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Re: [FYI] Ring/KJM: Sperrverf



On Sun, 21 Dec 2003, Florian Weimer wrote:

> In der vorgeschlagenen EU-Verfassung wird das Prinzip der
> Verhältnismäßigkeit jedenfalls recht lange breitgetreten und das
> Äquivalent zu Artikel 1 GG nicht explizit ausgenommen (zumindest nicht
> an prominenter Stelle).

Ich hoffe mal, dass die EU-Verfassung nicht dazu da ist, den deutschen
Wertekatalog des Grundgesetzes und die Verfassungsgerichtsbarkeit ausser
Kraft zu setzen.

Immerhin heisst es in Art.1, Abs.3:

Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und
Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Zumindest das deutsche Grundgesetz habe diese Rechte ausdruecklich hervor.

Eine EU-Rechtssprechung, die das nicht respektiert, sollte daher
eigentlich verfassungswidrig sein?

> EU-Recht bricht Bundesrecht. Der Bund kann bekanntlich Hoheitsrechte an
> zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen.

Hoheitsrechte schon. Aber der exponiert hervorgehobene Rechtekatalog im
Grundgesetz ist nach meinem Laienverstaendnis nicht verhandelbar.

BTW: Australien kennt so einen Rechtekatalog nicht. Die Constitution des
Commonmwealth of Australia regelt nur die Institutionen. Eine "Bill of
Rights" gibt's auch nicht.

Das gibt dem Staat eine groessere Machtfuelle gegenueber dem Individuum.
Kein Verfassungsgericht weit und breit..

> Aber das ganze war sowieso nur als Anreiz gedacht, mal einen Blick in
> die (nun wohl obsolete) EU-Verfassung zu werfen.

So ganz obsolet ist sie nicht. Immerhin ist in Bruessel ein maechtiger und
ziemlich unkontrollierter Apparat entstanden. Hab noch ein paar mehr Duces
von der Art des scheidenden EU-Praesidenten..

> > > Darf ein deutscher ISP z.B. eine dänische Webseite aus weltanschaulichen
> > > Gründen sperren?
> >
> > Erst einmal ja. Auf deutschem Boden gilt deutsches Recht.
>
> So einfach ist dies nicht mehr, spätestens seit dem EuGH-Urteil zu
> Frauen in Bundeswehr-Kampfverbänden ist dies überdeutlich.

..

> > Gibt es da Bestimmungen, die eine deutsche Regelung, Sperrungen
> > betreffend, untersagen wuerden?
>
> Die Bestimmungen wurden natürlich nicht mit Hinblick auf diese
> Problematik vorgeschlagen. Nur gehe ich davon aus, daß sie auch auf
> diesen Bereich anwendbar sind, was mittelfristig der ganzen
> Angelegenheit eine weitere interessante Wendung geben dürfte.

Derzeit wird vorallem immer versucht, ueber zwischenstaatliche Vertraege
in die nationale Gesetzgebung einzugreifen, wenn es um wirtschaftliche
Interessen geht.

Wann eigentlich hat ein Gesetzgeber zuletzt Grundgesetz Art.14, Abs. 2
gelesen?

Mir gruselt inzwischen vor dem Freihandelsabkommen, welches Howard vor den
naechsten Wahlen mit den USA abschliessen moechte. Die drei derzeit
strittigen Punkte sind die Gesetzgegung, die der pharmazeutischen
Industrie Grenzen auferlegt, um das Gesundheitswesen bezahlbar zu machen,
der 55%ige Anteil australischer TV-Produktionen in den Programmen, um
einen eigenstaendigen Medien-Blick zu erhalten, und die Landwirtschaft.

Da Howard sich kaum leisten kann, mit den Farmern anzulegen und ein
Rumdoktorn am Gesundheitswesen extrem unpopulaer ist, wird wohl die
Medienlandschaft dran glauben muessen.

Murdoch wird's freuen..

Anyway, hier hat man bis jetzt zumindest das Gefuehl, waehlen zu duerfen,
wer einen hinterher besch****. In Bruessel ist das nicht so recht der
Fall.

Gruss
Peter

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