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Re: [FYI] SZ: Ein Staat mit tausend Augen



> > Man findet immer wieder etwa folgende Interessen-Gegenueberstellung:
> > 
> >   A. Schutz vor Straftaten/Gewalttaten/Taschendiebstahl ...
> > 
> >   B. Recht auf Datentschutz / informationelle Selbstbestimmung / GG / ...
> > 
> > Hierbei faellt auf, dass in B nur abgeleitete abstrakte Begriffe 
> > vorkommen, die zudem teilweise auf fragwuerdigen Grundlagen beruhen (etwa: 
> > Recht zur Beschneidung des Informationsflusses soweit er mich betrifft).
> 
> Das ist keine fragwürdige Grundlage. Eine gewisse Kontroll-
> möglichkeit über den "Informationsfluß soweit er mich betrifft"
> ist unabdingbare Vorraussetzung für ein freies und selbst-
> bestimmtes Leben.

Das müsste man auch erst mal in weniger abstrakter Form nachvollziehbar 
machen, und man müsste auch erklären, warum eine Gesellschaft aus
gleichen freien und gläsernen Bürgern nicht möglich sein soll.

Der Gedanke der Kontrolle des mit der Person zusammenhängenden
Informationsflusses erinnert an den Gedanken des Geistigen Eigentums.  Im
Werk begegnet einem die Person des Autors, von der Abstand zu wahren ist,
genau so wie wenn sie einem auf der Straße begegnet.  M.E. ein guter
Gedanke (ich glaube Hegel hat das recht wortgewaltig vertreten), aber
etwas spekulativ und ohne vorsichtige Diskussion schnell degeneriert.  
Dann klingt "informationelle Selbstbestimmung" schnell ähnlich so hölzern 
wie "Geistiges Eigentum" heute meistens klingt.

> Die Begründung dafür läßt sich leider nicht auf ähnlichem Niveau
> und in ähnlicher Kürze wie "A" ausführen. Das heißt natürlich
> nicht, daß die "B" Seite ihre Argumente nicht auszuführen
> bräuchte (siehe dafür z.B. die Urteile des Verfassungsgerichts),
> aber das man mit "Ich hab nichts zu verbergen"-Leuten überhaupt
> nicht anfangen braucht zu diskutieren. Solchen Leuten kann man nur
> entgegenhalten, ihre Argumentation ist

Man kann ihnen auch oft zugute halten, ihre Aussage sei eine im jeweiligen 
Kontext legitime Überspitzung.  Etwa eine Verkürzung von "Ich gebe gerne
einige Schutzrechte auf, wenn ich dafür mehr Sicherheit bekomme.  Bei dem
Tausch gehöre ich nämlich zu den Gewinnern, da ich ohnehin weniger 
lichtscheu bin als manche Zeitgenossen, die etwa schon beim Abnehmen des 
Telefons ihren Namen verschweigen und mit allerlei kleinlichem Geiz um
persönliche Informationen unsere Kommunikation erschweren".  

Dumm wird der Nicht-Verbergen-Satz lediglich, wenn man wirklich glaubt 
oder unterstellt, das Gegenüber im Gespräch, welches die Inf.Selbstbest.
höher wertet, tue dies aus unlauteren Motiven.  Dann ist es ein Versuch,
jedes Gespräch von vorneherein zu verhindern.

> Wenn man das Argument aber einschränkt, so daß man es nicht
> als Forderung nach einem totalitären Staat verstehen kann,

Ich kann nicht erkennen, wie aus Überwachung (z.B. nach Straßburger
Vorbild) der totalitäre Staat folgt.

Das zu begründen erfordert jedenfalls großen argumentativen Aufwand.

> dann würde man schon über abstrakte Dinge wie Bürgerrechte
> diskutieren und der unfaire Vorteil der Trivialität der
> Arguments (natürlich sollen die Menschen möglicht vor Verbrechen
> geschützt werden!) wäre dahin.

Nach wie vor stehen den spürbaren Interessen A nur die abgeleiteten und
abstrakten Konstrukte B entgegen.

-- 
Hartmut Pilch, FFII e.V. und Eurolinux-Allianz            +49-89-18979927
290.000 Stimmen 2000 Firmen gegen Logikpatente      http://noepatents.org/
Innovation statt Patentinflation                    http://swpat.ffii.org/

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