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Re: Telepolis über Lutterbeck-Gutachten und FFII



> > Das genannte Patent ist ein Patent auf ein Problem, dessen Lösung im
> > Programmieren liegt.  Ich sehe nichts, was irgendwie über das
> > Programmieren im Rahmen vorbekannter Ausgangsbedingungen hinausginge.
 
> </color>Nein. Man muss ja erst mal auf die Idee kommen, dass die in
> diesem Patent beanspruchte Vorrichtung / das in diesem Patent
> beanspruchte Verfahren geeignet sind, eine vorteilhafte
> Verschluesselung zu ermoeglichen.

Ich habe nicht geschrieben, dieses Patent sei trivial.  Ich schrieb nur,
dass es nach meiner Auslegung von Art 52 EPÜ / Par 1 PatG 

	http://swpat.ffii.org/stidi/eurili/ 

eindeutig ein Swpat ist. 

> Dafuer gibt's das Patent. Wer dem Meinung ist, dass gerade dieser
> Patentanspruch trivial sei, moege das durch konkreten Aufweis eines
> vor dem Anmeldetag liegenden Standes der Technik begruenden.

Wenn man nichts identisches findet, fällt der Nachweis der Trivialität
(mangelnden erfinderischen Tätigkeit) vor der Einspruchskammer bekanntlich
extrem schwer.  Was der normale Fachmann für trivial hält, lässt sich mit
den bekannten patentjuristischen Beurteilungsmethoden nur selten zu Fall
bringen, s. http://swpat.ffii.org/stidi/frili/

> Vergleichsweise trivial ist es dagegen, anhand des Patentanspruches
> und unter Zuhilfenahme der dazugehoerigen Patentbeschreibung eine
> konkrete Implementation in einer geeigneten Programmiersprache zu
> codieren.  Das ist eine Frage der allgemeinen Sachkenntnis und der
> Ausdauer, nicht aber eine Frage der erfinderischen Leistung.

Häufig ist das genau umgekehrt.  So etwas gut zu implementieren oder auch
nur auf eine andere Plattform zu portieren erfordert viele originelle
Ideen.
 
> > Ob etwas ambivalent ist, hängt von den Unterscheidungskriterien ab,
> > mit denen man es dem einen oder anderen Bereich zuzuschlagen
> > versucht.

> >  Sind diese unscharf, so ergibt sich ein großer Ambivalenzbereich.
> 
> > Dass die Unterscheidung "Hardware vs Software" im landläufigen
> > Sprachgebrauch unscharf ist, lohnt sich kaum festzustellen.  
> 
> > Es hat mich daher sehr verwundert, dass in Eurem Gutachten zunächst
> > lang und breit mit schönen Grafiken ein solcher Ambivalenzbereich
> > festgestellt wird.
> 
> > Wer hätte das gedacht?
> 
> </color>Wie werden denn Patente erteilt? 

Vielleicht ist die Prüfungsprozedur ja unangemessen.  Der BGH hat 1976
aber einigermaßen brauchbare Anweisungen für die Prüfung gegeben, die
später in die Prüfungsrichtlinien der beiden Münchener Patentämter fanden,
s. unten.

...
 
> Wenn sich der Pruefer nun Gedanken macht, ob der Anspruch etwas mit
> Software zu tun hat oder nicht, bekommt er es automatisch mit dem
> Ambivalenzbereich zu tun. Manche Patentansprueche geben in ihrem
> Wortlaut klar zu erkennen, dass SW im Spiele ist, andere nicht. Der
> Pruefer kann aber letztlich nur "ja" oder "nein"  sagen. Will er
> "nein" sagen, weil ihm ein Patentgesetz in irgendeiner Weise die
> Erteilung von im Zusammenhang mit Software stehenden Patentanspruechen
> verbietet, steht er bei Anspruechen im Ambivalenzbereich sozusagen
> "auf dem Schlauch": Er kann dem Wortlaut _des Patentanspruches_ nicht
> entnehmen, ob eine Softwareloesung gemeint ist oder nicht.

Er muss das nicht dem Wortlaut des Anspruches entnehmen.  Er kann auch,
wie 1976 vom BGH gefordert, weiter gehen und fragen, wo die neuartige
Problemlösung eigentlich liegt. 

> Rein theoretisch waeren zwei Ansaetze zur Aufloesung des Dilemmas
> denkbar:

Leider fehlt die von BGH und Prüfungsrichtlinien empfohlene, weniger
formalistische Alternative, s. unten.
 
> a) Der Patentpruefer weist alle Patentansprueche zurueck, bei denen er
> nicht mit Gewissheit erkennen kann, dass ihr jeweiliger Gegenstand
> *niemals* als Inkarnation einer Turing-Maschine realisierbar ist. Dann
> werden nur noch oelverschmierte Pleulstangen patentiert und kein
> Programmierer braucht sich um Patente zu kuemmern.
 
> b) Der Patentpruefer weist nur diejenigen Patentansprueche zurueck, deren 
> Wortlaut klar zu erkennen gibt, dass ihr jeweiliger Gegenstand mittels Software 
> auf einem Rechner zu implementieren ist. Dann muessen sich Programmierer noch 
> auf patentrechtliche Kalamitaeten aus solchen erteilten Patentanspruecken 
> einstellen, die dem Ambivalenzbereich zuzurechnen sind.
 
> Die Alternative zu a) ist der Traum vom Programmer's Paradise, der
> nicht kommen wird, da er - wie bereits zuvor von mir dargelegt - weite
> Bereiche der Technik vom Patentschutz ausschliesst, in denen das
> Patentwesen gar nicht infrage gestellt wird.

Nein, Alternative A ist Unsinn.  Alle Verfahren können turing-gesteuert
werden.  Wie bereits zuvor festgestellt.

> Die Alternative zu b) hilft den Programmierern auch nicht.
 
Alternative B ist etwas für faule Patentprüfer.  Intellektuell
unbefriedigend und unsinnig formalistisch, aber dennoch zur Not machbar.
 
> Daher der Ansatz des "Quelltextprivilegs".
 
Zu voreilig.  Es gibt noch Alternative C.  Nachzulesen in besagtem
vielzitiertem Kolle-Artikel von 1977

	http://swpat.ffii.org/vreji/papri/grur-kolle77/

und auch weiter verfeinert in dem Artikel von Dr. Swen
Kiesewetter-Köbinger

	http://swpat.ffii.org/vreji/papri/patpruef/

der ja auch selber als Patentprüfer arbeitet.  
So beschreibt Kolle die BGH-Prüfregeln:

    1. Die erste Regel besagt, dass solche Anmeldungen ungeachtet der
       Formulierung der Ansprüche und -- auch wenn dies nicht explicite
       ausgesprochen ist -- der gewählten Anspruchsart auf ihren
       wirklichen, materialen Gehalt zu untersuchen sind. ...
       Formulierungskünste wie "Datenverarbeitungsanlage ... dadurch
       gekennzeichnet, dass sie nach folgender Formel programmiert ist",
       "Schaltungsanordnung ...", "Verfahren zur Steuerung einer
       Datenverarbeitungsanlage ...", "Verwendung einer
       Datenverarbeitungsanlage mit den Merkmalen X, Y, Z zu ..." usw
       werden also in Zukunft einer Anmeldung nicht mehr zum Patentschutz
       verhelfen können, wenn sich dahinter nur eine nicht-technische
       Rechenvorschrift verbirgt. ...
    2. Aus dieser grundsätzlich materialen Betrachtung erbibt sich
       beinahe zwanglos die zweite, noch wichtigere Prüfungsregel, dass
       Anmeldungen, die sowohl technische als auch nicht-technische
       Merkmale enthalten, nur dann patentfähig sind, wenn das als neu
       und erfinderisch Beanspruchte, also der Kern der Erfindung, im
       Technischen liegt. In der Formulierung des Bundesgerichtshofs
       liest sich dies so:

	... technische Merkmale in dem Patentanspruch können nur dann
        eine Patentierung rechtfertigen ..., wenn sich die erfinderische
 	Neuheit in ihnen niederschlägt, nicht jedoch dann, wenn die
	Erfindung auf den nicht-technischen Teil der Lehre ... beschränkt 
	bleibt.

> Aus der Perspektive des Patentpruefers duerfte die Bedeutung des
> Ambivalenzbereiches klar werden. Es gibt keine "Softwarepatente". Es
> gibt nur "computer-implementierte" Erfindungsgegenstaende und
> "computer-implementierbare"  Erfindungsgegenstaende sowie die
> Differenzmenge davon - eben den "Ambivalenzbereich". So erfahert es
> auch der Verletzungsrichter. Alles andere ist begrifflicher Humbug.

Umgekehrt.  Du gründest deine ganze politische Argumentation offenbar auf
die Perspektive eines formalistisch vorgehenden Patentprüfers, der die
längst etablierten und naheliegenden Unterscheidungsregeln nicht versteht
und deshalb auf einen Ambivalenzbereich stößt.
 
> > > > Swpat-Frage auch vermeiden.  Aber sollte das nicht gelingen, so
> > > > liegt darin kein Grund, ein schlechte Regelung zu bejahen.
 
> </color>Das fuehrt vom Thema weg. Natuerlich gibt es ueberall
> Ambivalenzen. Hier ist eine praezise definierte Ambivalenz aufgezeigt
> worden, und der Streit geht darum, welche Rechtsfolgen an diese
> Ambivalenz geknuepft werden sollen.

Die naehliegende Rechtsfolge ist:  Anwendung der obengenannten
Prüfungsregeln zur Beseitigung der Ambivalenz.  Darüber hinaus, für den
Fall des Scheiterns, ein paar Faustregeln wie z.B.:  keine Patente auf
Prozesse, die auf normalen Büro-Rechenanlagen o.ä. ablaufen.  Sollte
jemand AUS einem Patent so etwas ableiten wollen, so rührt geht Recht AUF
den Gegenstand wahrscheinlich von einem Fehler des Patentprüfers her.
 
> Der Schutzumfang wird in allererster Linie durch die erteilten
> Patentansprueche festgelegt, und in dem von mir zitierten Anspruch
> steht dazu _nichts_. Wieweit soll der Patenpruefer im Patentamt gehen?
> Soll er die Patentbeschreibung heranziehen?  

Ja.  Er soll ermitteln, worin die erfinderische Problemlösung denn nun
besteht.

> Wenn darin nichts steht: 

Dann soll er die Patentbeschreibung wegen mangelnder Offenbarung
beanstanden.

> Soll er eigene Spekulationen anstellen und begruenden, warum er darin
> ein "Softwarepatent" sieht oder auch nicht sieht? Ist von der Technik
> am Anmeldetag auszugehen, oder darf auch eine spaetere
> Leistungssteigerung von Rechnern einbezogen werden?

Man sieht einer Lösung an, ob es sich um eine Programmierlösung handelt.
Mangelnde Rechenleistung am Tage der Erfindung kann vielleicht dazu
führen, dass eine fest verdrahtete Implementation bevorzugt wird.
In diesem Falle gibt es zwei Möglichkeiten:

(1) Das Patent beansprucht nur die festverdrahtete Lösung und insbesondere
    die damit verbundenen neuartige Nutzung von Naturkräftekausalitäten
    wie z.B. Eigenschaften der Drähte
(2) Das Patent beansprucht die abstrakte programmierte Funktionalität, um
    in späteren Zeiten auch als Softwarepatent fungieren zu können.

Möglichkeit 2 ist unzulässig. 

> Und: Wie interpretiert der Verletzungsrichter dann diesen Anspruch?

Angenommen, die unzulässige Möglichkeit 2 wäre durchgelassen worden, dann
gibt es gemäß der o.g. Faustregel zwei Ansätze:

(1) ein Anspruch auf Durchsetzung gegen einen Prozess auf einem
    Bürorechner gilt nicht (könnte auch in Par 11(7) PatG stehen).
(2) der Beklagte strengt eine Nichtigkeitsklage an.  Am Schluss 
    bleibt nur noch der auf Naturkräfte-Kausalitäten gerichtete
    Anspruch übrig.
 
> All das muss zu einer nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheit fuehren.

Selbst wenn es so wäre, bliebe die Frage der Hinnehmbarkeit offen.
Denn die Alternativen sind auch nicht unbedingt besser.
Wiegesagt sind andere nicht weniger wichtige Rechtsgebiete wie z.B.
das Strafrecht voll von unsicheren Grauzonen, und niemand verlangt
deshalb die Einführung einer "gleichen Einheitsstrafe für alle
Tatbestände".

> Daher bezieht sich der im BMWi-Gutachten benutzte Begriff des
> "Ambivalenzbereiches"  ausschliesslich auf den _Wortlaut der
> Patentansprueche_.

Was eine zu formalistische Sicht ist.
Wenn Patentschriften solch schwerwiegende formelle Mängel aufweisen, dass
dieses Problem entsteht, dann muss an der Struktur und Beurteilung von
Patentschriften etwas geändert werden.
Zum Glück sind die Mängel gar nicht so schwer, und einigermaßen 
zuverlässige Lösungswege waren noch bis vor kurzem gängig.
S. Kolle, Kiesewetter-Köbinger und Prüfungsrichtlinien der 80er Jahre.
 
> > Man könnte es schaffen, indem man auf Hardwarelösungen gerichtete
> > Ansprüche zulässt.  Das mag inkonsistent sein, aber inkonsistent sind
> > Swpat-Funktionsansprüche ohnehin.  Während sie eigentlich auf
> > abstrakte Prinzipien zielen, müssen sie diese so oder so in eine
> > konkrete "technische" Funktionalität einkleiden. 
 
> </color>Aha. Einerseits gilt also die gegenseitige Austauschbarkeit
> von Hard- und Softwareloesungen als trivial, wenn es darum geht, sich
> ueber den Begriff "Ambivalenzbereich" zu mokieren. Andererseits setzt
> man sich auch ueber Selbstverstaendlichkeiten hinweg, wenn es ins
> eigene taktische Kalkuel passt.  

Du missverstehst etwas.  Ich halte die genannte vorgehensweise für
inkonsistent und empfehle sie keineswegs.  Es ist nur die schlechte Lösung
für die faulen Prüfer.  Wenn man es nicht schafft, den Prüfern die
klassische Technizitätslehre und die Prüfungsregeln des BGH beizubringen,
muss man sich damit vielleicht gelegentlich abfinden.

> Warum soll man, sagen wir, eine
> Kanalwahlvorrichtung in einem Funkgeraet fuer patentierbar halten,
> wenn sie in Silizium gegossen ist, waehrend genau dieselbe
> Funktionalitaet mit einem eingebetteten Microcontroller draussen vor
> bleiben soll? 

Ich habe nicht gesagt, dass man die Kanalwahlvorrichtung deshalb
akzeptieren sollte, weil sie in Silizium gegossen ist.  Besteht die
Neuerung nur in einem abstrakten Prinzip, dem keine empirische Erkenntnis
über die Wirkung von Naturkräften zugrundeliegt, so ist auch Silizium
vielleicht eine bloße Einkleidung eines abstrakten Prinzips, dessen
Zulassung zur Patentierbarkeit die von Prof Tamai analysierten
Widersprüchlichkeiten erzeugen kann.

Etwa ein in Silizium gegossener Sortieralgorithmus würde nach dem
herkömmlichem Begriffsinstrumentarium des deutschen Patentrechts, wie man
es bei Benkard 1988 ausführlich nachlesen kann, sicherlich abgelehnt.

> Kann man das rational begruenden? Und: Ist das nicht ein Baerendienst
> an der gesamten Wirtschaft? -Hier werden doch ggfs. Firmen mit einem
> Patent belohnt, die Funktionalitaeten in Silizium giessen, wo doch
> eine Softwareloesung besser waere?

Gut wäre das nicht.  Aber andererseits auch nicht katastrophal. Wer will
schon einen Silizium-Sortieralgorithmus patentieren?  Was bringt das?  
Natürlich sollte man lieber die Prüfer und Richter richtig heranbilden,
damit sie die Prüfungsregeln ordenltich anwenden.  Aber obige dumme Lösung
ist noch besser als die von Eurem Gutachten vorgeschlagene Flucht in die
universelle Patentierbarkeit.
 
> > Das hat Prof Tamai
> <color><param>7F00,0000,0000</param>> (Wirtschaftswissenschaftler Univ Tokyo) sehr schön analysiert.
> > Angebliche (In)konsistenz ist also kein Argument, das unsere Wahl bei
> > der Gestaltung von Art 52 entscheidend beeinflussen darf.
 
> </color>Ein Freibrief fuer gesetzgeberisches Gekraute? Kann man die
> Ausfuehrungen von Tamai irgendwo _auf Englisch_ im Netz nachlesen?

Möglicherweise unter

	http://www.pro-innovation.org/
 
> <color><param>7F00,0000,0000</param>> Es ging um die Entkräftung
> deiner Prophezeiung durch Verweis auf
 
> > analoge historische Erfahrungen.  Niemand weiß so genau, wie tief
> > das Patentwesen wirklich in den Unternehmen verankert ist.
 
> </color>Dank der nunmehr anstehenden Feldforschungen der FhG werden
> wir es sicherlich bald wissen.

Das bezweifle ich.  Die werden möglicherweise so tun, als hätten sich die
betriebswirtschaftlich Verantwortlichen bereits eine Meinung über diese
eher gesamtwirtschaftliche Frage gebildet, und dann mit einem Fragebogen
auf diese Leute losgehen, der an die Patentabteilung weitergerreicht wird.
 
> </color>FFIIs Visionen vom "Programmer's Paradise" werden so nicht kommen, weil sie eine 
> weitgehende Beschaedigung eines intakten und funktionierenden Patentwesens auch 
> und gerade in solchen Bereichen nach sich ziehen wuerden, in denen dem 
> Patentwesen keine anderen schutzwuerdigen Belange entgegenstehen. Der Vorschlag 
> der "Quelltextprivilegierung" ist ein begruendeter Versuch, die in unproduktiver 
> Weise festgefahrene Lage aufzubrechen, um in patentrechtlicher Hinsicht von der 
> OSS zu retten, was noch zu retten ist. Ich klebe auch nicht an einer 
> Beschraenkung des Privileges auf "Quellentext". Meinetwegen kann man auch ein 
> "Codeprivileg" daraus machen, wenn das Vorteile bringt.   
 
Wie wäre es überdies mit einem Privileg auf ungehinderte Ausführung von
patentierten Prozessen auf Universalrechnern samt büro- und netz-üblicher
Peripherie?

> > Der Prozessor kann, wie du unten selber feststellst, mit
> > unterschiedlicher Bitfolge arbeiten.  Er kann aus unterschiedlichen
> > Materialien sein, mit unterschiedlichen Taktraten arbeiten usw.  Die
> > in ihm ablaufenden physikalischen Vorgänge sind nicht durch das
> > Programm determiniert. Genau das macht die Besonderheit des
> > Universalrechners aus.  Die Physik ist von der Logik getrennt.
 
> </color>Nein. Im Prozessor vereinigt sich Physik und Logik. Deshalb vertrete ich ja auch 
> die Auffassung, dass erst die Einheit "Prozessor+Code" ueberhaupt 
> patentrechtliche Relevanz aufweist; vgl. meinen Aufsatz

Das widerspricht nicht unbedingt dem, was ich sage. 
Gerade wegen der Physik-Logik-Grenze gibt es so manche Dualitäten.
 
> "Anmerkungen zu begrifflichen Fragen des Softwareschutzes", GRUR 1/2001, Seiten 
> 1-16.
 
> (Gleich dahinter kommt uebrigens ein Aufsatz von Guenther Schoelch,
> "Softwarepatente ohne Grenzen", der dem FFII sicherlich wesentlich
> besser gefallen wird als mein Elaborat. Schoelch ist Patentpruefer im
> Deutschen Patent- und Markenamt und setzt sich deutlich von der
> Tauchert-Linie ab. Dafuer hat er wiederum nur die Patent_erteilung_,
> nicht die Logik der Patent_verletzung_ im Blick.)

Man wird m.E. schon wegen der Gefahr von Irrtümern bei der Anwendung der
schwierigen Prüfungsregeln auf beides zurückgreifen müssen. 
 
> > Nach der neuesten BGH-Rechtsprechung (s. vorigen Beitrag
> > "Sprachanalyse-Pingpong") müsste auch eine dichterische oder
> > kompositorische Technik als "Vorrichtung" patentierbar sein. Es ist
> > dann nur noch zu beurteilen, ob die (nicht-technischen) Merkmale,
> > welche die "Musikvorrichtung" von bekannten Vorrichtungen
> > unterscheiden, neu und originell sind.
 
> </color>Ich sehe nicht, dass irgend ein ernstzunehmender
> (menschlicher) Komponist in seinem Kompositionsverhalten je durch
> einen Algorithmus beschreibbar gewesen waere. Technische
> Kompositionsalgorithmen in informationstechnischer Implementation
> koennen natuerlich patentfaehig sein. Aber das interessiert eh
> niemand. Experimente mit Kompositionsautomaten waeren Avantgarde in
> den 70er Jahren, glaube ich. Heute ist diese Richtung eher mausetot.

Ich meine nicht Algorithmen zur automatischen Komposition sondern eher
z.B. besonders interessante Akkordfolgen, Modulationen, so etwas wie
die Regeln der Zwölftonmusik oder sogar Stilmittel wie idee fixe,
Leitmotiv u.dgl.

Nach dem Geist der Sprachanalyse-Entscheidung zu urteilen, müsste das
leicht durchgehen, indem man es als "Vorrichtung" einkleidet.  Was gerade
bei heutiger elektronisch erzeugter Musik nicht schwer sein dürfte.
 
> > S. dazu auch die zitierte
> > Argumentation von Prof Tamai: Das, worauf die Patentansprüche
> > eigentlich abzielen, d.h. worin der eigentliche erfinderische Wert
> > liegt, ist von Prozessoren und sogar von Programmen unabhängig.  
> > Z.B. das Prinzip des Sortierens.  Dieses Prinzip qua Verbindung mit
> > einem Prozessor zu patentieren, ist inkonsistent.
 
> </color>Was soll "<color><param>7F00,0000,0000</param>worauf die
> Patentansprüche eigentlich abzielen, d.h. worin </color>der
> eigentliche erfinderische Wert liegt" bedeuten? Wogegen grenzt sich
> diese "Eigentlichkeit" ab?

Gegen das, was ich per Patent monopolisieren kann.

Ich kann sowohl postlagernde Pakete als auch Datensätze nach einem
bestimmten neuen Algorithmus sortieren, mit oder ohne Computer.  Als
Urheber dieser Idee möchte ich gerne ihre kommerzielle Verwertung
monopolisieren.  Das Patentrecht wird mir aber allenfalls Monopole auf
bestimmte konkrete Ausformungen zugestehen.  Es wird sich gegenüber meiner
Idee so verhalten, wie man es dem Urheberrecht nachsagt:  nicht Schutz der
erfinderischen Idee sondern eines zufälligen konkreten Ausdrucks.

Bei Ideen mit physischer Substanz (d.h. einem Kern an neuer Erkenntnis
über Wirkungen von Naturkräften), hat man dieses Problem und die daraus
resultierenden weiteren Probleme nicht.

> <color><param>7F00,0000,0000</param> 
> 
> > > Was Kolle nicht gesehen hat, ist die potentielle Gefaehrdung von
> > > "Free Speech" durch das Patentrecht. Hier bietet die
> > > Quelltextprivilegierung Abhilfe.
> 
> > Genau das hat er auch gesehen.
> 
> > http://swpat.ffii.org/vreji/papri/grur-kolle77/
> 
> >    Würden nun aber die Lehren für verstandesmäßige Tätigkeiten
> >    schlechthin der Technik zugerechnet, wäre eben dies der Fall. Das
> >    Patentgesetz würde, wie der Bundesgerichtshof es plastisch
> >    formuliert, zum "Auffangbecken" für den Schutz jedweder geistigen
> >    Leistung, sofern sie nur neu und erfinderisch wäre. Eine solche,
> >    auch nur mögliche Monopolisierung des Denkens ist uns fremd.
> >    Schließlich ist ein lückenloses System des Ideenschutzes weder aus
> >    Gerechtigkeitsgründen geboten noch wäre es segensreich. Denn selbst
> >    wenn viele Anmeldungen an den Hürden der Neuheit oder
> >    Erfindungshöhe zu Fall kommen sollten, könnte kaum verhindert
> >    werden, dass ein qualitativ und quantitativ beträchtlicher Anteil
> >    von Geistesschöpfungen den Patentschutz erhalten würde, dessen
> >    Auswirkungen aber kaum zuverlässig abschätzbar sind und der mit der
> >    Sperrwirkung technischer Patente nicht vergleichbare
> >    Behinderungseffekte nach sich ziehen könnte.
> 
> </color>Von "Free Speech" lese ich darin nichts. 
 
Immerhin "Monopolisierung des Denkens" .. "Geistesschöpfungen" ..
M.a.W. der Bereich des Urheberrechtes, der Freiheit des Wortes und der
Gedanken.  Sehr deutlich ist das zugegebenermaßen nicht.
 
> >  Die Argumentation mit dem Ambivalenzbereich ist alt.  Sie hat in
> >  den 60er Jahren dazu geführt, dass das BPatG Softwarepatente
> >  erteilte. Kolle schreibt darüber in dem zitierten Artikel:
> 
> > http://swpat.ffii.org/vreji/papri/grur-kolle77/
> 
> <color><param>7F00,0000,0000</param>>    Trotz der -- aus Sicht der Informatik -- grundsätzlich bestehenden
> >    Austauschbarkeit von Hardware und Software, die zur Annahme auch
> >    einer patentrechtlichen Gleichwertigkeit verführt, sind
> >    Computerprogrammierung und Computer-Engineering nach
> >    Ausgangssituation, Arbeitsweise und verwendeten Mitteln zwei Paar
> >    Stiefel. Wie der Informatiker aus der Offenbarung eines komplexen
> >    Spezialschaltwerks nicht ersehen kann, wie er einen
> >    Universalrechner zu programmieren hätte, kann der Computeringenieur
> >    aus der bloßen Offenbarung eines Programms oder gar nur eines
> >    Algorithmus nicht ableiten, wie er einen Spezialrechner
> >    konstruieren müsste. Da der Algorithmus als solcher niemals
> >    geschützter Gegenstand der Erfindung wäre, sondern nur die
> >    spezielle Vorrichtung mit ihren baulich-funktionellen Merkmalen,
> >    wäre im übrigen für die Patentprüfung wahre Aktrobatik vonnöten:
> >    aus der Angabe des Algorithmus bzw der darauf aufbauenden
> >    spezifischen Steueranweisung in Form eines Programms projiziert der
> >    Prüfer als Durchschnittsfachmann gedanklich die ihm ja ohne
> >    weiteres mögliche Spezialschaltung, die er anschließend mit den im
> >    Stand der Technik vorgefundenen Schaltwerken, Computern etc.
> >    vergleicht! Dass die Annahme einer generellen Äquivalenz ein Irrweg
> >    ist, lässt sich schließlich auch am umgekehrten Fall demonstrieren:
> >    sie hätte nämlich zur Folge, dass jede Spezialschaltung mangels
> >    Erfindungshöhe nicht patentierbar wäre, wenn ein Universalrechner
> >    entsprechend programmiert werden könnte. Das ist aber in aller in
> >    aller Regel der Fall.
 
> </color>Kolle hat hier eine der Problematik des Ambivalenzbereiches
> reziproke Fragestellung behandelt, naemlich aus einem abstrakten
> Algorithmus je nachdem eine dedizierte Schaltung oder ein Paar
> bestehend aus Prozessor und dazugehoerigem Programm abzuleiten. Das
> ist nicht die Fragestellung, in deren Zusammenhang der Begriff
> Ambivalenzbereich Sinn macht: Der Patentpruefer / der
> Verletzungsrichter wird mit einem Patentanspruch konfrontiert, der
> sich darueber ausschweigt, ob eine Softwareloesung gemeint ist oder
> nicht. 

Dazu das andere Kolle-Zitat, s. oben.

> Ausserdem darf man nicht uebersehen, dass 1977 die Patentwelt
> noch anders aussah, da funktionale Merkmale in patentanspruechen nicht
> in dem Sinne zulaessig waren, in dem sie es heute - aus gutem Grunde;
> vgl. meine Ausfuehrungen zur Verwissenschaftlichung des
> Erfindungsprozesses - sind.

Ich finde diese Ausführungen zu skizzenhaft.  Ich sehe nicht, wie aus der
"Verwissenschaftlichung des Erfindungsprozesses" so etwas folgen muss.  
Im Gegenteil, die Verwissenschaftlichung hätte als Grund gelten können, so
etwas wie die Anforderung an Empirizität / rechnerische Unvorhersehbarkeit
/ Erweiterung des Wissens über Naturkräfte-Zusammenhänge einzuführen und
die Struktur von Patentschriften daraufhin zu verfeinern:

	- zu lösendes Problem
	- Stand der Technik
	- bisheriges Modell der Naturkräfte
	- neues Modell der Naturkräfte
	- darauf aufbauendes Lösungskonzept	

o.ä.
 
Die zunehmend großzügige Zulassung von Wirkungsansprüchen hat hingegen auf
Abwege geführt, wie besonders Kiesewetter-Köbinger überzeugend darlegt:

	http://swpat.ffii.org/papri/patpruef/
 
> Ausserdem - um Missverstaendnisse zu vermeiden - sollte man darauf
> hinweisen, dass die Kolle'schen Ausfuehrungen sich auf das alte
> deutsche Patentgesetz von 1968 beziehen. Das deutsche Patentgesetz
> 1981 ist am 16. Dezember 1980 neu bekanntgemacht worden und weist
> gegenueber dem vorherigen Zustand auch wesentliche
> begrifflich-konzeptionelle Aenderungen auf, u.a. hinsichtlich der
> Rolle der Formulierungen in Patentanspruechen.
> Die Ausfuehrungen Kolles zur Aequivalenz sind so nicht auf das
> geltende Recht uebertragbar.

Möglicherweise wurden da Fehler begangen.  An Einzelheiten wäre ich
interessiert.

Ganz schlimm kann es aber wohl nicht gewesen sein, denn die von Kolle
genannten BGH-Regeln fanden immerhin später Eingang in die
Prüfungsrichtlinien.
 
> > Unser Richtlinienvorschlag schlägt andere Unterscheidungslinien vor:
> 
> >     3. DV-Programme sind keine Erfindungen im Sinne des europäischen
> >        Patentrechts. Chemische Verfahren, Reifenbremsverfahren oder
> >        andere technische Verfahren können insoweit patentfähige
> >        Erfindungen sein, wie sie vom Computerprogramm nicht nur
> >        begrifflich sondern auch praktisch (im Hinblick auf die
> >        Rechtsausübung) trennbar sind. D.h. die Lösung des Problems
> >        muss in einem technischen Bereich jenseits des Programmierens
> >        liegen, und die daraus abzuleitenden Ausschlussrechte müssen
> >        sich auf materielle Gegenstände außerhalb des Programms wie
> >        z.B. Chemikalien oder Fahrzeug-Triebwerke richten.
> >        Entsprechendes gilt für alle in Art 52 (2) EPÜ aufgelisteten
> >        Kategorien nicht-patentierbarer Gegenstände.
> 
> </color>Was soll das konkret bedeuten - "können insoweit patentfähige Erfindungen sein, 
> wie sie vom Computerprogramm nicht nur begrifflich sondern auch praktisch (im 
> Hinblick auf die Rechtsausübung) trennbar sind."?   "im Hinblick auf die 
> Rechtsausübung"??  

steht oben doch:  Wenn wirklich eine technische Lösung eines technischen
Problemes beansprucht wird, sollten dabei auch irgendwelche Gegenstände
außerhalb des bloßen Programmes anfallen, die man beanspruchen kann, z.B.
die Ergebnisse eines industriellen Produktionsverfahrens, welches von dem
programmierten technischen Prozess gesteuert wird.

In Frankreich verlangten die Gerichte in den 70er Jahren, dass der zu
patentierende Prozess einen "industriellen Charakter" aufweisen müsse.
Auch daran wurden dann sehr strenge Maßstäbe angelegt:  es musste mehr
als eine Rechenlösung vorliegen, und in den maßgeblichen Urteilen wurde
das verneint.  In DE wurde das im Fall ABS 1980 bejaht und im Fall
Flugkostenminimierung 1981 verneint.  Aber in beiden Fällen gab es
einen industriellen Gegenstand, auf den sich ein Patentmonopol richten
könnte.  Dort, wo nur Prozesse in einer Büroumgebung patentiert werden,
liegt ein solcher nicht vor.

Möglicherweise kommen an dieser Stelle die Schrankenbestimmungen ins
Spiel:  Es dürfen nur Patente AUF etwas gewährt werden, wenn darAUS
tatsächlich ein Monopolrecht abgeleitet werden kann.

> <color><param>7F00,0000,0000</param>>     4. Unter Technik ist der Einsatz von Naturkräften zur
> 
> >     unmittelbaren
> 
> >        Verursachung einer Wandlung von Materie zu verstehen.
> 
> >        Gegenstände, die sowohl technische als auch nicht-technische
> 
> >        Merkmale enthalten, sind nur dann Erfindungen, wenn das als neu
> 
> >        und erfinderisch Beanspruchte, also der Kern der Erfindung, im
> 
> >        Technischen liegt. Ein durch ein DV-Programm auf bekannten
> 
> >        Geräten gesteuerter technischer Prozess ist genau dann eine
> 
> >        Erfindung, wenn er auf neue Weise Naturkräfte zur unmittelbaren
> 
> >        Verursachung eines nach bisherigem Wissensstand nicht
> 
> >        rechnerisch vorhersehbaren Erfolges bei der Herstellung
> 
> >        materieller Güter nutzt.
> 
> 
> </color>"Wandlung von Materie" - Was ist das? (Klingt irgendwie katholisch). In welcher 

Wir hätten auch schreiben können "physischer Effekt".
Aber Elementarbegriffe sind vorzuziehen, wenn man sie finden kann.
In den USA gibt es den Begriff "transformation of matter", der bis
zu seiner Aushöhlung in den 80er Jahren hier häufig gebraucht wurde. 

> Weise soll sich das von der "klassischen" BGH-Definition
> unterscheiden?

Von letzterer unterscheidet sich nur die Forderung nach rechnerischer
Unvorhersehbarkeit.  Das Kollesche Unmittelbarkeitsprinzip würde auch
genügen, aber doppelt gemoppelt hält besser.

> Was ist mit "Energie", die - Einstein hat es uns ja gelehrt - nichts
> von Materie wesensfremdes ist?

Was könnte von einer solchen Unterscheidung abhängen?
 
> Bei der Erfindung kann es m.E. nicht darauf ankommen, ob man einen
> Erfolg rechnerisch vorhersehen kann. Wenn man sich anstrengt und ein
> grosses Budget hat, kann man fast alles "rechnerisch vorhersehen".
> Da sind nur noch rechnergesteurte Verfahren im Unkreis makroskopischr
> Quantensysteme patentfaehig. Das kann es ja wohl auch nicht sein.

Hier kommt es nicht darauf an, was man theoretisch rechnerisch vorhersehen
könnte, sondern was ein Erfinder nach dem Stand der Technik eher durch
Rechnen als durch Laborexperimente findet.  Hier liegt, wie an vielen
Stellen im Patentwesen, ein gewisser Ermessensspielraum.

Es geht darum, dass die Erfindungsleistung bei einem Naturkräfte-Fachmann
liegt und in dem Pflichtenheft enthalten ist, welches der
Programmierfachmann vorgegeben bekommt.  Es soll kein Interesse an einer
Monopolisierung der Software bestehen. Die Erfindungsleistung soll
tatsächlich nicht in einem abstrakten Prinzip (vgl Paketsortierung)
sondern in einem physischen Prozess liegen, den das Programm bloß
abbildet.

> <color><param>7F00,0000,0000</param>> Die grundsätzliche Annahme eines
> kausalen Determinismus hat nichts mit > Vorherberechenbarkeit nach
> bisherigem Wissensstand zu tun.
> 
> </color>Wie soll man denn den "bisherigen Wissensstand" z.B. hinsichtlich moeglicher 
> Simulationsrechnungen justitiabel machen?

Auch bisher ist der Wissensstand (Stand der Technik) justitiabel.
Nachzuweisen, dass eine Lösung sich durch Simulationsrechnungen ermitteln
lässt, ist auch sehr einfach.  Man muss der Kammer nur das entsprechende
Rechenprogramm vorlegen.  Die plagen sich heute mit viel schwierigeren
Nachweisproblemen herum.

> > So etwas wie das "gedanklich völlig losgelöste DV-Programm" ist ein
> > Konstrukt, das sich Patentjuristen ausgedacht haben, um den Art 52
> > konfus erscheinen zu lassen.  Eigentlich wäre eine Auslegung wie die
> > unsere vorzuziehen, die dem Gesetzgeber Intelligenz unterstellt.
> 
> </color>Begruendung?

Wir kommen mit 1 DIN A4-Seite aus und können uns einen Reim aus dem Gesetz
machen, bei dem alle Formulierungen sinnvoll und realitätsbezogen
erscheinen.

In

	http://swpat.ffii.org/vreji/papri/bpatg17w6998/

hingegen sieht sich das BPatG gezwungen, zwischen 3 verschiedenen z.T.
zueinander gegensätzlichen Lehren zum Wesen einer geheimnisvollen Entität
namens "Programm als solches" auszuwählen und entscheidet sich für die
unverschnörkelte, welche es als bedeutungsgleich mit "Programm" betrachtet
und somit diesem Begriff eine realitätsbezogene Bedeutung gibt.  Die
anderne Interpretationen (insb Tauchert und Melullis) widersprechen
deshalb einander, weil sie jede praktische Bedeutung des Begriffs Praxis
wegzuinterpretieren bemüht sind.  Ex nihilo quodlibet.

S. auch Kiesewetter-Köbinger dazu.
 
> <color><param>7F00,0000,0000</param>> Im Falle einer Klage könnte man sich möglicherweise darauf berufen,
> > dass Computerprogramme nichts anderes als Verfahrensbeschreibungen
> > oder Gebrauchsanweisungen seien.  Man könnte dann auch auf Art 5 GG
> > o.ä. pochen.
 
> </color>Das Problem ist dann der Art. 14 GG, auf den der Patentinhaber
> pochen wird, solange der Gesetzgeber nicht im Sinne eines
> Codeprivilegs o.dgl. gesprochen hat.

...
 
> </color>Dann nenne man es anders. Wesentlich ist, dass gesetzgeberisch
> klargestellt wird, dass die Kommunikation durch Software-Code (ueber
> die Frage "Quellcode und/oder Binaries" muesste noch weiter diskutiert
> werden) nicht durch Patentrechte verunmoeglicht werden darf.

> <color><param>7F00,0000,0000</param>> weil sie dies nicht tun sondern
> > selber die Regeln bestimmen wollen,
> > hat RMS allen Grund, ihnen zu misstrauen.
> 
> </color>???
> Noch wird das EPÜ durch Politiker reformiert, nicht durch
> Patentanwaelte etc. pp.

Leider ist das wohl nur in der Theorie so.
Gerade Daniele Schiuma, mit dem RMS redete, spricht ziemlich viele
politische Empfehlungen aus, oder genauergesagt, versucht, mit
juristischen Argumenten politische Entscheidungsspielräume einzuengen, s.

	http://swpat.ffii.org/vreji/papri/iic-schiuma00/

> Die Desinformation in der Presse ist grotesk. Neulichs las ich
> irgendwo (habe Fundstelle leider vergessen), die Chefs der
> Patentaemter haetten sich zusammengesetzt, um das EPÜ zu reformieren.
> Was geht in den Koepfen der Journalisten vor, die sowas schreiben?

In dem Fall zufällig eine Kombination aus Halbwissen und Wahrheit.

> (Abgesehen davon, kleiner Hinweis am Rande: Patentanwaelte sind
> eigentlich ueberhaupt keine Juristen, denn sie haben regelmaessig
> nicht Jura studiert und deshalb auch keine juristischen Staatsexamina.
> Patentanwaelte sind Naturwissenschaftler und/oder Ingenieure mit
> juristischer Zusatzausbildung).
 
> > M.E. lässt sich jedes Verfahren in dieser Terminologie ausdrücken. Die
> > Frage ist nur, ob man es tatsächlich unternehmen will, das jeweilige
> > Verfahren mit einem Prozessor zu steuern.
 
> </color>Nicht jedes Verfahren. Ein Verfahren zur Haertung einer
> Pleulstange, indem man bestimmte chemische und thermische
> Behandlungsschritte durchfuehrt, ist nicht Turing-kompatibel (was
> nicht ausschliesst, dass man eine Maschine mit einem Mikroprozessor
> baut, die das Verfahren praktisch durchfuehrt. Das Haerteverfahren als
> solches ist nicht programmierbar; durch keine Software wird aus einer
> ungehaerteten Pleulstange eine gehaertete).

Das verstehe ich nicht.
Wenn ich eine Apparatur baue, die diverse chemische und thermische
Behandlungsschritte nach unterschiedlichen Vorgaben an unterschiedlichen
Werkstücken programmiert vornehmen kann und dieses als Peripheriegerät an
einen Universalcomputer anschließe, kann ich doch das Härteverfahren
für die Pleuelstange programmieren, oder nicht?
 
> > näherem Hinsehen als falsch:  die "Erfindung" liegt im Programmieren
> > und alle anderen Möglichkeiten sind sekundär, werden aus ersterer
> > abgeleitet und möglicherweise noch nicht einmal offenbart.
 
> </color>Nee. Erstmal muss man die IDEA-Datenverschluesselung erfinden,
> dann kann man sich an das Programmieren machen; siehe meine
> Ausfuehrungen weiter oben.

Eine Programmiersprache ist das naheliegende Ausdrucksmittel für das
Konzept bereits ab seiner ersten Entwurfsstufe.  Ich glaube auch nicht,
dass das in der Praxis anders läuft.  Es gibt nur selten ein Pflichtenheft
in natürlicher Sprache, geschweige denn in Patentbeschreibungssprache.  
Sobald man anfängt, ein Verfahren einigermaßen zu spezifizieren, tut man
schon gut daran, sich einer turing-kompatiblen Sprache zu bedienen.  Man
wird dann allenfalls ein paar Subroutinen unimplementiert lassen.
 
> Ein gutes Verschluesselungsverfahren zu erfinden ist uebrigens nichttrivial. 
> Frag mal Bruce Schneier danach.

Das glaube ich.  Ihr habt da ein untypisches Softwarepatent als Beispiel
gewählt.
 
Huch, es ist sehr spät.  Ich hoffe, ich habe die wichtigsten Punkte
beantwortet.  Danke für die Diskussion.

-phm