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Re: [FYI] Neues zu RPS



On Thu, Nov 02, 2000 at 10:00:31AM +0100, Heiko Recktenwald wrote:
> > man davon ausgeht, dass die mp3-Datei eine rechtmäßige Kopie
> > (zB. aufgrund § 53 Abs. 1 UrhG) ist, dann verlangt § 53 Abs. 6
> > UrhG, dass weder eine Verbreitung noch eine öffentliche Widergabe
> > erfolgen darf. Verbreitung findet nicht statt, da nach h.M.
> 
> Und was geschieht ? Die Festplatte wird nicht verbreitet:

Ja, das ist die weltfremde Argumentation einer Jurisdiktion, die nicht
wahrhaben will, dass es existente Waren gibt, die nicht an einen materiellen
Traeger gebunden sind. Solange Juristen in der Wahnvorstellung
gefangen sind, die bestehenden Gesetze muessten nur ein wenig 
zurechtgefeilt werden, um diese Besonderheit von Daten zu beruecksichtigen,
spielen sie Jura-Jenga und produzieren lediglich unbrauchbare Gesetzes-
patches.

> > damit die Übergabe des Trägermediums verbunden ist, also die
> > Aushändigung z.B. einer CD oder der Festplatte. Öffentliche
> > Widergabe findet ebenfalls nicht statt, da der Begriff der
> > Öffentlichkeit ein *gleichzeitiges* Wahrnehmen erfordert. Das
> 
> Mindestens ;-)

Daten sind ein Gegenstand mit der Eigenschaft, einen einem materiellen
Gegenstand entsprechenden Wert zu repraesentieren, aber sie sind nicht
an einen materiellen Traeger gebunden (uebrigens wie auch Aktien an
der Boerse laengst keine Zettel mehr sind, die man sich an die Wand
haengen kann - Schmuckaktien wie von Beate Uhse mal abgerechnet),
und ebensowenig sind sie einer direkten Wahrnehmung unserer Sinne
zugaenglich. Ich nehme das Vorhandensein von Daten indirekt wahr,
an ihren Wirkungen. Strom kann ich auch nicht direkt sehen, aber 
da hat man bereits gelernt, dass man ihn trotzdem stehlen kann und
hat folglich einen hochspezialisierten Patch ins Strafrecht gepackt,
und hat sich so um den generellen Kern des Problems (immaterielle
Gueter) gedrueckt.

> > Abrufen erfolgt aber zwingend nacheinander. Aus diesem Grund
> > hat man in Art. 8 des WIPO-Urheberrechtsvertrag ein gesondertes
> > Recht auf: "making available to the public" statuiert, welches
> 
> Die Festplatte als Ding oder die Musik an sich ?

Ich wuerde davon ausgehen, die Musik an sich, und zwar hier, wie auch
bei Daten, in einer nicht notwendigerweise wahrnehmbaren Form (also
nicht "materialisiert" in Form von Schallwellen bei der Auffuehrung).
Das Wesen von Musik auf einer CD ist nicht das Vorhandensein einer
Plastikscheibe und auch nicht die Anordnung von Pits auf dem Traeger.

> Aber dass Du die Robots "sozialadaequat" sein laesst, finde ich nicht
> ueberzeugend. Bei Nazizeug setzt sich gerade die Ansicht durch, dass
> das auch nicht mehr so einfach "sozialadaequat" ist.

Robots und Nazizeug in einem Atemzug zu nennen, ist schon recht nahe
an Godwin.

> Messerlaeden, die vorsaetzlich an Moerder Messer verkaufen, total legal...

Der kleine Unterschied zwischen diesem Beispiel und dem in Web stellen
von MP3s in Zeiten von Napster und Gnutella ist einfach der, dass wir
keine Gesellschaft von Moerdern sind, aber von Raubkopierern (unter
der Annahme, dass man in der Cyberkultur den Begriff des geistigen
Eigentums weiter verwenden kann, was zu ueberdenken waere).

Wuerden wir in einer Gesellschaft leben, wo jeder dem anderen ohne
Zoegern eins ueber die Ruebe geben wuerde, wuerde man sehr schnell
dazu kommen, dass Messerverkauf reglementiert wird. Der Anfang eines
Rechtssystems.

> The world according to Jakobs ;-)
Zu dumm, dass Du wohl mit Deiner Vorstellungswelt allein auf weiter Flur
stehst, dass Du dann jetzt immerhin noch die Andersdenkenden diskreditieren
musst...

Holger

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