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Re: Schneiders juengste Erklaerung



On Tue, 8 Oct 1996, Thomas Roessler wrote:
>        Mitteilung der Internet Content Task Force (ICTF) vom 08.10.96

Danke.

>     2. Die Bundesjugendministerin Claudia Nolte hat erstmals die
>        Indizierung eines WWW-Angebotes veranlaßt. Diese Maßnahme ist aus
>        unserer Sicht politisch überdenkenswert, in jedem Fall aber
>        rechtlich irrelevant.

Seltsame Wortwahl. Ich weiss nicht, was er will. Es klingt, als sei es 
schade, dass es juristisch nicht geht. Kein Wort von technischer 
Unmoeglichkeit... wieder mal.

>    on this server"). Daher werde ich die Empfehlung widerrufen, diese URL
>    - bzw. hilfsweise den Server www.xs4all.nl - zu sperren.

Interessant. Ich kannte nur die Empfehlung, den URL Zugriff zu sperren. 
Die 'hilfsweise' Totalsperre muss ich ueberlesen haben.

>    Die von uns geforderte gerichtliche Klärung bleibt hiervon unberührt.
>    Nachdem Sie mir gestern telefonisch mitgeteilt haben, daß Sie keine
>    Möglichkeit sehen, selbst eine Überprüfung durch den
>    Ermittlungsrichter herbeizuführen, werden wir ein Vorgehen nach §§ 23
>    ff. EGGVG prüfen.

Rigo?

>    die erste Indizierung eines Angebotes im Internet beantragt habe. Es

Wo beantragt ein Ministerium sowas?

>    Ein Sprecher des Ministeriums erläuterte dazu sinngemäß, es bestehe
>    akuter Handlungsbedarf und man könne nicht länger zusehen, wie
>    gedanken- oder gewissenlose Anbieter das Internet für ihre Zwecke
>    mißbrauchten.

Ist das auch gegen die ICTF anwendbar?

>    Gesetz in geeigneter Weise umzusetzen (insbesondere im Rahmen etwaiger
>    Ermittlungsverfahren gegen Internet-Service-Provider), obliege der

Erklaerung von Fr. Nolte oder Vermutung (Panikmache) durch Schneider?

>    jugendgefährdende Schriften zu unterlassen. Unsere Einschätzung, daß
>    eine Indizierung nach dem heutigen GJS im Internet nichts bewirken
>    kann, teilt das Ministerium ebenfalls nicht. Man mache sich keine
>    Illusionen über die Wirksamkeit einer Indizierung, halte dies aber für
>    einen Schritt in die richtige Richtung. Solange auf der
>    internationalen Ebene keine wirksamen Maßnahmen für den Jugendschutz
>    im Internet vereinbart werden könnten, sei man auf den nationalen
>    Bereich und das hier vorliegende rechtliche Instrumentarium
>    angewiesen.

Suess... *trotz* *stampf* ... ;-)

[juristische Spiegelfechterei]
>    Das GJS bezieht sich gemäß § 1 Abs.1 nur auf „Schriften" und die
>    in § 1 Abs.3 diesen gleichgestellten „... Ton- und Bildträger,
>    Abbildungen und andere Darstellungen ...". Damit ist schon nach dem

Her Schneider wandert auf duennes Eis, weil der Schriftenbegriff IMHO 
leicht zu erweitern ist. In diesem Bereich liegt sowieso Handlungebedarf 
vor und die Extrapolation des Schriftenbegriffes in das neue Medium 
Internet ist unvorhersehbar. Die Reduktion ...

>    Darstellung im Sinne dieser Bestimmung kann in Fortführung der in
>    Absatz 3 genannten weiteren Beispiele „Ton- und Bildträger ..."
>    nur ein körperlicher Gegenstand sein. Aus diesem Grunde kommen als

.... auf die Koerperlichkeit ist untypisch fuer Schneider, da die 
moeglichen Gefahren deutlich unterschaetzend. Warum das? Angst von einem 
weiteren Eklat? Wie ist der Stand in Mannheim? Moeglicherweise kennt 
Schneider Ergebnisse, die mir nicht vorliegen, und die sich exakt mit den 
Zuendelseiten befassen.

>    eine „verkörperte" Form überführt werden. Die Datenübermittlung
>    selbst fällt, wie bereits für Rundfunk, Fernsehen und Btx gerichtlich
>    festgestellt wurde (vgl. BVerwGE 85, S. 169 f., 171; OVG Münster in

Falscher gefaehlicher Vergleich von Medien verschiedener Direktionalitaet.
Es ist beinahe peinlich, mit welcher Inkonsequenz diese Argumentation 
sich von der im Xs4All Fall unterscheidet. Dort fehlten bei Schneider die 
Verweise auf die Unmoeglichkeit der Rundfunkempfangssperre voellig.

>    Wortsinns zur Anwendung gelangen . Damit ist § 21 GJS von der
>    Analogiebildung ausgenommen. Ohne diese auch gerneralpräventive
>    strafrechtliche Bestimmung wäre eine Anwendung des GJS indessen nahezu
>    wirkungslos.

Sein Punkt, dass die Analogierbildung (Extrapolation) nur in eine 
Richtung gehen kann, ist mir fuer seine bisherigen Auslegungsbreiten zu 
fragwuerdig. Er vertritt hier eine Position, die heftig umstritten ist 
und die bei Falschauslegung seine Klienten in arge Zwaenge bringen kann.
Das ist mir an der Positionsbestimmung von Schneider echt neu. Warum also?

Der andere Punkt, das das GJS sowieso wirklos sei, bleibt unbegruendet. 
Warum?

>    Neben den Problemen einer geeigneten Prüfung der übermittelten Inhalte
>    ist bei einer verfassungskonformen Auslegung des GJS das Grundrecht
>    auf Informationsfreiheit gemäß Art. 5 Abs.1 GG zu berücksichtigen .

Huch? Seine Inkonsequnz versucht Frau Nolte mit dem Grundgesetz zu drohen?
Warum kam dieses Argument nicht bei der BAW? Sind die schlauer oder 
wissen die besser, was Juristerei ist, als die Juristen im Nolte Ministerium?

>    Möglichkeit zur Kenntnisnahme durch Erwachsene auswirken dürfen, daß
>    eine Kenntnisnahme dieser Informationen für letzere ausgeschlossen
>    oder wesentlich erschwert wird. Dies ist jedoch technisch nicht immer
>    darstellbar. Eine Indizierung von Inhalten im Internet nach den
>    Vorschriften des GJS ist somit auch unter diesem Gesichtspunkt
>    rechtlich bedenklich.

'technisch nicht immer darstellbar' ... 'rechtlich bedenklich'
Das liest sich eher wie: 'Es koennen leider nicht nur Jugendliche 
abgeklemmt werden, es treten leider auch Seiteneffekte ein. Aber 
prinzipell steht dem nichts entgegen.'

>     1. Die nichtkörperliche Verbreitung ist - insbesondere über
>        Mailing-Lists und über das UseNet - längst abgeschlossen, bevor
>        eine Indizierung überhaupt erfolgen kann.

Schneider klassifiziert Polydirektionale Dienste als 'gefaehrlich'.
Achtung, das kann gefaehrlich werden... siehe die alte PE zu Newszensur.

>     2. Selbst wenn eine Indizierung aber noch in Betracht käme - etwa bei
>        Web- und FTP-Servern sowie bei Abrufdiensten proprietärer
>        Online-Anbieter - kann die weitere Distribution jugendgefährdender
>        oder inkriminierter Inhalte nicht verhindert werden.
>        Nichtkörperliche Darstellungen können, anders als Druckwerke,
>        unter Beibehaltung des wesentlichen Inhaltes nach der erfolgten
>        Indizierung ohne weiteres so modifiziert werden, daß sie von dem
>        Verbreitungsverbot nicht mehr erfaßt werden.

Dies macht die Sachlage nicht klar, es verschleiert die Gegebenheiten.
Die Sachlage ist trivial:
  Frau Nolte wuenscht, dass die Buecher auf dem Standplatz E109 in der
Bibliothek X nicht mehr an Jugendliche ausgeliehen werden. Titel und
Inhalt der Buecher bleiben ungenannt. 

>     3. Nach deutschem Recht indizierte Inhalte können und werden ohne
>        weiteres über Server in solchen Ländern in das Internet
>        eingespeist, in denen eine Rechtswidrigkeit nicht gegeben ist und
>        in denen deutsches Recht nicht durchgesetzt werden kann. Die
>        zunehmende Menge der durch das Internet und durch Online-Dienste
>        verbreiteten Informationen macht zudem die Kontrolle derselben
>        durch ein mit Vertretern aller gesellschaftlich bedeutenden
>        Gruppen besetztes Gremium - wie es die Bundesprüfstelle ist -
>        nahezu unmöglich.

Falsche Agrumentation. Diese hier beschwoert ein Abschottungsszenario herauf.