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Re: Stand der Dinge in Sachen Softwarepatente



> > "Programme als solche" sind in meiner Ausgabe des PatG als auch des
> > EPÜ definitorisch als Nichterfindungen ausgenommen; ich weiss, phm
> > hat eine davon etwas abweichende Ausgabe in seinem Schrank stehen.
>
> Glaub ich nicht ;-)
>
> Nur zum Verstaendnis: nehmen wir mal die Waschmaschine mit
> Programmautomatik, in dem MPI Gutachten gibts ja eine beeindruckende Reihe
> von Beispielen. Da sollte man doch annehmen, dass das Programm, das in dem
> Waschmaschinenchip sitzt, das "Programm als solches" ist.

Jein.

Ist der Regentropfen, der herunterregnet, wenn es regnet, das "es" in "es
regnet" ?

Manche Fragen, z.B. wie die nach dem "es" oder dem "Programm als solchem"
sind einfach grammatischer Unsinn.

Selbst einige Leute vom EPA wissen dies wohl.  Zumindest in dem neuesten
Papier

	http://swpat.ffii.org/papiere/eubsa-swpat0202/epo020621/

wird nicht mehr dieses Spiel gespielt.  Stattdessen steht dort korrekt:
"Programme, Gechäftsmethoden etc sind keine patentfähigen Erfindungen.
Sie sind von der Patentfähigkeit aber nur in soweit ausgeschlossen, wie es
bei dem Patentbegehren um diese Gegenstände / Aktivitäten als solche
geht."

Der Als-solche-Satz wurde übrigens als Ergebnis politischen Feilschens im
November 1973 eingefügt, s.

	http://swpat.ffii.org/papiere/muckonf73/

Auch dadurch wird sein Sinn sehr klar.

Axel wird sicherlich wieder mit dem Wort "Programm" spielen.  Das
"Programm in dem Chip" ist keine Erfindung im Sinne des PatG/EPÜ.
Selbstverständlich kann man "Programm" in diesem Kontext nicht als
"Werk" sondern nur als "Lehre/Idee" verstehen.  Jeder einigermaßen
versierte Leser weiß, dass das Wort "Programm" beide Aspekte umfasst, aber
wer unbedingt will, kann natürlich die Bedeutung auf den einen
einschränken und damit das Gesetz zu "Begriffsschrott" machen.
Dies hat sogar der BGH in seinem letzten Swpat-Urteil wieder klargestellt:

	http://swpat.ffii.org/papiere/bgh-suche01/

AHH verwendet weiterhin unbeeindruckt seine zwei gewohnten Methoden, um
ein ungeliebtes Gesetz zu unverbindlichem Begriffsschrott zu machen:

  1. Zerstückelung eines syntaktischen Kontextes und Bestehen auf
     Definition einer Wortgruppe, die keine semantische Einheit bildet
     ("es", "Programm als solches")
  2. Unterlegung eines Wortes mit einer Bedeutung aus einem fremden
     Kontext ("Programm" als Werk)

Diese Methoden sind uralt, und selbstverständlich gewinnt diejenige
Gesetzesauslegung, die das Gesetz nicht als Begriffsschrott verstehen
muss sondern ihm Sinn abgewinnen kann.

Grob gesagt stimmt dein obiges Verständnis schon: das Programm im Chip ist
ein Programm, und wenn ein Anspruch darauf zielt, dieses (egal durch
welche Anspruchsformulierung) in Besitz zu nehmen, richtet er sich auf das
Programm als solches.

Wiegsagt:  auch in dem obigen Satzkontext ist es nicht statthaft, die
Gruppe "Programm als solches" herauszunehmen und zu definieren.  Man muss
schon ganze Sätze bilden, um den Gebrauch von "als solches" zu erläutern.
Das ist auch zunächst eher eine linguistische als eine juristische
Aufgabe.  Eine recht gute Analyse der Frage stammt von PA Reimar König, s.

	http://swpat.ffii.org/papiere/grur-koenig01/

Aber es gibt eben auch Patentanwälte, die alle Argumente ignorieren nur
immer wieder die gleichen beiden semantischen Tricksereien in die Runde
werfen und sich verziehen, sobald Gegenargumente kommen.

-- 
Hartmut Pilch, FFII e.V. und Eurolinux-Allianz            +49-89-12789608
Innovation vs Patentinflation                       http://swpat.ffii.org/
120000 Stimmen 400 Firmen gegen Logikpatente    http://www.noepatents.org/



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