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Re: Aus der Duesseldorfer Sperrverfuegung ...



Ich konstatiere ad 1, dass niemand mein erstes Argument widerlegt hat,
dass die Anordnung in sich schon nicht schlüssig ist, weil sie dritte
Quellen nutzt, um das Verbot einer Quelle zu rechtfertigen... Das
alleine müsste schon reichen, die Anordnung zu kippen.

On Mon, Feb 18, 2002 at 12:00:00AM +0000, Mario Dueck wrote:
> Rigo Wenning meinte am 18.02.02 im Brett /ML/FITUG
> zum Thema "Re: Aus der Düsseldorfer   Sperrverfügung ...":
> 
> > Zweitens ist die Verhältnismässigkeit als Verfassungsprinzip auch von
> > Büssow zu beachten. Büssow generiert Aufwand. Der Aufwand muss durch
> > ein Ergebnis gerechtfertigt werden.
> 
> Momentan ist da noch mords viel Hand- und Kopfarbeit mit dabei, aber
> vielleicht lässt sich der Aufwand ja durch Automation drastisch  
> verringern. Die Herren, mit denen wir's zu tun haben, die sind ja vom Fach  
> - wird sich Herr Büssow sagen - und auf entsprechende Vorschläge warten.

Ronellenfitsch hat das auf den Punkt gebracht, als er von einem
Wettrennen sprach. Was passiert denn, wenn die Nazi-Deppen von
domain-namen wieder Richtung free-hoster wandern?
> 
> > Man hält wirklich kaum jemanden ab mit den Sperrungen
> 
> Das ist fraglich. Wo nimmst Du das her? Oder weisst Du von jemand, der  
> zählt?

Gab's da nicht 1997 die Studie des Medienrats?
http://www4.medienrat.de/bda/int/medienrat/doku/webblock3.html
> 
> > Die Nazi-Deppen sind jetzt noch bekannter.
> 
> Das legt sich.
Das ist kein Argument zur Begründung einer Verfügung jetzt. Auf die
Dauer macht man diese Gruppe nur bekannter und erreicht das Gegenteil
von dem, was man eigentlich erreichen will.
> 
> > Lässt das GG ein Verbot zu, Feindradio zu hören?
> 
> Falscher Vergleich - denn wie Du selbst schreibst:
> 
> > Web ist PULL bis dato..
> 
> Da wird nicht der Empfang von Sendungen aus dem Ausland verhindert,  
> sondern ein massenhafter individueller Abruf von hier. Das ist etwas  
> anderes.

Full Stop: Hier geht es nicht um web-server in Deutschland. Damit habe
ich keine Probleme. Wenn in DE etwas heruntergenommen werden muss,
ist das eine reine DE-Geschichte und wir müssen uns nach unserem
Verständnis von Meinungsfreiheit fragen.

Hier geht es um Feindradio. Irgendeine Information in einem Land X ist
dort legal, aber in DE nicht. In X ist diese Information allgemein
zugänglich. Auch in US ist die Info zugänglich (aus X). Nur in DE soll
diese Info dann nicht zugänglich sein. Da will jemand Feindradio
verbieten und uns die Brille aufsetzen. Ich halte das für extrem
gefährlich für die Demokratie (als Präzedenzfall). 

> 
> > s.o. dieser Satz kumuliert die Unterscheidung von pull und push im
> > Urteil. Grosso modo sagten sie damals: Solange Du im Wohnzimmer
> > bleibst, ist das kein Problem. Wenn Du auf die Strasse gehst, um das
> > Ding hier zu verteilen (verbreiten), dann geht das nicht.
> 
> Es geht um das Kriterium "Öffentlichkeit". Wenn sich Neonazis sich  
> untereinander per Mail oder im Chat / "im Wohnzimmer" irgendwelches Zeugs  
> schicken so ist das irrelevant, sobald sie es im Web / "auf der Strasse"  
> zum Abruf bereithalten wird eben eingegriffen.

Öffentlichkeit wo bitte? Is there a there there?
http://aix1.uottawa.ca/~geist/geistjurisdiction-us.pdf
> 
> In der Rauschhofer-Diss. gibt es dazu interessante Argumente. Er macht für  
> die Differenzierung von Medien- und Telediensten aus dem Presserecht die  
> Figur der Privilegierung fruchtbar. Danach werden Dienste der  
> Informationsgesellschaft als Teledienste eingestuft und damit  
> privilegiert, wenn sie "harmlos" sind. Ansonsten seien die Dienste  
> grundsätzlich erstmal als Mediendienste zu betrachten.

am deutschen Wesen soll die Welt genesen. Das setzt doch voraus, dass
ich alles und jedes dem deutschen Recht unterwerfe. Damit werden sich
demnächst Richter aus Japan, USA und Deutschland um denselben Fall
kümmern können. Kann ich dann auch die Abwehrrechte aus den USA geltend
machen? 

> 
> Ähnliche Argumente bringt Hornig bei der Frage des behördlichen  
> Entschliessungsermessens.
> 
> > Das bedeutet: Hosting diesen Inhalts in Deutschland ist von MDStV
> > oder TDG erfasst, nicht aber Durchleitung aus irgendwo.
> 
> Die beiden von Krempl zitierten Öff-Rechtler sehen das offenbar anders.  
> Fraglich ist, ob es bei dieser öffentlichrechtlichen Streitigkeit so  
> bedeutsam ist, was der zitierte Zivilrechtler meint.

Und das ist der Fehler, den ich seit 1997 anprangere. Ich habe
damals die Archive des BVerfG durchwühlt und bin mit dem Urteil
"Leipziger Volkszeitung" fündig geworden. Viele Autoren bewegen sich im
deutsch-deutschen Kontext und denken, das Internet höre an der Grenze
auf. Das tut es nicht. Genauso kann man nicht verhindern, dass
Satelliten in DE empfangen werden können. 

Erst wenn ich das Telekommunikationsgeheimnis durchbreche,
verdachtsunabhängig schnüffele, dann kann die angestrebte Kontrolle
vielleicht Wirkung ziegen: China hat auch Internet. D.h. Sperrungen
werden letztlich bis zu einem gewissen Grad möglich sein. Die Frage ist
nur: Welche Rechte und demokratischen Sicherungen geben wir dafür auf?

Wir versuchen hier also zu klären, warum die Kontrolle erst gar
nicht angestrebt werden darf. Da werden ein paar Web-Seiten behandelt,
als gelte es einen terroristischen Akt zu verhindern. Es geht um Dinge, 
die weit weit im Vorfeld liegen. 

Ausserdem fördert man durch die politische Profilierung den
Rechtsradikalismus. Ich sehe schon die Schlagzeilen vor mir!

<joke>
SPD Regierungspräsident fördert den Rechtsradikalismus. 

Nachdem die Finanzierung via V-Mann inzwischen verpönt ist, greift die
Regierung zu neuen Massnahmen für die Rechtsradikalen im Lande. Für 
massive Publicity wird gesorgt, indem ein Regierungspräsident wilde 
Sperrungsverfügungen an Provider verschickt. 
</joke>

Gruss

Rigo


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