Re: Massverhaeltnisse des Politischen

[Holger Veit <holger.veit@ais.fhg.de>]

On Tue, Feb 05, 2002 at 12:25:55PM +0100, Heiko Recktenwald wrote:
> > Was hat er denn angedroht ? Der hat doch allerhoechtens behauptet, dass
> > nach seiner Privatmeinung, denn er ist ja nur RP, irgendetwas strafbar sein
> > koennte. Dabei haette er ganz andere Moeglichkeiten.
> 
> Oder etwas ausfuehrlicher: Drohung ist das Inaussichtstellen eines Uebels,
> auf dessen Eintritt der Taeter Einfluss zu haben vorgibt. Also etwa "ich
> bring Euch alle um". Wir sind zwar in Nordrheinwestphalen, aber...

Wenn Du das zu mir sagen wuerdest, muesste ich folglich annehmen, dass
Du das ernst meinst und es mit mir (ob Du das allen androhst, ist fuer mich
persoenlich irrelevant) anstellen wuerdest, wenn wir uns begegnen, oder
sollte ich das fuer einen Bluff halten? Das kann ich nicht wissen.

Wenn der RP sagt, "rotten.com" ist strafbar und muss gesperrt werden, sonst
schicke ich euch Providern Rollkommandos mit Seitenschneidern auf den Hals,
die alle Netzverbindungen kappen, soll ich darueber lachen und es 
als netten Scherz ignorieren? Ich mag zwar da nach TDG o.ae. irgendein
Recht auf meiner Seite haben, aber wenn die Staatsgewalt, auch dann 
wider Erwarten und trotz 100%iger Rechtswidrigkeit mir meine Server
und mein Geschaeft beschlagnahmt, bis dann nach ein paar Tagen
vielleicht mein Anwalt gegen schnarchkoepfige Richter und Staatsanwaelte 
mal halbwegs eine einstweilige Verfuegung erwirkt, ist mein Business 
laengst den Bach runter, und die Server bleiben, bis der Aktenstapel
bis zum Fall "Provider gegen RP" runtergearbeitet ist, erst mal in der 
Asservatenkammer. Und der Sieg, den ich dann vielleicht erringe, ist
ein Pyrrhussieg.

Was bei solchen "Meinungsaeusserungen" ablaeuft, ist Hacking des Rechts;
man benutzt den Zeit- und Kostenfaktor bis zu den Fallverhandlungen als 
Hebel, um etwas zu erzwingen, in dem bewussten Wissen, dass die Gegenseite
nur verlieren kann, sogar wenn sie irgendwann mal Recht bekommt. Das
hat mit Justiz und Recht nichts mehr zu tun; das ist die Gewalt dessen,
der sich den laengeren Atem leisten kann. Ist eigentlich auch das 
Grunddilemma des Rechts: wenn ich jemanden umbringe, dann ist der nachher
tot; selbst wenn ich dann fuer Jahre in den Knast kommen sollte - ich habe
gewonnen und mein Ziel erreicht. Was kuemmern mich also Gesetze (schon
gar nicht, wenn mein Tun als RP eh nicht strafrechtlich relevant sein 
duerfte)?

Holger

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