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Re: Internet und Demokratie..



> > > Leider hat es in der Geschichte nur zu wenige Beispiele dafuer gegeben,
> > > weswegen jetzt immer alle meinen, ohne Demokratie wuerden sie uebern
> > > Tisch gezogen werden oder ausgebeutet werden.

Simone, wissend, welche Rolle Dir in einer Dikta^WMonarchie
gefallen würde, bin ich trotzdem geneigt, Dir zuzustimmen. ;-)

> > Vielleicht sollte man sich auf die wesentlichen Werte der Demokratie
> > besinnen und andere zur Disposition stellen.  Wesentlich ist die
> > Legitimation von unten, die Offenheit, die Moeglichkeit zur Teilnahme.
> > Unwesentlich das Mehrheitsprinzip, vor allem dort wo die Mehrheiten nur
> > auf Materialschlachten um die Gunst der Desinteressierten beruhen.
> > Neue Kommunikationsmoeglichkeiten bringen eigentlich auch neue
> > Moeglichkeiten zur Organisierung des Gemeinwesens.  Manche demokratische
> > Dogmen koennten dabei zur Disposition gestellt werden.

Das klang doch schonmal sehr vielversprechend, dann aber leider
gleich wieder ein Rückzieher:

> Meine persoenlichen Erfahrungen der letzten 1-2 Jahre zeigen mir
> allerdings, dass selbst innerhalb der jetzigen Strukturen der
> demokratische Anteil schon viel zu sehr zur Disposition gestellt wurde.
> Die Organisatoren der Volksabstimmungen sind auch von dieser Erfahrung
> motiviert.  Bei aller Skepsis gegenueber der Weisheit einer
> desinteressierten Menge vertraut man sich der doch noch lieber an als
> entfremdeten Expertenoligarchien und Konzerndienern.

Natürlich. Weil letztlich fast alles besser ist, als die inzwischen
beinahe undurchschaubare Lobbyarbeit hinter den Kulissen?

>  Die Materialschlacht
> setzt immerhin noch einiges in Bewegung.  Und gerade das Internet bietet
> da den Stimmen der Vernunft ueberproportionale Entfaltungsmoeglichkeiten.
> Wenigstens die totale Idiotie, wie z.B. Swpat, kann man ueber die Hebel
> Internet und Parlament ins Wackeln bringen.

Problem ist: Der Anteil an Volk, den Du effektiv über dieses Medium
erreichen kannst, ist verschwindend. In Wählerprozenten: 0. Die
Schwierigkeit ist IMO weniger das Medium (auch), aber vor allem die
"Message". Ob der freie Programmierer stirbt oder nicht, was geht es
Otto-Normalverbraucher an? Computer-Fuzzies, eine Randgruppe. Klar
haben jetzt viele Computer und Internet, aber als Konsumenten, wie
Fernsehen. Software kommt von Micro$oft, was gibt es da mehr?

Was Du brauchst, ist Meinungsmache. Ganz kalkuliert, nichts mit
Überzeugung und dergleichen. Man muß sich scheinbar die Hände
schmutzig machen, um das Spiel zu spielen.

>  Die Parlamente moegen durch
> Parteien verkrustet sein, aber sie sind offener als die Regierungen.  In
> den Regierungen setzt sich ein geschlossener Kluengel ueber die Dynastien
> hinweg fest, s. "Yes Minister".  Im Kampf gegen frischen Wind und
> Offenheit holen die sich ihre Sachzwaenge aus Bruessel.  Das "Europa der
> Grosskonzerne" spielt zur Zeit den Gegenpol der Demokratie, das schwarze
> Loch, auf das sich alle Oligarchen stuerzen.

Ack. Die einzige Chance, die Du hast, ist, im System jemanden mit
Weitblick und Gewissen zu finden, dem es auch über die aktuelle
Wahlperiode hinweg nicht egal ist, was aus dem Land wird. Und der
überhaupt /versteht/, worum es geht. Das betrifft nicht nur SwPat.
Gibt es, zum Glück. Hoffe ich.

> Insofern sind derzeit sogar leicht angesaubt klingende demokratische
> Dogmen heute noch immer fortschrittlich.  Ein Wort wie "Populismus" will
> fuer mich nicht so recht zum Negativbegriff werden.

Demokratie von unten? Daran glaube ich nicht mehr so recht. Der
Pöbel gehorcht so einfachen Gesetzen, daß es trivial ist, ihn zu
kontrollieren, wenn man nur bereit ist, sich auf ein bestimmtes
ethisches Niveau herabzulassen. Wenn Du das wolltest, müßtest Du
"Populist" sein. Du kannst es offensichtlich nicht, ich auch nicht.

Ok, wahrscheinlich alles etwas schräg und überspitzt.
In vino veritas. :-)

MfG