es wird keine
Wissensgesellschaft geben ohne eine Wissensökonomie, die
wiederum auf der Einhaltung des Grundrechts geistigen Eigentums
basiert. Wer das infrage stellt, bedroht in Wirklichkeit die 
freiheitlichen Strukturen der Wissensgesellschaft von morgen. 
Wir benötigen keine billige Räuberromantik, sondern das erklärte 
Gegenteil, die Selbstethik der Nutzer, die Achtung des 
Eigentumsrechts sowie sach- und leistungsgerechte Preisbildung, 
die wiederum nur Wettbewerb und unermüdlicher Kampf gegen 
Monopole und Oligopole erwirken können!

Es fällt schwer zu glauben, dass Europa bei Icann mit solchen
Spinnereien vertreten wird. Darum ein klares Wort: Müller-Maguhn
vertritt Europas Internet-Nutzer nicht - weder demokratisch noch
inhaltlich. Er vertritt sich selbst. Er macht eh, was er will, 
sagt er. Und das reicht. Deshalb fordere ich ihn auf: Stehen 
Sie zu Ihren demokratischen Grundsätzen, und geben Sie Ihr 
Mandat zurück! 

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"Flatrate for nothing (and the pix for free)" -- Der T-Online Song?