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Re: [DEBATE] FYI - RFC 2240: "A Legal Basis for Domain Name All



On 27 Nov 97 at 2:46, Markus Fleck wrote:

> Der neue RFC 2240 schlaegt alternative neue Top-Level-
> Domains im Internet vor, die sich am rechtlichen Status
> der Beantrager orientieren:
>
> >     LTD.UK   for limited companies in the UK
> >     PLC.UK   for public companies in the UK
> >     INC.US   for incorpated bodies in the US
> >     CORP.US  for corporations in the US
> >     GMBH.DE  for German companies

Ziemlich weltfremder Vorschlag. Wer kennt schon die Rechtsform der
Unternehmen, mit denen er im Netz kommunizieren will? Und was ist,
wenn sich die Rechtsform im Laufe der Zeit aendert, z.B. durech einen
Boersengang? Muss das Unternehmen dann eine neue Domain beantragen?

> Sehr interessant auch die folgenden Vorschlaege:
>
> >     TM.INT  } for international trademarks
> >     REG.INT }
>

Was soll das konkret bringen?

> Die Alternativorschlaege von RFC 2240 sind aber IMHO auch noch nicht
> so richtig ueberzeugend. Wieso ist das eigentlich so schwierig?

Das ist im Grunde ganz einfach zu verstehen. Der *Durchschnitts*netz-
benutzer merkt sich eine URL besser, wenn sie im wesentlichen nur aus
einer bekannten Marke oder einem bekannten Firmennamen und einer
leicht zu memorierenden TLD besteht. Das ist einfach so. Die Leute
sind eben so gestrickt, auch wenn aus technischer Sicht ein URL nicht
als Werbetraeger konzipiert war. Da hilft es auch nichts, auf die
Suchmaschinen zu verweisen. Wichtiger waere da z.B. schon der Blick
in die Printmedien, wo sich in vielen Werbeanzeigen mehr oder weniger
groß herausgestellte URLs breitmachen. Solche Werbung funktioniert
besser, wenn der beworbene URL einfach strukturiert ist.

Da die Dinge auf einer empirischen Ebene so sind, wie sie sind,
wollen alle Unternehmen ihre Firmennamen und/oder Marken auch als
Domains verwenden. Dies ist verstaendlich, siehe oben. Im "real life"
koennen nun aber gleiche Firmannamen und gleiche Markenzeichen in einem
gewissen Umfang miteinander koexistieren. Beispiele:

1) Jemend betreibt, sagen wir in Hintertupfingen, ein "Hotel Mueller".
Ein anderer betreibt ein "Hotel Mueller" in Norddeich. Beide haben
einen rechtlichen Schutz ihrer geschaeftlichen Bezeichnungen schon
durch deren geschäftlichen Gebrauch. Nehmen wir an, diese
Bezeichnungen sind nicht als Schutzmarke eingetragen. Kein Problem,
da die angesprochenen Kundenkreise wissen, dass das Etablissement
in Hintertupfingen nichts mit dem Etablissement in Norddeich zu tun
hat.

2) Jemand verkauft Feuerloescher unter der in Deutschland für
"Feuerloeschgeraete" in die Markenrolle eingetragenen Marke
"ZISCH-UND-WEG". Jemand anders verkauft Dosenbier unter einer
anderen in Deutschland fuer "Bier" in die Markenrolle eingetragenen
Marke "ZISCH-UND-WEG". Kein Problem, da der Markenschutz sich nur auf
gleiche oder aehnliche Waren und/oder Dienstleistungen bezieht und
"Feuerloescher" und "Bier" weder identisch noch im markenrechtlichen
Sinne aehnlich sind.

3) Jemand verkauft nur in Deutschland Buecher unter der in Deutschland
fuer "Druckereierzeugnisse" eingetragenen Marke "ABCDE". Jemand anders
verkauft nur in den USA unter der beim USPTO fuer "Druckereierzeugnisse"
eingetragenen Marke "ABCDE" Buecher. Kein Problem, da beide
Markeneintragungen nur in den Staaten wirken, fuer die sie
vorgenommen sind.

Diese Beispiele fuer Koexistenzformen moegen genuegen. In allen drei
Faellen veraendert sich die Lage entscheidend, wenn es um
Domain-Namen geht. "HOTEL-ZUR-POST.DE" kann es nur einmal geben.
Genauso wie "ZISCH-UND-WEG.DE". Die einzige Ausweichmoeglichkeit
besteht darin, eine andere TLD zu finden, in der die gewuenschte
Domain noch frei ist. Dies geschieht ja in der Praxis auch. Aber wenn
alle TLDs bereits besetzt sind, ist Schluss damit. Und beim letzteren
Fall hilft noch nicht einmal das. Wenn der US-Buchhaendler auf
"ABCDE.COM" geht und der deutsche Kollege "ABCDE.DE" nimmt, koennen
sich beide trotzdem nach Herzenslust verklagen, denn durch die TLD
wird natuerlich die Markenverletzung durch Webpraesenz im jeweils
anderen Land nicht aufgehoben.

Die technisch erzwungene Eindeutigkeit des DNS-Namenraumes verstopft
alle Koexistenzmoeglichkeiten, die sich in der geographisch und nach
Branchen kleinteiliger strukturierten Landschaft der Kennzeichenrechte
bislang etabliert haben. Daher die gegenwaertige drangvolle Enge. Es gilt
eben das Prioritaetsprinzip: Wer sich die Domain zuerst sichert,
bekommt diese. Die anderen gehen leer aus. That's life ...

Die Einrichtung neuer TLDs kann die Situation fuer kleinere und
mittelstaendische Unternehmen kurzzeitig verbessern. Aber der
weltweite Bedarf nach koexistierenden gleichen Zeichen ist sicher um
Groessenordnungen hoeher als die Anzahl absehbarer neuer TLDs. Und
wer "global player" ist, will seinen Firmennamen und seine Marken
sowieso in *allen* TLDs sehen. Wer eine beruehmte Marke wie "COCA-COLA"
in zahlreichen Laendern geschuetzt hat, wird versuchen, unter Berufung
auf den Schutz der beruehmten Marke gegen "Verwaesserung" auch solche
identischen und aehnlichen Zeichen von Dritten aus dem DNS zu
eliminieren, die aus ganz anderen Branchen kommen.

Wer wissen will, wie auf internationaler Ebene ueber die Unterordnung
des DNS unter das System nationaler und internationaler
Kennzeichenrechte gedacht wird, kann sich ja mal das
Arbitration-Projekt der WIPO ansehen:

  http://www.gtld-mou.org/docs/sracps.htm


Axel H. Horns