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ein öffentliches Problem!




Matthias Hannich wrote:
Am 02.01.2004 18:09 schrieb Hartmut Pilch:

Ich werde sehr sauer, wenn ich gegen meinen Willen photographiert werde.
Und erst recht werde ich sauer, wenn ich gleichzeitig lediglich kraft
meiner Existenz und Anwesenheit verdächtig bin, etwas verbrochen zu
haben.

Wen sollen diese Säuerungsreaktionen interessieren?

Sie sind wohl kaum naturgegeben sondern hängen mit persönlichen Einstellungen und vielleicht mit momentanen Launen zusammen.

Nun, kannst Du näher erläutern, was Deiner Ansicht nach naturgegeben ist?
Die Menschenrechte sind z.B. zwar nicht per se naturgegeben, doch hat man sich wohl irgendwo darauf geeinigt, dass jeder Mensch sie von Natur aus besitzt. Und wenn dort von bestimmten Freiheitsrechten die Rede ist, dann ist damit IMO auch umfasst, dass sie nicht indirekt behindert oder eingeschränkt werden dürfen, was aber die Folge von den hier zur Diskussion stehenden Maßnahmen wäre.
Sobald ich aus meinem Haus trete ist ja nicht automatisch auch meine Privatsphäre aufgegeben, oder mein Privatleben abgeschafft. Auch Tätigkeiten in der Öffentlichkeit können Privatcharakter haben, und genau dann greifen wiederum die Menschenrechte, nämlich dass niemand willkürlich in mein Privatleben eingreifen darf. Ich sehe es nicht als völlig abwegig an wenn daraufhin jemand der Ansicht ist, dass es ein Eingriff in sein Privatleben darstellt, wenn er einfach so bei allen seinen Tätigkeiten in der Öffentlichkeit aufgenommen wird.

Der Rückzug auf das Subjektive in diesen Sätzen könnte als
Diskursverweigerung oder auch Drohung verstanden werden.  Überzeugen tut
das jedenfalls kaum.

Es ist normal, dass jeder Mensch seine Rechte verschieden wahrnimmt und auch Maßnahmen ggf. als einschränkend auffasst, die es in den Augen anderer Menschen gar nicht sind.
Mehr als das Du Dich nicht überzeugen lassen hast, entnehm ich Deiner Bewertung auch nicht.
Neben der individuellen Unschärfe der Wahrnehmung von Rechten durch eine Person haben wir heute ein weiteres Problem:

Kinder sind unausgesprochen von kleinst auf an den großen Bruder Babyphon, ob nur akustisch und/oder auch optisch, im Kinderzimmer gewöhnt. Damit unterläuft man sehr elegant und unbemerkt die Unverletzlichkeit der Privatsphäre, bevor sie dem Menschen überhaupt schon einmal bewußt geworden ist. Ich selber habe einmal bei Freunden mit meiner Partnerin im ehemaligen Gästezimmer übernachtet. Nach einer ganz normalen Nacht stellte ich am nächsten Morgen fest, daß direkt über dem Bett, wo sonst der Nachwuchs schlief, ein Babyphon hing. Ziemlich komisches Gefühl und der ausgesprochene Wunsch, daß es auf der anderen Seite der Leitung Spaß gemacht haben möge.

Wie soll man Leute, die diesen Insult habituell erlitten haben, ihn als Selbstverständlichkeit kennen, für die Unverletzlichkeit ihrer Privatsphäre überhaupt noch interessieren?


Mit freundlichen Grüßen



R. Lemke


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