- To: "Jo 'iceberg' Schaefers" <iceberg@c-lab.de>
- Subject: Re: Dem Internet ist es egal, wie man es speichert
- From: wau@ccc.de (Wau Holland)
- Date: Mon, 6 Jul 1998 00:55:07 +0200
Jo iceberg Schaefers schrob:
>PS : die diskussion um emoticons habe ich nicht verstanden :-)
Mir fiel im Nachherein das Altersdelta auf.
Kinder lernen zuerst Strichmaennchen, dann schreiben.
Dann kommt die Schreib-Art.
Runterschreiben, Knopf druecken, weg.
Das ist nahezu lineare Texterzeugung.
Da steht dann in einem Thread
(push quoting)
A: also habe ich nicht verstanden, weil...
>B: das ist so: ....
A: also den vorigen Absatz hatte ich schon geschrieben,
als ich diesen Absatz von Dir noch nicht gelesen hatte.
Dann habe ich verstanden.
Jetzt hat sich meine Bemerkung oben fast erledigt.
Ich mag das aber nicht loeschen und schreibe deshalb
diesen Absatz noch hinzu.
(pop quoting)
Die einen schreiben linear, die anderen flaechig.
Also am Textende nochmal ruebergehen.
Nachdenken.
Feilen.
Gedankenboegen spannen wie Gummibaender als
Optimum. Oder ein Textgewoelle ablegen.
"Frueher", zu UUCP-Zeiten, habe ich ueber viele meiner
Texte geschlafen, bin am naechsten Morgen noch mal
druebergegangen und habe es erst dann verschickt.
Das ist ein anderer Erfahrungshintergrund als heute.
Das war mir so nicht klar, als ich Waldbaer anfauchte.
Unterschiede.
1. Betrachtung wie Telefon (linear quoten)
oder wie Liebesbrief (flaechig schreiben).
In der Regel "irgendwo dazwischen".
2. Einfuegen der "sozialen" Geraeusche von Hand, automatisch
oder garnicht. Ansichtspostkarten "viele Gruesse aus dem
Urlaub" sind oft nur ein Smily, also informationell ene Art
Nichts mit Schleifchen aus der Rubrik Pflicht und Gefuehl.
Umgekehrt koennte in einer geistigen Hardcoregruppe etwa
bei den Cypherpunks ein Smily an einem minimalst eindeutig
gequoteten Stueck Code eine tiefe Verbeugung darstellen
und eine Fuelle komplex gefuehrter Diskussionen
abschliessend beenden.
Die Bedeutung eines solchen Smily ist informativ schwer
zu beschreiben. Man kann es eigentlich erst genau sagen,
wenn die Folgen dieses Smily erkennbar sind; zB an
einer _so_ fortentwickelten Version mit der sich dabei
ergebenden Verzoegerung.
Smily? Aber bitte mitohne!
Formate und Zugang.
Beim Loesen der NabelanschluszSchnur ertoent der erste Schreib.
Hmm, das b ist mir so rausgerutscht, das bleibt.
Die KabelanschluszSchnur zeigt Tendenz zur Allgegenwart.
Wenn ich an die Schwachen der Gesellschaft denke, dann
halte ich es fuer sinnvoll, in jeder Bahnhofsmission einen
Internet-Anschluss hinzustellen mit Mail fuer die
dortigen Hilfsbeduerftigen, die kein Handy und keinen
Schlepptop haben. Dass man in jedem besseren Flughafen
in der Business Lounge noch mal ueber seinen Vortrag
gehen kann und auch Folien zum Ausdrucken bekommt,
ist inzwischen ja auch "normal".
Ich gehe einfach davon aus, dass das Wesen "die Netze"
tatsaechlich funktioniert und lebt. Wer das bezweifelt,
der soll mir die Vermehrung bei der erklaeren. Denn sie
vermehrt sich nicht nur einfach. Sie ist in der Evolution
das erste bekannte Wesen, das mal eben ein halbwegs
definiertes Backup von sich als Kleinkind an sich anflanscht.
Deshalb habe ich zZ keine Sorge um die Speicher- _Technik_
Die Frage der _Formate_ ist viel wichtiger.
Kernforderung IMHO: Format DAU-kompatibel.
Wichtig ist zudem: nicht proprietaer, offene Schnittstelle.
Diese Anforderung als gesellschaftliche Anforderung an
Aemter habe ich so das erste Mal bei Hartmut gelesen.
Weil mit Begriffschoepfungen Verantwortung verbunden ist,
nutze ich nach ersten Flachsereien AwBh statt AwMh.
Wer was besseres weiss: bitte.
Vielleicht DAU-Formate "dauerhaft verwendbare Formate".
Verbreitet werden Formate, die "OK" sind .
Angenommen werden "in Gebrauch" befindliche.
Dokumentiert werden "sonstige" Formate, wenn Doku da ist.
Kommentare?
wau
--
Hirnsturmtreff Weltplanupdate CCC-Berlin, Gast Berkeley. Im Alltag
erleichtern durchdachte Gegenfragen Detailantworten zB fuer PICS-
Regler an der K-Maschine. Gast: Kaffee? a: Heissgetraenk, Munter-
macher, Herzschrittmacher? Gast: Hufeisen! a: Wohl noch getimelagt.