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abstrakter Eigentumsbegriff



Heiko R antwortete:

> > Worauf stuetzt sich eigentlich das BVerfG, wenn es Urheberrecht und
> > Patentrecht unter "Eigentum" nach GG subsumiert, aber andere Rechte
> > nicht?
>
> NJW 71, 2163, da muesste man nachgucken. Ich fands in Schunck/De Clerk.
> "jegliche private Vermoegenswerte dinglicher oder schuldrechtlicher Art",
> auch durch oeffentliches Recht gewaehrte Positionen, soweit sie
> vergleichbar sind.

Der hart erarbeitete Anspruch auf das Bundeskanzleramt ist sicherlich auch
ein Vermoegenswert.  Ebenso die Freiheit, ein selbst-geschriebenes
Programm unbeschadet von ploetzlich auftauchenden Patenten zu vermarkten.
Fast jedes Grundrecht stellt auch einen Vermoegenswert dar oder zumindest
ein verbrieftes Mittel, um solche potentiellen Werte zu erwerben und zu
verteidigen. Mehr ist ein Patent ja auch nicht.

Wo zieht die NJW hier denn die Grenze?
Ist sie etwa nur dem Modewort "geistiges Eigentum" aufgesessen und hat
nach dieser Grenzziehung gar nicht gefragt?

> Tragoedie ? Es heisst doch nichts fuer die Zukunft.

Der Betreff "Allmendentragoedie" war natuerlich nicht mehr aktuell.

Ich schrieb auch zuvor, dass aus den Ausfuehrungen des BVerfG m.E. nichts
folgt.  Allerdings folgt auch aus Art 27 TRIPS bei genauerem Hinsehen
nicht wirklich etwas.

Aber indem unsere Rechtsbegriffe verwirrt und ueberall Fallstricke
aufgebaut werden, koennen wir eventuell doch irgendwann in ein
unentrinnbares Netz geraten, wenn die WIPO sich weitere Vertraege
einfallen laesst und unsere Patentbewegung im BMJ das alles durch
den Bundestag peitschen laesst.  Das geht alles scheibchenweise.

Der MPI-Nachwuchs-"Wissenschaftler" Daniele Schiuma etwa schrieb nicht nur
einen recht schamlosen Artikel ueber den TRIPS-Vertrag und die daraus
angeblich erwachsende Verpflichtung zur Software-Patentierung

	http://swpat.ffii.org/vreji/papri/iic-schiuma00

sondern stand auch bei einer Podiumsdiskussion mit Stallman und ein paar
Patentfuzzis im Muenchen im Oktober im Publikum auf und meinte,
Softwarepatente seien in Deutschland, anders als in den USA, schon wegen
der Eigentumsgarantie in Art 14 GG erforderlich.  Es fiel Stallmann dann
natuerlich schwer, das zu widerlegen, und fuer den Moment hatte Schiuma
einen Punktegewinn erzielt.

Gleiches praktizieren auch Springorum und andere Leute gerne regelmaessig.
Man kann damit eine Stimmung der Unausweichlichkeit, des Fatalismus
(Kismet, Globalisierungs-Sachzwaenge etc) schaffen.  Andere Argumente
haben die Swpat-Befuerworter ja auch nicht, und diese sind schon recht
wirksam.

Jemand erklaerte mir, mit der Hochschulreform haetten die deutschen
Professoren ihre Unabhaengigkeit und Wuerde verloren und die Universitaet
sei zum Tummelplatz fuer Wissensprostituierte geworden, die beflissen dem
jeweiligen Zeitgeist das Maentelchen der Wissenschaftlichkeit umhaengten.
Das gelte insbesondere aber bei weitem nicht nur fuer die Rechts- und
Geisteswissenschaften.  Heute zehren diese Leute offenbar noch von einem
Ansehen, welches fruehere Generationen erwarben.  Mit dem Aufbau des
Hochschulpatentwesens wird die Tendenz noch einen wesentlichen Schritt
vorangetrieben.

--
Hartmut Pilch                                      http://phm.ffii.org/
Pflege statt Pluenderung der Informationsallmende: http://www.ffii.org/
Schutz der Innovation vor der Patentinflation:   http://swpat.ffii.org/
78600 Unterschriften gegen Logikpatente: http://petition.eurolinux.org/