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Fwd: WWW-Proxy Zensur an Unis



Path: news.iks-jena.de!jengate.thur.de!akk.uni-karlsruhe.de!news-kar1.dfn.de!news-fra1.dfn.de!newshost.uni-koblenz.de!not-for-mail
From: Gerd Beuster <gb@uni-koblenz.de>
Newsgroups: de.soc.zensur
Subject: WWW-Proxy Zensur an Unis
Date: 08 Jun 1998 10:25:52 +0200
Organization: University Koblenz / CC
Lines: 59
Message-ID: <gyemx0guzz.fsf@uni-koblenz.de>
NNTP-Posting-Host: brecht
Mime-Version: 1.0 (generated by tm-edit 7.101)
Content-Type: text/plain; charset=ISO-8859-1
Content-Transfer-Encoding: quoted-printable
X-Newsreader: Gnus v5.4.66/XEmacs 20.4 - "Emerald"
Xref: news.iks-jena.de de.soc.zensur:10463

Liebe Netzgemeinde,

wir haben hier an der Uni Koblenz ein kleines Zensur-Problem. Um
WWW-Seiten abzurufen, müssen wir den Uni-internen HTTP-Proxy
nutzen. Typische Ports wie 80, 8080, 8888 und 3128 werden am Firewall
gefiltert, um direkten Kontakte zu externen Webservern oder -proxies
zu verhindern. Leider werden am Uni-Proxy bestimmte URLs
gefiltert. Soweit wir wissen, betraf die Blockade bisher
ausschließlich Porno-Seiten. (Offizielle Listen von gesperrten
Webseiten rücken die WWW-Administratoren leider nicht raus.)  Kürzlich
hat die Zensur jedoch auch den Anonymisierer auf
http://www.anonymizer.com getroffen. Wir vermuten, daß der
Anonymisierer blockiert wurde, weil er zur Umgehung der
Routing-Sperren genutzt wurde. In Reaktion auf die Sperrung des
Anonymisieres werden die Sperrungen nun (hochschul-)öffentlich
diskutiert. Hierzu wüßte ich gerne, wie die genau rechtliche Situation
ist, und wie soetwas an vergleichbaren Institutionen gehandhabt wird.

Ist eine Sperrung von WWW-Seiten an Universitäten eher typisch oder
eher die Ausnahme? Soweit anderswo URLs blockiert werden, welches
Gremium entscheidet, welche Seiten gebannt werden? Oder wird das - wie
bei uns - eigenmächtig von den WWW-Administratoren entschieden? Wurden
die Diskussionen, die wir jetzt an der Uni Koblenz über die Sperrung
von URLs führen, bereits anderswo geführt? Mit welchem Ergebnis?
Gerüchtweise haben wir gehört, daß es an der Uni-Trier eine
juristische Auseinandersetzung über die Sperrung von Newsgroups gab,
die dazu führte, daß die Sperrungen aufgehoben werden mußten. Weiß
jemand mehr?

Wir suchen auch noch gute Argumente gegen die Proxy-Pflicht und die
Sperrung von Ports. Eine Proxy-Pflicht scheint uns
datenschutzrechtlich sehr bedenklich, weil sämtliche WWW-Zugriffe
geloggt werden. Offensichtlich wird der Cache auch auf "einschlägige"
Bilder durchsucht, deren URLs dann gesperrt werden. Wie ich oben
schrieb, werden zur Durchsetzung der Proxy-Pflicht die Ports 80, 8000,
8080, 8888 und 3128 gesperrt. Wir suchen Beispiele, wo eine Sperrung
dieser Ports eine sachgemäße Nutzung des Netzwerks erschwert oder
verunmöglicht, also konkret nützliche Dienste, die auf einem dieser
Ports laufen und nun nicht erreichbar sind. (Da die Pakete einfach
weggeworfen werden, bekommt man in diesem Falle nichtmals eine
sinnvolle Fehlermeldung.)

Wie gesagt, wir gehen davon aus, daß der Anonymizer gesperrt wurde,
weil er zur Umgehung von Routing-Sperren benutzt worden ist. Wir
suchen weitere Netzdienste, die eine sinnvolle Funktion im Netz haben
und für solche Umgehungen genutzt werden können. Unser
Lieblingsbeispiel zur Zeit ist http://babelfish.altavista.digital.com,
über den man auch die zensierte Seiten beziehen kann. Eine Sperrung
dieses Servers ist kaum möglich, weil er eine zu wichtige "primäre"
Funktion für das Netz hat. Der Nachteil ist, daß über Babelfish zwar
der Text zensierter Webseiten bezogen werden kann, Grafiken jedoch
weiterhin an der Proxy-Sperre hängen bleiben. Gibt es Wege, auch
Grafiken über eine "Babelfish-URL" zu leiten oder gibt es
vergleichbare Services, die auch Grafiken umleiten? Ein solcher
Service sollte - wie Babelfish - eine so sinnvolle "primäre" Funktion
haben, daß er nicht gesperrt werden kann, ohne erhebliche
Einschränkungen der Netzfunktionalität in Kauf zu nehmen.

Gerd.