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Re: CompuServe-Chef vor Gericht



> Gunnar Anzinger <a@gksoft.com> at 1998.05.13 18:00:
> 
> >Das Verfahren droht zur Nagelprobe für das Teledienste-Gesetz zu 
> >werden. Es spricht in Paragraph 5, Absatz 3, einen reinen 
> >Access-Provider von der Verantwortung für den Inhalt übertragener Daten 
> >weitgehend frei und wirkt rückwirkend entlastend. Fraglich bleibt im 
> >Prozeß, ob CompuServe als Service-Provider oder Access-Provider tätig 
> >war.
> 
> Das war von Anfang an das große Problem mit dem TDG: Newsgroups fallen 
> nicht unter 5 (3):
> 
> >(3) Diensteanbieter sind für fremde Inhalte, zu denen sie lediglich den 
> >Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich. Eine automatische 
> >und kurzzeitige Vorhaltung fremder Inhalte auf Grund Nutzerabfrage gilt 
> >als Zugangsvermittlung.
> 
> Mit dem zweiten Satz sind ausdrücklich Proxies gemeint, nicht aber 
> newsgroups, das ergibt sich aus der Begründung:

Das lese ich aber anders. Auch ein /var/spool/news ist nichts anderes
als ein Cache nach untenstehender Definition. Ein Cache ist ein Konzept
der Zwischenspeicherung von Daten zur Verringerung einerseits der Latenzzeit
zwischen Datenanfrage und -auslieferung, zum anderen zur Reduktion des
uebertragenen Datenvolumens. Cache und Proxy sind nicht synonym; ein Proxy
ist lediglich die Auspraegung eines Caches fuer WWW und FTP.
Ich koennte natuerlich News von irgendeinem NNTP-Server holen, der mir 
Zugang erlaubt. Rein theoretisch - wie es in der Praxis aussieht, ist klar - 
koennte ich jetzt meinen Provider fragen, dass er mir die foo.bar.* 
Hierarchie bereitstellt und er wird es dann in seine Konfiguration
eintragen. Hier haben wir alle drei Komponenten: automatische Uebernahme 
von Fremddaten (im gegenseitigen NNTP-Austauschverfahren), Bereitstellung
nach Nutzeranfrage, und kurzzeitige Speicherung.
Letzteres liesse sich problemlos durch kurze Expiry-Zeiten der Newsbodies
und gleichzeitiges schnelles Expiry der Message-IDs erledigen (was man
normal natuerlich nicht macht, hier fuehrt allerdings sowas dazu, dass eine
News, die nur ein paar Stunden zwischengelagert wird, bei naechster Gelegenheit
wieder vom Newsfeed reingespuelt wird). Sorry, ihr wolltet ja nur einen
Cache fuer wenige Stunden; steuernd eingreifen kann man als Sysop
da kaum: entweder man verstoesst gegen das Gesetz, dass man Seiten lange
vorhaelt, oder gegen den Vertrag mit dem User auf Zugangsvermittlung zu
explizit angeforderten Fremd-Newsgroups.

BTW: bei entsprechend hoher Useranzahl und geeignet interessanten Pages
kann die effektive Verweildauer einer Seite auch in einem Proxy-Cache wesentlich
laenger als nur ein paar Stunden sein. Dann kommt man sehr leicht in die
Grauzone, ob eine solche Seite nur begrenzte Zeit vorhanden ist, oder ob der
Provider die prinzipielle Moeglichkeit hat, den Cache nach verbotenen
Inhalten zu durchforsten. Die Wahnvorstellung der Exekutive ist ja wohl
klar: am besten das Kind mit dem Bade auszuschuetten und jegliche Kommunikation
zu kontrollieren oder zu verhindern. So oder so, der Provider steht mit beiden
Beinen potentiell im Knast - und waeren wir Tausendfuessler, wuerden die
staatlichen Gesetzessaboteure nicht eher ruhen, bis man die anderen 998 Beine
der Provider auch noch im Illegalen festgenagelt haette :-(

Und dann geht es sogar noch weiter: was spraeche dagegen, wenn ein WWW-Browser
sich zum Zugriff auf Newsgroups eines NNTP-Proxies bedienen wuerde? Also:
ein "telnet mynewsserver.blubb.blah nntp" mit Direktverbindung waere damit
rechtlich relevant, wenn mynewsserver die Daten in /var/spool/news vorhaelt;
aber ein "news://otherserver.blubb.blah/alt/porno/pictures/sex.jpg" ist okay,
obwohl die Daten dann (zwar von einem anderen Server) auf der gleichen
Platte in einem /var/tmp/wwwproxy-directory ablegt? Absurd!

> >Absatz 3 Satz 2 geht auf Eigenschaften der Zugangsvermittlung ein, die 
> >zur Kostenvermeidung und Effizienzsteigerung üblich sind und in 
> >technischen Vorgaben wurzeln. Die Vorschrift stellt in diesem 
> >Zusammenhang durch eine Fiktion klar, daß die automatische Übernahme von 
> >fremden Inhalten in den eigenen Verfügungsbereich des Zugangsvermittlers 
> >(sog. Cache) aufgrund einer Nutzeranfrage zum Vermittlungsvorgang 
> >gehört, wenn diese übernommenen Inhalte nach begrenzter Zeit wieder 
> >gelöscht werden. Dies ist bei Zwischenspeicherungen auf sog. 
> >Proxy-Cache-Servern im Internet der Fall, die automatisch durch 
> >Nutzerabruf erfolgen und vom Diensteanbieter nicht im Einzelfall 
> >gesteuert werden können. Die Einschränkung der Fiktion auf eine 
> >kurzzeitige Zwischenspeicherung trägt dem Umstand Rechnung, daß Inhalte, 
> >die auf einem Cache-Speicher des Diensteanbieters gespeichert sind, mit 
> >zunehmender Verweildauer unter den Tatbestand des Abs. 2 fallen. Wegen 
> >der Verbindung zu den Fällen des Absatzes 2 ist hier aber nur ein 
> >Zeitraum von wenigen Stunden, nicht von Tagen gemeint.


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