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Vorschlag für EU-Richtlinie



ENTWURF

   Wir schlagen der EU-Kommission vor, beim Entwurf einer Richtlinie zur
       Frage der Patentierbarkeit von Software auf dem folgenden Text
                                aufzubauen.
                                      
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Richtlinie über den Erfindungsbegriff im Europäischen Patentwesen und seine
       Auslegung unter besonderer Berücksichtigung der Programme für
                         Datenverarbeitungsanlagen
                                      
   
   Geleitet von der Erkenntnis, dass die Grenzziehung zwischen
   patentierbaren und nicht patentierbaren Gegenständen das
   Außenverhältnis des Patentwesens betrifft und daher besonders klare
   und explizite Entscheidungen auf gesetzgeberischer Ebene erfordert
   
   In Anbetracht der Erfahrung, dass gesetzgeberischen Anweisungen, wie
   sie in Art 52 des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) knapp und
   abstrakt formuliert wurde, in der Rechtsprechungspraxis Anlass zu
   vielen Missverständnissen, Uneinheitlichkeiten und Unsicherheiten
   gegeben haben
   
   Getrieben von der Sorge, dass die von einigen Organen der
   Patentrechtsprechung gesetzten neuen Regeln zu unerwünschten
   gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wirkungen führen könnten
   
   stellen wir folgendes klar:
   
    1. Unter einem "Programm für Datenverarbeitungsanlagen", kurz
       "DV-Programm" genannt, ist das Programm in all seinen
       Entwurfsstufen, vom gedanklichen Plan bis zum auf einem Prozessor
       ausführbaren binären Anweisung zu verstehen. Ebenso wie ein Spiel
       ist ein Programm eine Unterart der "Pläne und Anweisungen für
       gedankliche Tätigkeit". Es ist Plan und Anweisung, Verfahren und
       Erzeugnis zugleich.
    2. Die Partikel "als solche" in Art 52 (3) EPÜ ist nur aus ihrer
       syntaktischen Funktion heraus zu verstehen. Ein "DV-Programm mit
       technischem Effekt" ist nichts anderes als ein DV-Programm als
       solches. Hingegen ist eine durch ein DV-Programm beschriebene
       technische Erfindung von dem DV-Programm als solchem zumindest
       begrifflich unterscheidbar. Ebenso ist ein "Verfahren zur
       Herstellung von Schachfiguren" von dem Schachspiel als solchem
       unterscheidbar. Das Bindeglied "als solches" ergibt nur bei der
       Gegenüberstellung mit andersartigen Gegenständen einen Sinn.
    3. DV-Programme sind keine patentfähigen Erfindungen. Chemische
       Verfahren, Reifenbremsverfahren oder andere technische Verfahren
       können insoweit patentfähige Erfindungen sein, wie sie vom
       Computerprogramm nicht nur begrifflich sondern auch praktisch (im
       Hinblick auf die Rechtsausübung) trennbar sind. D.h. die Lösung
       des Problems muss in einem technischen Bereich jenseits des
       Programmierens liegen, und die daraus abzuleitenden
       Ausschlussrechte müssen sich auf materielle Gegenstände außerhalb
       des Programms wie z.B. chemische Erzeugnisse oder Autos
       beschränken. Entsprechendes gilt für alle anderen
       Ausschlussgegenstände in Art 52 (1) EPÜ.
    4. Unter Technik ist der Einsatz von Naturkräften zur unmittelbaren
       Verursachung einer Wandlung von Materie zu verstehen.
       Patentanmeldungen, die sowohl technische als auch nicht-technische
       Merkmale enthalten, sind nur dann patentfähig, wenn das als neu
       und erfinderisch Beanspruchte, also der Kern der Erfindung, im
       Technischen liegt. Eine von einem DV-Programm zu unterscheidende
       technische Erfindung muss eine Lehre verkörpern, wie man
       Naturkräfte unmittelbar zur Verursachung eines nach bisherigem
       Wissensstand nicht rechnerisch vorhersehbaren Erfolges bei der
       Herstellung materieller Güter nutzen kann.
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