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Re: Datenschutz: Anzeige gegen T-Online




Rigo Wenning schrieb:

>
>
> Die Frage ist eher, wie man einen Alternativ-Vorschlag bei der nächsten
> Evaluation des Gesetzes einbringt, der für alle Seiten Sinn macht... Mit
> den derzeitigen defaults kommt man IMHO bei den Datenschützern nicht
> weit.

Es gibt im deutschen Datenschutzrecht überhaupt keine Fragen. Wichtig ist
("den" Datenschützern) nur, daß der Grundsatz der Vollanonymität gewahrt
wird. Vollanonymität ist entweder eine geniale Idee oder Schwachsinn.
Eigenartig, daß dann aber nicht darüber diskutiert wird. Ich kann nur sagen:
wenn Heiko oder Rigo Wenning vollanonym surfen wollen, habe ich damit kein
Problem. Aber wenn sie mir erzählen wollen, ich muß auch "geschützt" werden,
weil ich sonst durchleuchtet werde, dann möchte ich den Beweis dafür sehen,
daß ein gläserner Thomas Riedel irgendwen mehr interessiert als ein gläserner
Heiko Recktenwald oder Rigo Wenning. Das Zauberwort "gläsern" verdeckt nur,
daß es sich um Trivialitäten handelt, die zudem überhaupt keine wesensmäßige,
charakterisierende Aussagekraft haben. 99% von mir (und von allen anderen)
sind so stinknormal, daß für 99% aller Zwecke die Aussage reicht, daß ich ein
Mensch bin. Es ist eine kitschige romantisch-fehlgeleitete Vorstellung, ich
oder jemand sonst sonst könnte sich "seiner" Daten entäußern. Daß Lutz
Donnerhacke nicht ans Bein gepißt werden will, ist als Datum genauso sehr
(und genauso wenig) sein personenbezogenes Datum wie das jedes anderen dieser
Liste, weil er dem Pissenden sonst die Fresse poliert. Angst und Schrecken
kann man nur verbreiten, wenn andere gleichzeitig von Angst und Schrecken
erfüllt werden. Das fällt unter den Begriff der "Öffentlichkeit". Wer sich
profan in der Öffentlichkeit äußert, sendet Signale aus, die ich zB durchaus
zu interpretieren weiß. Und ich kann sie nur deshalb interpretieren, weil es
Handlungsalternativen gibt, die auch von der Mehrheit beachtet werden, zB
sich an seine gute Kinderstube zu erinnern. Daß diese Mehrheit nicht flucht
und droht, ist kein Datum, aber es ist eindeutig ein Signal. Es sind keine
Daten über die sonstigen Eigenschaften von Herrn Donnerhacke notwendig. Ich
weiß schon mehr als mir lieb ist. Es geht in der Gesellschaft stets um
Interpretation, nicht um Daten als solche. Vollanonymität löst dieses Problem
nicht, sondern verschärft es. Ich kann nicht als Betonkopf die absolute
Vollanonymität mit dem Datenschutz gleichsetzen, ohne irgendwen mit noch so
beachtlichen Gegenargumenten überhaupt zu Wort kommen zu lassen, aber
gleichzeitig glaubhaft argumentieren. alle Individuen würden "durchleuchtet".
Sie selbst leben ihr Credo, daß nur eine (ihre) Meinung und nur ihre
veraltete und fehlerhafte Empirie gelten sollen. Wie könnten sie dann davon
ausgehen, zB Konzerne würden sich um das tatsächliche Präferenzenprofil von
XYZ kümmern, wenn sie alle über einen Kamm scheren können? Es geht um
Interpretationsmacht, in der Politik, in der Wirtschaft und nicht zuletzt
auch bei den hardcore-Datenschützern des "Weiter so!". Nicht um Daten
(Empirie) und offene  Modelle ihrer Interpretation.

Beste Grüße,

Thomas



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