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Re: [FYI] SZ: Ein Staat mit tausend Augen



Am 03.01.2004 18:07 schrieb Hartmut Pilch:
Studien kann man idR auch so auslegen, wie man es gerade braucht.
Um ehrlich zu sein, geht das mit der Überwachung für mich gar nicht so recht aus dem kurzen Artikel hervor...
Die Erfahrung der Abnahme von Verbrechen in den ueberwachten Raeumen erscheint ja nicht unplausibel und wird auch sonst vielfach berichtet.
Ja. Nur als ich gestern den Artikel laß, wurde selbst diese sonst
verbreitete Ansicht nicht so klar. Er hatte doch Videoüberwachung nur im
Atemzug mit anderen "Verbesserungen" im Rahmen der Strafverfolgung
genannt und sich auch sonst nicht so wirklich darauf konzentriert.

Mit dem Verdraengungsargument wird die Wirksamkeit von Kameras implizit
anerkannt. Wenn man das Verdraengungsargument bringt, ohne zuvor die Wirksamkeit der Kameras explizit anzuerkennen, wirkt das wie
Kameras sind je nach verfolgten Zweck auch wirksam zur Prävention bei
bestimmten Straftaten. Sie verändern die Tatgelegenheitsstruktur,
gehören also zur sekundären Prävention. Wenn man aber davon ausgeht,
dass es wichtiger ist bestimmte Werte zu vermitteln oder an den Ursachen
von Kriminalität im Allgemeinen zu forschen, dann gestaltet sich
Videoüberwachung als denkbar ungünstiges Mittel.

argumentatorisches Versteckspiel und weckt wenig Vertrauen darin, dass das Gegenueber an gemeinsamer Wahrheitsfindung interessiert ist.
"Wahrheitsfindung" ist immer so eine Sache...

(Datenschutz und Strafverfolgung)
Beides sind heilige Kuehe, denen man Lippenbekenntnisse zollen muss, wenn
man seine Ziele durchsetzen will.  Was diese Ziele sind, weiss der
Gespraechspartner deshalb nicht.
Die Unterstellung kann ich natürlich auch in jeder Diskussion von mir
werfen, ist äußerst produktiv.

Es kommt daher auf den Einzelfall drauf an wo man sagt, dass hier
Strafverfolgungsinteressen schwerer wiegen, als die Interessen einiger
Menschen auf Datenschutz und was sich daraus ableitet und ggfs.
mitbetroffen ist. Das darf weder darauf hinauslaufen, dass jegliche TK
präventiv abgehört werden darf oder grundsätzlich öffentliche Plätze
überwacht werden, noch dass TK in keinem Fall abgehört werden darf oder
das man grundsätzlich während einer Straftatverfolgung in den
Datenschutz nicht eingreifen darf. In allen Fällen muss etwas bestimmten
Grundsätzen, sei es Zweckbindung, Erforderlichkeit oder vor allem
Verhältnismäßigkeit, genügen.
Abstrakt kann dem jeder Proponent "grundsaetzlicher Ueberwachung
oeffentlicher Raeume" zustimmen.
Ja.

Er wird argumentieren, die Ueberwachung sei verhaeltnismaessig, laufe streng kontrolliert mit wirksam begrenzten Missbrauchsmoeglichkeiten ab
und bringe enormen Nutzen, greife vielleicht sogar weniger in individuelle Rechte ein als alternative aehnlich erfolgversprechende (und viel teurere)
Polizeimethoden.
Dann muss er das beweisen. Es ist ja nicht verwunderlich, dass man die
Maßstäbe, wann etwas z.B. der Verhältnismäßigkeit genügt,
unterschiedlich ansetzt. Da ist Interpretationsspielraum, den ich für
notwendig halte. Beide Seiten werden vermutlich Gegenteiliges behaupten.
Wenn ich sage die Überwachung aller Menschen, die sich in einem
bestimmten öffentlichen Gebiet aufhalten, ist unverhältnismäßig und die
Zweckbindung der Datenerfassung ist nicht garantiert, werden bestimmt
andere Menschen vom genauen Gegenteil sprechen. Was nun tatsächlich
verhältnismäßig ist wird die Diskussion zeigen, es wird vielleicht ein
Kompromiss sein, oder ein Gericht oder eine höhere Behörde wird das
entscheiden.

Ob das stimmt, weiss ich nicht, aber unmoeglich scheint es nicht.
Ich halte es für praxisfern.

Ich versuche die Positionen aller Beteiligten zu beachten, insbesondere gehe ich aber von meiner Vorstellung aus, wo Datenschutz/informationelle Selbstbestimmung eben *auch* Priorität hat.
Auch das wird wohl jeder Proponent von Ueberwachungskameras unterschreiben.
Damit habe ich kein Problem. In einer anderen Mail schrieb ich, dass den
Leuten womöglich einfach das Wissen um die Verletzung der o.g. Rechte
fehlt. Wenn meine Aufgabe die Strafverfolgung wäre, würde ich vermutlich genauso argumentieren und vor allem agieren.

--
Freundliche Grüße, ### http://www.stop1984.com
Matthias Hannich ### nulli@stop1984.com
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