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Re: FITUG: Meinungsfreiheit braucht Linkfreiheit



* Rigo Wenning:

> Meinungsfreiheit ist condicio sine qua non, also eine absolut 
> notwendige Bedingung fuer Demokratie.

Wie jede Form der Freiheit findet die Meinungsfreiheit dort ihre
Grenzen, wo andere in nicht hinnehmbarer Weise beeinträchtigt werden.
Man muß immer abwägen.

Sogar die Menschenwürde wird inzwischen als abzuwägendes Rechtsgut
betrachtet. Diese Entwicklung muß man allerdings nicht gutheißen, bei
der Meinungsfreiheit war sie aber im Nachkriegsdeutschland nie nötig.

> Oh doch, denn Du musst einen anderen Terminus fuer rotten.com 
> einfuehren. Wie wuerdest Du das denn nennen?

Ein Link zu einer Seite wie
<http://lexikon.idgr.de/s/s_t/stormfront/stormfront.php>.

>> Mein Mitleid mit FITUG ist in diesem Punkt ziemlich begrenzt, was aus
>> deren Einstellung zur Integrität des Archives und den damit
>> verbundenen Konsequenzen resultiert.
>
> Wir koennten ja auch wild in den Archiven herumeditieren und Deine 
> Meiungen ganz anders darstellen?

Ich fragte IIRC nach, ob FITUG im Archiv in der archivierten, von mir
verschickten Nachricht eine Gegendarstellung anbringen würde. In
meinen Augen ist dies ein völlig normaler Vorgang.

>> Kurzum: Mit ein bißchen Verrenkung müssen wir immer leben müssen, und
>> ein Teil ist schlicht aus, wie soll ich sagen, metaphysischen Gründen
>> unvermeidbar.
>
> Mit dem Argument kannst Du die DDR ohne Not als Demokratie bezeichnen.

Nein, weil dort auch die Meinungsäußerung im privaten erfolgreich
reguliert wurde.

Öffentliche Meinungsäußerung in der Weise, wie sie das Web derzeit
noch bietet, ist sicherlich keine Voraussetzung für eine Demokratie.

> Woher willst Du es denn noch wissen, wenn das Feindradio verboten
> ist?

Weil man über das Verbot an sich natürlich reden darf, auch
öffentlich.

> Bei den Nazis konnte man auch noch privat ueber die BBC reden, 
> obwohl...

Das "obwohl" ist der Knackpunkt. Mein Urgroßmutter sagte mal zu einer
Nachbarin, die 1945 vom Endsieg erzählte: "Radio London erzählte aber
was ganz anderes." Das gab schon einiges an Aufregung.

Die Diktatur mag im öffentlichen Bereich beginnen, sie endet aber im
privaten. Das Problem ist natürlich, daß man in Deutschland gerade den
öffentlichen Bereich zureguliert, obwohl viele Menschen inzwischen in
ihm durchaus als Privatperson (und nicht z.B. als Teilnehmer am
geschäftlichen Verkehr) agieren, andererseits die technischen
Maßnahmen und teilweise sogar die rechtlichen Rahmenbedingungen
schafft, mit dem diese Regulierung in einem bislang nicht gekannten
Ausmaß auch im privaten Bereich durchsetzbar wäre.

Ich weiß nicht, was die richtige Antwort auf diese Entwicklung ist.
Die Deregulierung des öffentlichen Bereichs scheint mir jedenfalls
nicht hinreichend zu sein und vor allem daran zu scheitern, daß sie
politisch völlig undurchsetzbar ist.

> Uebrigens unterscheidet das Strafrecht nicht zwischen 
> oeffentlich und privat. Wenn ein link ein Zugaenglichmachen oder 
> Verbreiten ist, dann ist es das auch auf einer privaten Site mit 
> Zugangskontrolle.

Wirklich? Wie sieht denn die Rechtssprechung dazu aus?

Das Problem gibt es ja nicht nur seit dem Internet.

> Genau, Du merkst gerade, auf welches Glatteis Du Dich begibst. Ein Link 
> zur CDU strafbar?

Erst einmal müssen die CDU-Vertreter, die solche Positionen vertreten,
sich strafbar machen. Das scheint mir im Moment nicht der Fall zu
sein, weil man sich damit bei Berufspolitikern generell schwertut
(siehe auch diesen NDP-Schreihals).

Prozessiert wird offenbar hauptsächlich gegen die Verblendeten, nicht
gegen die Blender.

>> > Ncohmal: Dies betrifft nicht nur Nazi-Kram, sondern auch anderes
>> > beispielsweise aus dem zivilrechtlichen Bereich, siehe
>> > FTP-Explorer.
>>
>> Diejenigen, die Inhalte gewerblich ins Netz stellen, machen das.
>>
>> Bricolage, ein Content-Management-System (das ursprünglich für
>> Salon.com entwickelt wurde), hat deswegen z.B. eine Stufe "Legal
>> Desk" im Veröffentlichungsprozeß. SPIEGEL ONLINE hat eine zeitlang
>> *gar* *keine* Links veröffentlicht, die über das oberste Dutzend
>> hinauswiesen.
>
> Das bestaetigt doch meine Aussage, dass eine solche Auffassung 
> hinsichtlich des Links ein anderes Web bedeutet (in DE) in dem es nur 
> monolithische Sites gibt die per Radio beworben werden.

Nein. Hosting-Dienstleister gibt es schon, sie könnten auch den "Legal
Desk" anbieten. Vielleicht nicht für 1 EUR im Momat, zugegeben.

> Das ist aber nicht die Informationsgesellschaft von der die Politik
> die ganze Zeit faselt.

Huch? Die mir genehme Form der Informationsgesellschaft vertreten
sowieso nur die, die sich nicht durchsetzen. Beim tatsächlich
relevanten Rest paßt das geleitete Web durchaus ins Konzept.

>> Entsprechende Konstrukte wären zumindest für Blogs denkbar, bei
>> öffentlich archivierten Mailinglisten geht das zur Not auch. (Wir
>> hatten mal so eine Mailingliste, aber waren ganz dankbar, daß sie nie
>> wirklich angenommen wurde, weil man sich dadurch erst so richtig aus
>> dem Fenster lehnt, und das in diesem Fall nicht wirklich unser Job
>> war.)
>
> Tja, sich fuer Demokratie einsetzen war noch nie ein Sessel-Job.

Es ging nicht um Demokratie, und der Fehler war, es innerhalb einer
Behörde machen zu wollen.

>> Höchstens im strafrechtlichen Bereich. Im Wettbewerbsrecht kommt es
>> meist nicht auf das Verschulden an, und dort ist die Situation
>> bereits geklärt worden, wenn auch in einer höchst unbefriedigenden
>> Weise.
>
> Da musst Du aber eine Firma sein und das zu Deinem Broetchenerwerb tun. 

Nana. Daß lange Zeit die Opfer, äh, Täter allesamt tatsächlich
kommerzielle Interessen verfolgten (und sei es bloß durch
Werbebanner), ist allein der Großzügigkeit der Gegenseite zu
verdanken.

Bei den neueren Fällen würde es mich aber sehr wundern, wenn es noch
keinen getroffen hätte, der lediglich privat und ohne jegliche
Gewinnerzielungsabsicht nachhaltig Inhalte ins Netz stellte.

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