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Re: Dem Internet ist es egal, wie man es speichert




> Naja, sagen wir mal so: wir sollten unserer Nachwelt ein moeglichst
> inhaltvolles Abbild unserer Zeit hinterlassen, schliesslich soll ja keiner
> sagen koennen: von diesen Fehlern habe ich noch nie gehoert... Wenn ich so

Sollten wir also? Weil wir nun die Moeglichkeit haben? Damit sich Fehler in
der Zukunft nicht wiederholen? Alle drei Fragen sind diskussionswuerdig.
Ich will exemplarisch nur auf die letzte Frage eingehen. Fehler machen ist
die Grundlage des Verstehens und der Erfahrung. Ich werde nie wieder,
wie ich es hier schon mal erzaehlt habe, auf eine heisse Herdplatte packen,
obwohl wenn dieser Fehler bereits ueber 30 Jahre zurueckliegt. Da gibt es
einen Spruch aus den Fortune Cookies: "tell the people there are a billion
stars in the universe, and they'll believe it; tell them a bench has
wet paint, and they're going to touch it." Jede Generation wird prinzipiell
ihre eigene Menge an Fehlern zwangslaeufig machen muessen, und wird sich nicht
auf Postings verlassen, wo ein gewisser h.v. empfiehlt, heisse Herdplatten
nicht zu beruehren. Allerdings meintest Du das Ganze wohl eher im historischen
Kontext: erzaehle alles ueber das dritte Reich, und die Auschwitzluege
kann gar nicht mehr aufkommen. Das ist m.A. ein Fehlschluss. Gerade ueber 
dieses Thema besitzen wir umfassende Dokumentationen, inklusive - was uns
bei Karl dem Grossen und Tut-Ench-Amun fehlt - Augenzeugen. Trotzdem kursieren
solche Wahnvorstellungen, dass Adolf doch nicht so schlecht war und vielleicht
von solchen "vereinzelten Exzessen weniger Leute in den KZs" gar nichts 
gewusst habe (der Aermste). Das kann kein Informationsdefizit sein, eher 
schon Informationsueberschuss, der uns jetzt auch schon in anderen Bereichen
erschlaegt. Beispiel Wissenschaft: Ich weiss nicht, wieviele Millionen
wiss. Publikationen Jahr fuer Jahr erscheinen; selbst bei einem extrem
eingeschraenkten Forschungsgebiet kann mittlerweile selbst ein versierter
Forscher nicht mehr alle Erguesse von Fachkollegen mehr kennen und wird sich
auf bestimmte anerkannte Quellen beschraenken. Recht plakativ wird dies von
S.Baer in "Forschen auf Deutsch" persifliert: Fotokopien von Zeitschriften-
artikeln und Abheften, ohne zu lesen, als "Wissenserwerb", vergleichbar
dem Buch unter dem Kopfkissen in der Nacht vor Pruefungen.
D.h. die Tatsache, das Fehler gemacht werden, hat wenig damit zu tun,
ob ein Informationsangebot existiert, welches hilft, die Fehler zu vermeiden.
Es muss zunaechst mal jemanden geben, der bereit ist, solche Information
anzuzapfen, wenn er vor einer Entscheidungssituation steht. Dass sowas bei
der Herdplatte nicht klappt ist klar, ebensowenig konsultiert jemand die
StVO bei der Frage, ob er wohl trotz Tempo-30-Schild auf die Tube druecken
soll. Die Frage, ob wir etwas aus Hitler gelernt haben, ist schwieriger.
An dieser Stelle bin ich Pessimist: nein. Alle paar hundert Jahre in der
Menschheitsgeschichte kam irgend jemand auf, der meinte, "man koenne es ja
mal versuchen", und in manchen Faellen war es vielleicht sogar nur ein
Verblendeter, der meinte, nur das Beste fuer alle zu wollen. Die Geschichts-
dokumentation funktioniert in diesem Falle eher als Kochbuch der anwendbaren
Methodiken, was Mein Kampf so gefaehrlich macht, denn als Abschreckung vor
den Folgen. Jeder Diktator lernt ja auch, und wird, wenn er nicht ein
hoffnungsloser Dummkopf ist, wissen, was zu tun und zu vermeiden ist.

[...]
> > Und: Ich lese am liebsten in der Badewanne. Das geht mit Buechern und
[...]
> > ggf. Textmarker am besten. Mit Notebook und PCMCIA-Modem macht sowas
> > verdammt wenig Spass, da ich dann kein Wasser einlassen kann. Vom wenig
> 
> Was hast denn Du fuer Notebooks? (-> coscom produziert wasser- und
> stossfeste Notebooks: ewig schwer und eigentlich kein notebook,
> Industrie-Teile halt die ueberleben auch mal ein Zusammentreffen mit einem
> Gabelstapler)

Also, Neko, ich weiss nicht, ob ich so einen Klotz in Nabelhoehe auf dem
Bauch liegen haben muesste; da gibt es andere, reizvollere Gewichte.

> wieder zum echten Statussymbol. Ich blaettere naemlich gerne mal in einem
> Buch so richtig mit altmodischen Papierseiten!

Trotz TV und Internet ist ein klarer Trend in der Bevoelkerung zum Zweitbuch
erkennbar. Das ist gut.

P.S. aus Papierseiten kann man so tolle Flieger falten. Ein Notebook faellt
in dieser Disziplin doch vergleichsweise stark ab.

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