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Re: Allmendentragoedie und Parzellentragoedie



Kristian Kohentopp schrieb:

> Der Begriff "geistiges Eigentum" hat noch einen anderen Bug.
> Er suggiert eine Parallele zu physischem Eigentum in dem Sinne,
> dass die monopolistische Verfuegungsgewalt ueber den fraglichen
> Gegenstand unbefristet waere.
>
> Das ist genau nicht der Fall: Alle bekannten Arten geistigen
> Eigentums sind auf die eine oder andere Art befristet. Bei
> Urheber- und bei Patentrechten ist dies explizit gemacht, durch
> die Laufzeit der Schutzrechte. Bei den Markenrechten ist dies
> implizit, durch die Notwendigkeit, die Schutzrechte aktiv
> wahrzunehmen, also den geschuetzten Begriff oder das geschuetzte
> Logo aktiv zu verteidigen (durch Abmahnungen etc).
>
> Der Sinn (also die Ursache fuer die Entstehung dieser Rechte)
> von geistigem Eigentum, speziell bei Urheber- und Patentrechten
> ist NICHT die Sicherung der Eigentumsrechte, sondern die
> Schaffung von Vorasusetzungen fuer die Schaffung moeglichst
> grosser intellektueller Vielfalt. Dazu gehoert, als Begruendung
> fuer die Schaffung der Schutzrechte, die Schaffung von
> Lebensgrundlagen fuer die hauptberuflichen Autoren von Content
> und die Schaffung von Schutz fuer die Investoren in Content.
> Dies ist aber niemals Selbstzweck gewesen, sondern immer nur
> Mittel zum Zweck.

Die

	Patentbewegung
	http://swpat.ffii.org/stidi/lijda/

gruendet auf dem Versuch, das "geistige Eigentum" zum Selbstzweck zu
erheben.  Das wurde, wie auf der genannten Seite zitiert, waehrend der
franzoesischen Revolution in feierlicher Weise betrieben, und im Jahre
2000 scheint das BVerfG aehnliches erklaert zu haben, wenn man dem
Urteilszitat von PA Springorum, das auch hierher gesandt wurde, glauben
darf.

Heiko meinte, das GG gehe von einem abstrakten Eigentumsbegriff aus, der
nicht unbedingt an Sachwerte gebunden sei sondern Ansprueche aller Art
umfassen koenne, so auch Rentenansprueche oder patentierbare Leistungen
und vielleicht alle Grundrechte.  Letzteres hat Heiko nicht gesagt, aber
ich kann mir keinen Begriff vorstellen, der sowohl das physische Eigentum
(Eigentum an nur einmal existierenden und beschaedigbaren Sachwerten) als
auch Rechtstitel begruendende Ansprueche aller Art umfasst.

Ich faende es einsichtiger, wenn man das Patentrecht als ein indirektes
Recht an physischen Gegenstaenden auffassen wuerde.  Naemlich das Recht,
einen bestimmten Teil des Warenflusses zu kontrollieren.  Das kommt dem
physischen Eigentum sehr nahe und erklaert auch, warum mit der
Patentierung immaterieller Gegenstaende eine weitere Grenze ueberschritten
wird.  Ginge man hier, wie das BVerfG es allzu unvorsichtig zu tun
scheint, noch ein Stueckchen weiter, so kann man etwa Gerhard Schroeder
kaum ein "Eigentum" an seinem Kanzleramt absprechen.

Worauf stuetzt sich eigentlich das BVerfG, wenn es Urheberrecht und
Patentrecht unter "Eigentum" nach GG subsumiert, aber andere Rechte
nicht?

--
Hartmut Pilch                                      http://phm.ffii.org/
Pflege statt Pluenderung der Informationsallmende: http://www.ffii.org/
Schutz der Innovation vor der Patentinflation:   http://swpat.ffii.org/
78600 Unterschriften gegen Logikpatente: http://petition.eurolinux.org/