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Re: Stand der Dinge in Sachen Softwarepatente



> >Genau deshalb sind "Programme, Rechenregeln, mathematische Methoden,
> >Entdeckungen etc" nicht als Sachen sondern als Ideen zu
> >verstehen, deren Patentierbarkeit bejaht oder verneint werden könnte.
> >
> >> Es gibt weder im PatG noch im EPÜ ein explizites Verbot von Patenten
> >> auf computer-implementierte Erfindungen.
> >
> >Aber auf das Patentieren von Nicht-Erfindungen, zu denen Rechenregeln,
> >Programme u.dgl. gehören.
>
> Was ist denn eine "computer-implementierte Erfindung" minus Program,1 III
> PatG...?

In der Tat müssen Nicht-Erfindungen dem Stand der Technik zugerechnet
werden.  Sie können für die Beurteilung der Erfindungsleistung nicht
relevant sein.

Dieses Prinzip wird auch in Art 3 unseres Gegenvorschlages zum
Eu-RiLi-Entwurf

	http://swpat.ffii.org/papiere/eubsa-swpat0202/index.de.html#prop

formuliert.

> IMHO bleibt da nur "Peripherie". Was um das Programm herum angemeldet ist.
> Oder "Idee der Peripherie" ;-)

Wenn man auch noch die "Entdeckung" subtrahieren würde, bliebe vielleicht
nichts patentierbares.  Bei genauerem Hinsehen ist sehr fraglich, was
überhaupt eine Erfindung sein soll.  Man kommt wieder zurück zu den
Kritikern des 19. Jahrhunderts, die das Patentwesen für eine faule Frucht
der Zivilisation hielten, die endlich fallen solle.  U.a. wurde
argumentiert, es gäbe überhaupt keine "Erfindungen", die man isolieren
könne und die nicht entweder zu grundlegend oder zu trivial für ein
10/20jähriges Monopol wären.

Als die deutschen Patenttheoretiker noch seriös über diese Dinge
nachdachten, antworteten sie diesen Kritikern mit dem Begriff der
"technischen Erfindung".  Erfindung war demzufolge eine Kombination einer
Entdeckung von Naturkräftekausalitäten mit einer konkreten Anwendung. D.h.
Entdeckung ist Teil der Erfindung, kann von ihr nicht subtrahiert werden.
Der Anwendungsteil dient dazu, den Bereich des Patentes einzuschränken.
In Wirklichkeit aber besteht die Gefahr, dass man eine Oberklasse von
Anwendungen und somit letzlich die Entdeckung selbst beansprucht.  Wie das
eingrenzbar sein soll, wurde m.W. nie richtig erklärt.  Man kann aber
offenbar die Entdeckung nicht von der Erfindung subtrahieren, denn sonst
bliebe nur eine Anwendung, die wiederum eine rein geistige Leistung
(Rechenregel) ist.  Somit müssen Kombinationen aus "Entdeckung +
Anwendung/Rechenregel" patentierbar sein, sofern überhaupt etwas
patentierbar sein soll.  Und in beiden Teilen muss eine Leistung liegen,
wenn man wirklich die Blockierung von Entdeckungen und Rechenregeln
ausschließen will.  D.h. die Naturkräftekausalität sollte neu sein,
und ihre Anwendung sollte spezifisch = nicht alle erdenklichen
Anwendungen beanspruchend ?= nicht naheliegend sein.

Eigentlich ist es traurig, dass wir uns jetzt Gedanken über die Reparatur
des Erfindungsbegriffs machen müssen, während die Patentleute sich damit
begnügen, bei uns Fehler zu suchen. Wenn kein Erfindungsbegriff gefunden
werden kann, der für hinreichend enge und nicht-triviale Patete sorgt,
muss das Patentwesen abgeschafft werden.  Wir müssen wieder zurück zum
Ausgangspunkt des 19. Jahrhunderts kommen.  Wer für ein Patentwesen
plädiert, ist in der Bringschuld.

-- 
Hartmut Pilch, FFII e.V. und Eurolinux-Allianz            +49-89-12789608
Innovation vs Patentinflation                       http://swpat.ffii.org/
120000 Stimmen 400 Firmen gegen Logikpatente    http://www.noepatents.org/


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