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Re: Der Schrift fehlen die Farbpigmente von Bananen (was: Dem Internet ist es egal...)



In schulung.lists.fitug-debate you write:
>Video-Mails und Text-Mails werden vermutlich
>nebeneinander bestehen bleiben, je nach Textsorte. Diskussionen etwa
>in Mailinglists werden dagegen verschriftlicht bleiben, weil
>argumentative Figuren im Schriftmedium aneinander schaerfend ungleich
>komplexer, genauer, optionenreicher, konfliktheischender, rationaler,
>wieder-holbar... anschliessen koennen.

Und weil die Schlussdichte (Ich meine die Geschwindigkeit, mit
der eine logische Argumentationskette in einer Kommunikation
voranschreitet) in geschriebener Kommunikation ungleich hoeher
ist als in gesprochener. Eine halbe Stunde Mailingliste schafft
in der Regel mehr weg als eine halbe Stunde Podiumsdiskussion
und eine halbe Stunde "Buch lesen" schafft noch einmal deutlich
mehr weg als eine halbe Stunde Mailingliste.

Ein gutes Buch zu schreiben und zu debuggen ist nicht unaehnlich
dem Entwickeln von solidem Code: Das Ergebnis ist Expertenwissen
in einer Art "kristallinen" Struktur. Damit meine ich, dass es
sich um vergleichsweise dicht gepacktes Wissen handelt, dass in
dieser Form eventuell nicht direkt aufnahmefaehig ist, sondern
erst "geloest" (oder, um es mit "Hansen Rum" zu sagen: auf
Trinkstaerke herabgesetzt) werden muss.

>Allerdings ueberaus funktional waeren solche
>Markups, die haertere Diskursanweisungen enthielten als die
>derzeitigen Interpunktions-, Textauszeichnungs- und
>Textstrukturierungsregeln, wie zum Beispiel Markups fuer: Dies ist
>eine These, dies eine Induktion/ Deduktion/ Abduktion dieser These,
>dies ein Beispiel, eine Anekdote, usw.

Dies waere eine noch haertere Anforderung an Autoren als der
Auftrag "Schreibe in Buchform", weil sie den Autor dazu zwingt,
die Metaebene seiner Argumentationen bewusst zu betreten und sie
erschliessbar zu machen.

>Und den Textbeobachtungsmaschinen, die man als
>Informationsarbeiter zukuenftig benutzen muss, muss man zugleich 
>entgegenkommen, wenn man "intelligente" Ergebnisse haben will.

Welche Wandlung bei jemandem, der mir gegenueber einmal
sinngemaess das Argument anfuehrte "Adorno meinte, wenn es hart
herauszufinden war, soll es auch schwer zu lesen sein..." :-)

Kristian