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Re: Verlust der Verfassung



Heiko Recktenwald <uzs106@ibm.rhrz.uni-bonn.de>:
> [Hauke Moeller]:

>> Das Bundesverfassungsgericht ist nicht der Meinung, daß ihm eine
>> Prüfung untersagt wäre, sondern daß es zwar eine Prüfungskompetenz
>> hat, diese aber nicht ausübt, solange der EuGH einen vergleichbaren
> Genau.
>> Grundrechtsschutz gewährleistet. Das ist rechtsdogmatisch natürlich
>> nicht haltbar.

> Wieso ? 

Angenommen, die Grundrechte des Grundgesetzes binden wie in Art. 1
III GG vorgesehen alle staatliche Gewalt (Gesetzgebung, vollziehende
Gewalt und Rechtsprechung); auch dann, wenn es sich um nicht direkt
ausgeübte, sondern gemäß Art. 23 oder Art. 24 GG übertragene
Hoheitsgewalt handelt.

Dann sind alle deutschen Gerichte verpflichtet, auch Europarecht, das
auf übertragener Gesetzgebungskompetenz beruht, am Maßstab der
Grundrechte zu überprüfen und gegebenenfalls nicht anzuwenden. Nach
Art. 100 I GG kann das Gericht ein Gesetz nicht selbst verwerfen,
sondern muß es dem Bundesverfassungsgericht vorlegen. Dieses hat dann
(gemäß Art. 93 I Nr. 5 GG i.V.m. 100 I GG) darüber zu entscheiden.

Bei dieser Aufgabe des BVerfG handelt es sich nicht (nur) um ein
Recht, sondern um eine Pflicht. Das Gericht hat nicht das Recht, auf
die Ausübung dieser Kompetenz zu verzichten.

>> Grundrechtsschutz leerläuft. M.W. hat der EuGH noch nie auf Klage
>> eines Bürgers eine Rechtsnorm wegen Verletzung von Grundrechten für
>> unanwendbar erkärt.

> Costa Enel ?

Ich präzisiere: M.W. hat der EuGH noch nie auf Klage eines Bürgers
eine Rechtsnorm *des* *Gemeinschaftsrechts* wegen Verletzung von
Grundrechten für unanwendbar erkärt. (Nach wie vor gilt, daß ich das
nur aus einer Sekundärquelle und nicht selbst überprüft habe. Gemeint
sind wohl auch nicht die Grundfreiheiten der Europäischen Verträge,
sondern die Grundrechte aus den gemeinsamen
Verfassungsüberlieferungen.)

Hauke